vonHans Cousto 17.09.2010

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Der Russe Juri Fedotow hat am Montag, den 13. September 2010, die Leitung des in Wien ansässigen UNO-Büros zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) übernommen. Der frühere stellvertrendede Außenminister der Russischen Föderation und bisheriger Botschafter in Großbritannien sei wegen seiner langjährigen Erfahrung in Diplomatie und Politik hervorragend für das Amt geeignet, hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Juli bei der Nominierung Fedotows erklärt. Der Russe löst den Italiener Antonio Maria Costa ab, der die Behörde seit 2002 leitete. Fedotow ist gleichzeitig Leiter des Büros der Vereinten Nationen in Wien. Die Wiener UNO-City ist mit dem United Nations Office at Vienna (UNOV) neben New York (UNHQ), Genf (UNOG) und Nairobi (UNON) einer von vier offiziellen Amtssitzen der Vereinten Nationen. Das UNOV wurde am 1. Januar 1980 als dritter Standort des UN-Sekretariats in Betrieb genommen.

Nach Sergei Ordzhonikidze (Generalsekretär der Abrüstungskonferenz der UNO und Persönlicher Vertreter des UNO-Generalsekretärs auf dieser Konferenz), der im Jahr 2002 die Leitung der UNO-Büros in Genf übernahm, ist Juri Fedotow der zweite Russe, der die Leitung eines UNO-Büros übernimmt und als Stellvertreter des UNO-Generalsekretärs fungiert.

In seiner Antrittsrede sagte Fedotow laut einer Aussendung vom Montag, den 13. September 2010, Drogenabhängige brauchten »humane und effektive Behandlung« und keine Bestrafung. Öffentliche Gesundheit und Menschenrechte seien zentral für die Arbeit des UNODC. Damit versuchte er kritische Geister zu besänftigen, denn Russland hat in Sachen Betreuung von Drogenabhänigen international nicht gerade den besten Ruf. So vermeldete bereits am 19. Juli 2010 die Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass die Personalie Fedotow einen internationalen Skandal ausgelöst habe. 24 internationale Nichtregierungsorganisationen, die mit der Politik Russlands im Bereich der Menschenrechte unzufrieden sind, äußerten sich negativ über Fedotows Ernennung.

24 führende internationale Nichtregierungsorganisationen im Bereich des Kampfes gegen die Verbreitung von HIV und AIDS hatten einen Brief an den UN-Generalsekretär geschrieben. Darin riefen sie ihn auf, Russland und seinen Vertreter mit diesem strategisch wichtigen Posten nicht zu belohnen. Dies hängt damit zusammen, dass Russland darauf verzichtete, wissenschaftlich begründete Maßnahmen zur Vorbeugung von HIV zu nutzen. Zudem wurde Russlands Vorgehen in Afghanistan und der fehlende Respekt vor den Menschenrechten erwähnt. Russland sei zudem eines der weniger Länder, wo Methadon und Buprenorphil bei der Behandlung der Drogenabhängigen verboten sei, heißt es im Brief. Zudem bestehe Russland auf einer gewaltsamen Vernichtung der Opiumplantagen in Afghanistan.

Fedotow wird als Leiter des UNODC die schwierige Aufgabe haben, internationale Erwartungen, wie sie z.B. in der »Wiener Erklärung« der Welt-AIDS-Konferenz 2010 formuliert sind, ebenso zu erfüllen wie die Erwartungen Russlands. Gemäß der Wiener Erklärung trage die Kriminalisierung von Konsumenten illegaler Drogen zur Ausbreitung der HIV-Epidemie bei und habe äußerst negative gesundheitliche und soziale Folgen nach sich gezogen. Hier sei eine umfassende strategische Neuorientierung erforderlich. Russland setzt hingegen vor allem auf repressive methoden zur Bekämpfung des Drogenproblems. Laut einem Mitarbeiter der russischen Drogenkontrollbehörde (Gosnarkokontrol) sei die Effektivität der Methadon-Therapie wissenschaftlich nicht begründet. Russlands Einstellung zu dieser Methode sei tatsächlich negativ. Das UNODC-Büro steht nun vor dem Scheideweg zwischen progressiver Neuorientierung und repressiven Rückschritten in der Drogenpolitik.

Das UNODC-Büro besteht seit dem Jahr 1997. Seine Aufgabe ist es, die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im Kampf gegen illegale Drogen, Kriminalität und Terrorismus zu unterstützen. Das UNODC ist an der Beteiligung von internationalen Abkommen im Bereich Drogen- und Verbrechensbekämpfung beteiligt, führt wissenschaftliche Studien durch und unterhält auch Außenstellen zur Umsetzung von konkreten Kooperationsprojekten mit den UNO-Staaten.

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