***
Es ist neblig, wir sehen nicht, wie der Bär flattert.
***
Bereits vor der Berlinale distanzierten wir uns als Verleger und Herausgeber ›Der Reise‹ von Andres Veiels Film ›Wer wenn nicht wir‹ und zwar mit der Begründung, dass es sich dabei um eine Adaption von Koenens Buch ›Vesper, Ensslin, Baader‹ handelt, also um eine Adaption tendenziöser Sekundärliteratur.
Jetzt haben wir den Film gesehen, es ist noch schlimmer gekommen! Andres Veiel hat Dokumentarisches und Fiktionales, dem jede innere und äußere Wahrheit fehlt, zusammengerührt. Ein paar Beispiele: In der Berghütte ihrer Familie zerschlägt Gudrun Ensslin ein Glas und setzt sich mit dem nackten Hintern in die Scherben. Bernward Vesper rettet sie aus dem Wald, wohin sie sich geflüchtet hat. Diese von Lars von Trier schlecht geklaute Szene hat es in der Realität nie gegeben. Auch besaß die Pfarrersfamilie keine Berghütte, und die Ensslins waren auch keine pietistischen Spießer, die in Muffmöbeln wohnten. Der Vater Ensslin malte, trank gern und verstand sich als Künstler.
Auch hat Bernward Vesper sich im Gutshaus Triangel nie das Leben nehmen wollen. Im Film versucht er das in Veielscher Symbolik: Seine Mutter zieht den erwachsenen Sohn aus der Badewanne (!), und der rollt sich anschließend in seinem Kindbett zusammen. Bullshit!
Schließlich der böse Verleger Schröder: Das Weichei Bernward Vesper bietet ihm das Manuskript der ›Reise‹ an, und der flapsige Verleger meint: »Das interessiert doch keine Sau!« In Wahrheit nahm der März Verleger, also ich, Vespers Manuskript an, zahlte dem Autor 12.000,- DM Vorschuß, arbeitete, nach Vespers Freitot ein Jahr an dem Manuskript und gab ›Die Reise‹ postum heraus.
Ach, wenn diese geklitterte Schmonzette wenigstens spannend wäre! Es kam nur ein langweiliger und ängstlicher Streifen dabei heraus. Wenn dieses Machwerk einen Bären gewinnt, fallen wir vom Glauben ab.
(BK / JS)