vonDetlef Guertler 26.10.2011

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Eine sprachlich interessante Debatte ist gestern bei Stefan Niggemeier entbrannt: Sollten die derzeit so beliebten Ausspäh-Programme eher „Trojaner“ oder eher „Trojanische“ genannt werden?

Ausgangspunkt war eine Vernichtung von Michael Jürgs durch den Hausherrn, in der er unter anderem folgenden Jürgs-Satz zitierte:

Netztrojaner sind nicht wie die Bewohner Trojas Angegriffene, sondern Angreifer. Sie werden im Kern, dem Quellcode, gezielt zur Eroberung fremder Computerprogramme eingesetzt.

Kommentatorin Helen hakt dort ein:

Einer sollte Jürgs mal erklären, dass Trojaner nach dem Holzpferd benannt sind und nicht nach den Einwohnern von Troja. Und im Kern, dem Quellcode des Pferds: Feindliche Griechen!

Kommentator Tilman_s sekundiert:

Weil mit Trojaner ja nicht die Bewohner Trojas gemeint sind, sondern Trojanische Pferde, und das *waren* die Angreifer.

Was nun allerdings mehrere neue Probleme aufwirft. Was immer mit „Trojaner“ auch „gemeint“ ist – genannt werden so die Bewohner Trojas. Zudem gab es natürlich nicht Trojanische Pferde, sondern nur genau ein Trojanisches Pferd, und das wiederum war nicht „Angreifer“, sondern das Versteck der Angreifer. Sollte am Ende Jürgs doch irgendwie recht haben?

Natürlich nicht, erklärt Kommentator Matthias – indem er die Schuld an der Trojanerverwirrung auf eine falsche Eindeutschung schiebt:

Das englische „Trojan“ (=Trojaner) ist nun mal eine Verkürzung des früher durchaus gebräuchlichen „Trojan horse“ (=Trojanisches Pferd) und bezeichnet damit sehr wohl den Angreifer und nicht den Angegriffenen. … Die deutsche Bezeichnung müsste ja streng genommen „ein Trojanisches“ (analog zu „ein Helles“) lauten).

Stimmt. Dürfte allerdings schwer sein, das nachträglich noch zu ändern. Nicht nur, weil Wortkombinationen wie „Bundestrojanisches“ ziemlich komplex werden, sondern auch, weil das „Trojanische“ nicht gut für sich alleine steht: Als geborenes Adjektiv verlangt es nach einem Substantiv, auf das es sich beziehen kann. Das „Helle“, mit dem Matthias es vergleicht, kann für sich alleine auch nur stehen, wenn aus dem Kontext, zum Beispiel dem Standort Kneipe, klar ist, dass es sich um ein Bier handelt. Die Ausspäh-Programme hingegen haben ein Eigenleben entwickelt, aus dem heraus kein weiterer Zusatz wie „Trojanische Software“ oder „Trojanisches Programm“ mehr nötig ist.

Also ist es wohl doch besser, wir vergewaltigen die Geschichte, und nicht die Sprache. Wenn Jürgse das nicht verstehen, ist das vermutlich ein notwendiges, aber kleineres Übel.

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