von 23.06.2011

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Ines Pohl
Ines Pohl: Mit der Dokumentation der Kommunikationsdaten zahlreicher Journalisten wurde die Grundlage der Pressefreiheit außer Kraft gesetzt
Die von der taz aufgedeckte großräumige Handyüberwachung während der Antinaziproteste am 19. Februar in Dresden sorgt bundesweit für Aufsehen. Die taz geht nun juristisch gegen die dort angewendeten Überwachungsmaßnahmen vor.

Die taz hatte als erstes Medium darüber berichtet, dass die Dresdner Polizei bei den Protesten im Februar eine sogenannte Funkzellenauswertung durchgeführt hat. Dabei wurden sämtliche eingehende Anrufe und Kurzmeldungen aller Personen, die sich am Nachmittag des 19. Februar in der Dresdner Südvorstadt aufgehalten haben, erfasst und gespeichert. Die Behörden wollten so die Täter eines Angriffs auf Polizisten ermitteln. In mehreren Fällen wurden die Handydaten aber zweckentfremdet und flossen in andere Ermittlungsakten ein.

Für die Arbeit in politisch sensiblen Bereichen wie Großdemonstrationen müssten besondere Schutzabwägungen für die Betroffenen staatlicher Maßnahmen gelten, sagt taz-Chefredakteurin Ines Pohl. „Unsere betroffenen Journalisten können ihren Gesprächspartnern und Informanten vom 19. Februar nicht die Vertraulichkeit gewährleisten, die sie ihnen versprochen haben. Mit der Dokumentation der Kommunikationsdaten zahlreicher Journalisten wurde am 19. Februar die Grundlage der Pressefreiheit staatlich außer Kraft gesetzt“, so Pohl.

Die taz geht nun juristisch gegen die Maßnahmen vor. Sechs Journalisten der Zeitung legten am Donnerstag Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft Dresden ein. Sie sehen sich durch die Feststellung und Speicherung ihrer Kommunikationsdaten in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt und wollen feststellen lassen, dass die Anordnung der Telekommunikationsüberwachung rechtswidrig war.

„Die an der Maßnahme Beteiligten mussten wissen, dass zahlreiche Journalisten vor Ort beruflich tätig waren. Sie wussten auch, dass Journalisten damit trotz ihrer entgegenstehenden Grundrechte, die sich aus Artikel 5 des Grundgesetzes ableiten, Objekt der angeordneten Maßnahmen werden würden“, sagt der Rechtsanwalt der taz, Johannes Eisenberg. „Wenn dies nicht beabsichtigt war, so wurde es zumindest in Kauf genommen. Insoweit besteht der Verdacht der Rechtsbeugung.“

Nächste Woche muss sich die Landesregierung zu dem Vorfall vor dem Parlament äußern. Etliche Medien haben den Fall aufgegriffen und teils neue Datenskandale aufgedeckt. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), der an den Protesten im Februar teilgenommen hatte, spricht von einem „skandalösen Vorgang“.

Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ startet eine Kampagne, in der alle potenziell betroffenen Demonstranten und Anwohner dazu aufgerufen werden, von ihrem Auskunfsrecht Gebrauch zu machen. Ein entsprechendes Musterschreiben ist online verfügbar. Nach dem sächsischen Datenschutzgesetz können Bürger kostenfrei Auskunft bei Behörden über ihre gespeicherten personenbezogene Daten, Zweck und Rechtsgrundlage der Verarbeitung sowie Herkunft beantragen. Das Musterschreiben finden Sie hier: www.dresden-nazifrei.com

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