vonErnst Volland 17.05.2010

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Die viertägige Berlintour in Richtung Spreewald beginnt am Donnerstag, Christi Himmelfahrt, auch Vatertag genannt.
Die Gruppe kommt am Morgen mit dem Zug aus Bremen. Hauptbahnhof, Friedrichstraße, fassen der Räder, Gepäck. Dann führt die Strecke Unter den Linden, Brandenburger Tor, Reichstag, Schwangere Auster, Tiergarten, Potsdamer Platz, zum S- Bahn Anhalter Bahnhof. Fahrt zur Endstation Blankenfelde.
Die Stimmung der 12 Teilnehmer ist bis zur letzten Minute prächtig, trotz brutal schlechtem Maiwetter. Teupitz, Schlepzig, Beeskow.
Handschuhe keine Seltenheit. Ohne Murren, bei Nieselregen und Kälte, radeln alle 60 km um den Schwielochsee, Mann sowie Frau. Kein Strahl Sonne, kein einladendes grünes Wiesenstück, oft nur nasser Asphalt. Doch auch Höhepunkte.
Im Ort Jessern (ca 300 Einwohner) Trost. Der Wirt im Gasthof zur Linde deckt uns einen Sterneverdächtigen Mittagstisch zu Spottpreisen. Zander, Spargel, etc. Allein der kleine Gurkensalat wird 11 x nachbestellt. Traumhaft gut. Wir bitten Evi, seine Frau, aus der Küche, und klatschen spontan Beifall, eine noch nie gereichte Huldigung in nun schon 14 Jahren gemeinsamer Fahrt der Radgruppe Heilung und Gerechtigkeit.
Köchin Evi bedankt sich mit einem selbst gebackenen Kuchen pro Person. Es gibt sie, die kulinarischen Highlights in den neuen Bundesländern. Das Preis- Leistungsverhältnis, ist eine Sensation.
Begegnungen: Vom jungen Altnazi bis zum alten Strasikader (75, putzmunter), vom Schäferhund bis zum Hirsch, von der netten Bedienung bis zum bedienenden Miststück.
Kuriosität in Krügersdorf: Das Germanische Langgasthaus, mit Kräuterstube und Badehaus.
Die weibliche, freundliche Bedienung aus Kasachstan, spricht ein perfektes Deutsch, mit leichtem Berliner Akzent. Zimmerinventar 1:1 DDR. Gute Nacht. Zum Frühstück Wildschweinschinken, hausgemacht.
In Beeskow am Ortseingang ein gepflegter sowjetischer Friedhof. Zwanzig Grabstätten, jeweils mit einem Roten Stern. Auf den Grabsteinen die Namen junger Russen, die mit 20, 25 Jahren im Mai 1945 in der Nähe gefallen sind.
Das Gasthaus „Zum Schwan“ gute Betten. Die Gruppe spült sich im Wintergarten des Hotels den Ärger der Werder Bremen Niederlage (Pokalgegner Bayern München) herunter. 0:4, ein gerechtes, jedoch niederschmetterndes Ergebnis für die Werder Fans.
Bitter: Von der ersten Minute an Kälte und oft Regen. So gut wie kein einziger Sonnenstrahl, vier Tage lang. Die Tour ist vorbei, das Gepäck verstaut, die Fahrräder angeschlossen, herrlicher Sonnenschein am Bahnhof Friedrichstraße.

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