vonErnst Volland 13.11.2006

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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7 Sterne                                                                                        

Heinz, liiert mit Beate, ist selbständiger Klempner und der

perfekte Handwerker. Es gibt keinen Küchenmaschine, die

er nicht reparieren kann, er legt sich unter jedes Auto

und in seiner Wohnung kann man vom Fußboden essen.

Für seine kleinen Dienste verlangt er eine angemessene

Bezahlung. In der Nachbarschaft akzeptiert er auch eine gute

Flasche Schnaps.

Heinz steht auf Metaxa und zwar ausschließlich auf Metaxa.

Diese Tatsache hat sich nicht überlall herumgesprochen.

Auf seinem Küchenschrank fällt sofort eine Batterie

unterschiedlichster Flaschenformen und Schnapsarten auf, Backe an Backe.

Die Flaschen verstauben auf dem Schrank, da er nur eine Sorte trinkt, Metaxa.

„Alles andere schlägt mir auf den Magen, bekommt mir nicht, aber

Metaxa ist wie Medizin.“

Im Schrank, nicht für alle sichtbar, reihen sich seine Metaxaflaschen,

Metaxa 3, Metaxa 5 und eine Flasche Metaxa 7.

Die Zahlen stehen für die Anzahl der kleinen goldenen Sterne, die auf dem

Etikett der Flaschen aufgedruckt sind.

Von allen Metaxatypen bevorzugt Heinz die Krönung, Metaxa 7,

geschmacklich die beste und auch preislich die teuerste Flasche.

Wahrend der Reparatur eines defekten Gegenstandes

wirft Heinz beiläufig Metaxa 7 in die Diskussion und oft

machen ihm die Nachbarn die Freude und schenken die

richtige Flasche.

Zu seinem vierzigsten Geburtstag hat Heinz einige Freunde

zum Italiener in seiner Straße eingeladen. Nach langer Planung

beschränkt er sich auf zwölf Gäste. Einladen bedeutet ja auch,

die gesamte Rechnung bezahlen und deshalb tüfftelt

Heinz an der Teilnehmerliste mehrere Wochen, bevor er den großen

Tisch bei Toni bestellt. Die Runde besteht aus Nachbarn, Arbeitskollegen

und einem verwandten Pärchen. Heinz ist als sehr hilfsbereit

bekannt, aber auch als etwas knauserig. Seinen Geburtstag

feiert er nur alle zehn Jahre.

Ich bin einer der eingeladenen Nachbarn und handwerklich eine Null.

Mein Geschenk ist eine Flasche Metaxa 7, eingewickelt in feinstes

Goldpapier und mit einer großen roten Schleife verziert.

Toni, der Italiener serviert ein einfaches Drei – Gänge – Menu, das

allen schmeckt.

Beate ermuntert Heinz sofort nach dem Dessert, das eine

oder andere Geschenk zu öffnen.

„Wir können ja das Geschenk auspacken, das wie ein Flasche aussieht,

mal sehen, was für einen Marke das ist.“

Heinz greift nach meinem Geschenk und entfernt das Papier.

Er strahlt. Ihm lächelt eine Flasche mit sieben Sternen entgegen.

„Das ist aber ein schönes Geschenk, der Metaxa mit 7 Sternen.“

Die versammelte Geburtstagsrunde nickt zustimmend.

„Toni, bring doch bitte 12 Gläser, den wollen wir gleich einmal

probieren.“

Der Besitzer des Restaurants verzieht keine Miene, geht hinter die Theke und

bringt zwölf große Cognacschwenker. Ihm wäre es lieber gewesen,

Heinz hätte den Cognac aus seinem Getränkeangebot bestellt.

„Jetzt muss jeder ran, heute darf und muss jeder. Diesmal

gibt es die große Portion.“

Heinz wedelt mit der goldbraunen Flasche.

Er ärgerte sich immer über die Art, wie Toni den Schnaps

in seinem Lokal einschenkte. Toni hob immer das Glas in die Höhe und

und kontrollierte den Ei – Strich. Toni muss schon lange

im Geschäft gewesen sein. Ihm gelang es immer genau den Ei – Strich zu treffen.

Alle  bekommen ein Glas und warten, bis Heinz

mit dem Ausschank am Ende der Runde angekommen ist.

Mir gegenüber sitzt ein Mann, ein Dachdeckermeister mit einer

außergewöhnlich großen Nase.  Er greift als erster zum Glas, steckt

sein Gesicht in die Öffnung und strahlt.

„Das ist was ganz besonderes. Metaxa mit sieben Sternen.“

Der Dachdecker und Heinz schenken sich jeweils die größte

Portion ein, doppelt soviel wie die anderen.

Das Anstoßen der Gläser in der Runde beansprucht mehrere Minuten

und ist endlich geschafft. Die Gläser klingen unterschiedlich und

die Stimmung ist bestens.

Alle schauen auf Heinz.

„Ja, dann mal Prost.“

Heinz und der Dachdecker kippen als erste die komplette Glasfüllung hinunter.

Dann ist es plötzlich ganz still am Tisch.

Der Dachdeckermeister steckt seine riesige Nase noch einmal in das leere

Glas, zieht sie wieder heraus und steckt sie noch einmal rein.

„Das ist aber ein komischer Metaxa, Heinz. Wer hat dir denn den geschenkt?

Alle Augen sind auf mich gerichtet.

Heinz und Beate tauschen ihre Gläser.

„Heinz, das riecht nach Tee.“

„Das riecht nicht nur, das ist Tee, das ist Tee, echter guter Bünting – Tee,

aus Ostfriesland. Die machen den Besten. Noch einmal herzlichen

Glückwunsch Heinz.“

Ich hebe mein Glas, schaue Heinz tief in die Augen und trinke.

Toni ist begeistert. Er schenkt jedem, der möchte, einen Grappa ein.

Nur Heinz nicht, der bekommt einen Metaxa, mit 7 Sternen. Auf Haus.

 

 

 

 

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