vonEva C. Schweitzer 21.09.2009

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Gerade laufen die Emmys auf CBS, und weil das die TV-Version der Oscars ist, sehen die auch so  aus. Jedenfalls, gegen Ende kommt ein Segment, wer in diesem Jahr alles verstorben ist. Und das sind, merke ich nun, eine ganze Menge: Karl Malden, Farah Fawcett, David Carradine, Paul Newman, Patrick Swayze, Beatrice Arthur, Michael Jackson — und das sind nur die Bekannteren. Man könnte sagen, 2009 war das Jahr der toten Celebrities.

Dabei werden die Toten in der Reihenfolge der Wichtigkeit genannt. Als letzter kam nicht etwa  Jackson, sondern Walter Cronkite, der langjährige CBS-Newsanchor, aus der guten alten Zeit, als das Fernsehen noch vertrauenswürdig war.

Gestorben ist auch Irving Kristol, der „Pate des modernen Konservatismus“, wie die New York Times schreibt (oder, wie alle anderen es nennen, der Neokonservativen). Ich lese Nachrufe gerne, da erfährt man manches, was einem die Times vorher nicht mitteilte, zum Beispiel, dass Kristol (dessen Sohn Bill einen Stint bei der Meinungsredaktion der Times hatte, bis er wegen erwiesener Unfähigkeit gefeuert wurde) früher Trotzkist war; gut das wussten wir, aber wie geschah das? Am City College, wo er studierte, gab es eine Gruppe von Stalinisten und eine von Anti-Stalinisten, und er landete bei den letzteren, weil ihn ein Kommilitone rekrutiert hat. Er verließ die Trotzkisten, um zu Armee zu gehen, fand aber, GIs seien Mörder und Vergewaltiger und gründete statt dessen eine Kulturzeitung mit CIA-Geldern.

Was man aus der Times nicht erfährt, ist seine Position zum Zweiten Weltkrieg, und zwar mehr so generell. So schrieb er 1943: „The war in Asia clarifies brutally the activating war aims of the United States, Britain, and the Netherlands as far as the vital questions of empire and freedom are concerned. Professor Hook busies himself with an abstract war against Hitler rather than handle the less attractive reality of a completely reactionary crusade against ‚those yellow b–s.‘.“

Ja, die Neocons, hellsichtig seit 66 Jahren.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009, Taschenbuch, 9,95 €

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