Der bayrische Umweltminister Söder hat nach einem Treffen mit Vandana Shiva und dem Ehepaar Schmeiser heute zugesichert, er werde den Beitritt des Freistaates zum europäischen Netzwerk Gentechnikfreier Regionen prüfen, das heute im italienischen Urbino tagte. Bayern sei in dieser Hinsicht jedenfalls Vorreiter in Deutschland, meinte Söder auch wenn es schwer sei (besonders beim Tierfutter) völlig gentechnikfrei zu werden.
Die Alternativen Nobelpreisträger Shiva und Percy und Louise Schmeiser (hier gestern in Berlin mit Renate Künast und Bioland-Chef Dosch zum Auftakt des genfrei-gehen Marsches nach Brüssel) hatten Söder aufgefordert, als 50. Region Europas dem Netzwerk von gentechnik-kritischen Regionalregierungen beizutreten, dem unter anderem bereits die Toscana und weitere 14 Regionen Italiens, Wales, das Baskenland, sämtliche österreichischen Bundesländer und griechischen Provinzen sowie die meisten Regional-Räte Frankreichs angehören. Schleswig-Holstein war das einzige deutsche Mitglied, trat aber nach Ablösung der rot-grünen durch eine grosse Koalition wieder aus.
Mit Söders öffentlichem „Vielleicht“ sind auch andere Bundesländer gefordert, etwa das Saarland, in dem neben CDU, SPD, Grünen und Linken selbst die FDP für Gentechnikfreiheit plädiert oder auch das rot-grüne Bremen oder schwarz-grüne Hamburg, deren grüne Umweltsenatoren bisher wenig Ehrgeiz in dieser Frage an den Tag legten.
Seit Vandana Shiva im Februar diesen Jahres auf Einladung von Zivilcourage mit Blasmusik in der Rosenheimer Inntalhalle zur Gentechnik sprach und von 3500 bayerischen Bauern standing ovations bekam, ist die Inderin ein nicht mehr zu unterschätzender Faktor bayrischer Lokalpolitik.
Darüber, dass Söder die prominenten internationalen Gentechnik-Kritiker überhaupt empfing, empörte sich dagegen der Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), Ricardo Gent in eine Presseerklärung „Wir würden uns freuen, wenn Herr Söder auch Gentechnik-Experten aus Wissenschaft und Industrie in Deutschland so intensiv und publikumswirksam Gehör schenken würde“.
Am Rande bemerkt:
Der Bundestag hat neben vielen anderen Gesetzen heute Änderungen des Aarhus-Abkommens über öffentliche Information und Beteiligung in Umweltfragen aus dem Jahre 2005 ratifiziert, die den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten bei Freisetzung und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) regeln.
Nach Auffassung der Bundesregierung deckt das geltende Gentechnikrecht bereits alle im Aarhus Abkommen vorgesehenen Informationsrechte der Bürger ab. „Mit dem Entwurf werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben,“ versichert auch der Normenkontrollausschuss. Ob dies tatsächlich so ist, wird sich herausstellen und kann künftig auch gerichtlich geprüft werden. Fest steht, dass minimale Informationspflichten, die bisher immer wieder unter dem Beschuss der Industrie und interessierter Wissenschaftler standen, durch die Ratifizierung als internationale Verpflichtung festgeschrieben sind. Hierzu heißt es unter anderem:
(4) Die Vertragsparteien dürfen folgende Informationen nicht als vertraulich betrachten:
a) eine allgemeine Beschreibung des betreffenden gentechnisch veränderten Organismus oder der betreffenden genetisch veränderten Organismen, den Namen und die Anschrift des Antragstellers, der um die Genehmigung für die absichtliche Freisetzung ersucht, die vorgesehenen Verwendungszwecke und gegebenenfalls den Ort der Freisetzung;
b) die Verfahren und Pläne für die Überwachung des betreffenden genetisch veränderten Organismus oder der betreffenden gentechnisch veränder-
ten Organismen und für Notmaßnahmen;
c) die Umweltverträglichkeitsprüfung.