vonHeiko Werning 15.06.2009

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„Unter Linken“, ein knallhartes Enthüllungsbuch von SPIEGEL-Schreiber Jan Fleischhauer, Jahrgang 1962 und Kind von von ihm sogenannten Linken, ist der Überraschungs-Bestseller der Saison und macht die Feuilletons mit sich voll. Die Geschichte des einsamen konservativen Widerstandskämpfers, der hilflos dem linksradikalen Mainstream in Deutschland ausgesetzt ist, hat den Nerv der Leser getroffen – und verlangt nach mehr. Der Reptilienfonds präsentiert exklusiv den Vorabdruck: „Unter Linken II – von einem, der aus Versehen noch konservativer wurde“.

1964:

Irgendwas stimmt doch nicht in diesem System. Heute Nachmittag im Sandkasten hat der Bruno mir einfach ein Förmchen weggenommen! Das ist dieser überall verbreitete linke Mainstream, Enteignungen, Eigentum als Diebstahl, es werden keine Grenzen mehr respektiert. Und was macht Mama? Sitzt auf der Bank und unterhält sich!

1968:

Mama sagt, dass ich den Giovanni nicht nur deswegen hauen darf, weil er ein Itaker ist. Wie immer: Die Linke verschafft sich den Schein des Höherwertigen, indem sie immer für die Interessen anderer eintritt, obwohl es natürlich vornehmlich um den Ausbau der eigenen Machtpositionen geht. So entstehen immer neue Minderheiten, deren Rechte man einfordern kann.

1969:

Mama sagt, ich solle Giovanni außerdem nicht einen Itaker nennen, obwohl er doch fraglos einer ist. Das Erstaunliche ist, dass jeder, der nicht links ist, als solcher sofort erkannt und entsprechend behandelt wird. Manchmal reicht schon ein falsches Wort, wie eben „Itaker“ statt „Italiener“.

1973:

Frösche aufgepustet. Alle geplatzt. Papa, dieser Gutmensch, macht extremen Stress. Die moralische Privilegierung ist wichtig für die Linke, besser zu sein als die anderen.

1976:

Mama und Papa, die linken Zecken, endlich aus dem Haus. Bisschen gefeiert mit den Kumpels. Bisschen Bier getrunken. OK, bisschen mehr Bier getrunken. Das mit dem vollgekotzten Teppich im Wohnzimmer wäre vielleicht nicht nötig gewesen. Aber dann, als Mama und Papa wieder da sind, geht’s ab wie in den Mainstreammedien. Ich solle mich nicht sinnlos besaufen, predigen sie. Ich glaube ja, dass die Diskrepanz zwischen Anschauung und Leben zu dieser Strenge und Grundgereiztheit führt, die den Linken immer so säuerlich erscheinen lassen.

1978:

Große Szene zu Hause: Papa ist fremdgegangen, Mama ist sauer, macht einen Riesenaufstand und verlangt eine Erklärung. Die Linke muss sich immer rechtfertigen, vor allem vor den eigenen Leuten.

1982:

Gesellschaftspolitisch und kulturell dominiert die Linke das Land seit den frühen Siebzigern. Und jetzt auch noch das: Helmut Kohl ist Bundeskanzler. Die linke Hegemonie über diese Gesellschaft ist wirklich total.

1986:

Mit einigen Kameraden von der Verbindung ein bisschen in der Innenstadt die Fidschis angepöbelt. Bisschen Humor zeigen, bisschen Spaß haben. Von Linken wird ja immer schon im zweiten Satz verlangt, dass ihnen das Lachen im Halse stecken bleiben müsse. Wir rufen auch im dritten Satz noch fröhlich: „Verpisst euch, ihr Scheiß-Ausländer!“ Wenn das Gefühl regiert, ist der Humor am Ende.

1996:

Heute erstmals dieses Internet gesehen. Auch dort: überall nur Links, Links, Links. Ich denke, ich muss da mal ein Buch drüber schreiben.

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