vonEva C. Schweitzer 22.07.2009

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Meine Nachbarin ist in den Urlaub gefahren, und hat mir ihre zwei Katzen hinterlassen. Nicht nur mir, es gibt ein ganzes Heer von Nachbarn, dass sich um die beiden kümmert, zwei süße, beinahe schwarze junge Katzen, von denen die eine neugierig ist und die andere schüchtern. Nicht nur die Katzen wurden hinterlassen, auch ein Anleitung, was die zu futtern bekämen und wo sie zu schlafen haben. Sie schlafen nachts auf dem Balkon, erstaunlich, denn eigentlich toben Katzen nachts durch die Wohnung. Und sie bekommen Katzenfutter mit Kartoffeln.

Kartoffeln! Seit wann essen Katzen Kartoffeln? Nachbarin Nummer eins versicherte mir, das seien eben die Anweisungen. Vorsichtshalber googelte ich, das und stellte fest, immerhin sind Kartoffeln für Katzen nicht giftig, wenngleich kaum verdaubar. Ich fütterte die Katzen also mit einer Kartoffel-Katzenfutter-Mischung (gekochte Kartoffeln, ohne Salz), und schob noch eine Dose reines Katzenfutter hinterher. Sicher ist sicher. Danach goss ich die Blumen, und die neugierige Katze hüpfte immer hinterher, und versuchte, am Strahl aus der Gießkanne zu lecken.

Deshalb stellte ich irgendwann die Gießkanne ins Waschbecken, ließ sie überlaufen und die Katze tobte drum herum, als sei es ein Brunnen in einem Kreuzberger Park, bloß ganz. Anschließend ließ ich alle beide noch durch die Wohnung fegen, das sehen die Anordungen auch nicht vor, aber sie hatten viel Spaß. Leider kratzte mich die neugierige Katze am Busen, nicht mit Absicht, aber kleine Opfer bringe ich gerne.

Jetzt ist erst einmal Nachbarin Nummer zwei dran, am Freitag dann wieder ich. Vielleicht versuche ich es mal mit einem Stück Huhn. So eine Katze ist doch kein preußischer Kadett. Und jetzt muss arbeiten. Amnesty International hat herausgefunden, dass Saudi-Arabien mehr als 3000 politische Gefangene weggesperrt hat. Da möchte ich mich schon mal auf die Masse der Proteste, Lichterketten, und die Einbestellung des saudischen Botschafters vorbereiten. Da regen sich die deutschen Medien bestimmt wochenlang drüber auf. Man möchte sich ja bestimmt nicht wieder dem Vorwurf des Schweigens aussetzen.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009,Taschenbuch, 9,95 €

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