vonDetlef Guertler 04.11.2010

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Deutsche Ordnungspolitik ist mit dem Organisationsprinzip einer Währungsunion nicht vereinbar. Wir brauchen eine Politik, die in der Lage ist, mit der natürlichen Unordnung der Europäischen Währungsunion umzugehen. Kurzum, wir brauchen eine Unordnungspolitik.

plädiert Wolfgang Münchau in der FTD.

Klingt überzeugend.

Ist aber falsch.

Weil dieses Plädoyer von einem völlig falschen Verständnis von Ordnungspolitik ausgeht. Allerdings kann man das Münchau kaum verdenken, weil er erstens deutscher Journalist, zweitens deutscher Ökonom und drittens angelsächsisch geprägt ist, alles drei Personenkreise, die das mit der Ordnungspolitik schon immer falsch verstanden haben – wenn auch alle auf unterschiedliche Weise.

Ordnungspolitik hat nichts mit dem so nahe liegenden englischen „order“ wie in „Law and Order“ zu tun, sie schreibt eben nicht allen vor, was sie zu tun oder zu lassen haben. Und sie hat auch nichts mit dem Ordnungsfanatismus zu tun, wie ihn Münchau den Deutschen vorwirft, insbesondere Schäuble und Merkel.

Ordnungspolitik setzt keine Daumenschrauben an, sondern zieht einen Rahmen. Dieser bildet die Grenze zwischen erlaubt und nicht erlaubt, und konstituiert damit, wenn es um die Ökonomie geht, einen Marktplatz. Es geht also nicht um irgend etwas Ordentliches, sondern um Spielregeln für das Unordentliche. Eigentlich müssten das gerade die Engländer verstehen, macht doch Ordnungspolitik im Bereich der Wirtschaft das, was sie vor 150 Jahren mit dem Fußball gemacht haben: Spielregeln aufstellen und für ihre Durchsetzung sorgen, um das Spiel überhaupt erst möglich zu machen.

Eine Ordnungspolitik in diesem ursprünglichen Sinne wäre also genau das, was Münchau als Unordnungspolitik bezeichnet. Und der Vorschlag, den er zur Lösung der europäischen Staatsfinanzkrise macht:

Die beste Lösung wäre die Einführung eines einheitlichen europäischen Bonds bis zur Verschuldungsgrenze im Maastrichter Vertrag von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Was Länder darüber hinaus emittieren, stünde außerhalb des gemeinsamen Risikos. Hier könnte man tatsächlich signalisieren, dass Investoren das gesamte Ausfallrisiko tragen. Das Geniale an einem begrenzten einheitlichen Bond besteht darin, dass die Frage nach dem Ausfallrisiko damit indirekt beantwortet wird. Die Gemeinschaft haftet für den gemeinsamen Bond. Die Staaten haften für ihre nationalen Anleihen.

dieser Vorschlag also ist Ordnungspolitik vom feinsten. Aber wenn es den Angelsachsen, Franzosen und dem Rest der Welt hilft, dürfen sie das natürlich gerne Unordnungspolitik nennen.

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