vonErnst Volland 15.03.2013

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Zweierlei Fotografie

Rede von Wolfgang Peter Menzel zur Ausstellungseröffnung Ernst Volland -Eingebrannte Bilder-, in der Browse Gallery, Marheinekeplatz, Berlin Kreuzberg.

Fotografien können auch als Schatten betrachtet werden, als dunkle und helle Reflexe auf einer lichtempfindlichen Schicht. Nach ihrer Herstellung werden die Fotos mittels chemischer oder elektronischer Verfahren reproduziert und distribuiert. Die fotografische Technik bereitet je nach ihrer Herstellungsweise diesen Verbreitungsprozess vor.
Private Bilder nehmen ihren Weg in physische oder digitale Fotoalben, die öffentlichen Bilder landen in den Medien verschiedenster Art. Ob Fotografien privaten oder öffentlichen Charakters, ist immer ein Augenzeuge der Urheber des Bildes, einer der “da” war, der etwas fotografierte was war. Die Folgen der
privaten Bilder jedoch unterscheiden sich von den öffentlichen Bildern. Private Bilder sind zum Reden da, sie dienen zur Auslösung von Erinnerungen, Geschichten, Verwandtschaftsverhältnissen, persönlichen Zusammenhängen und Erfahrungen. Solche Art Bilder tragen zur Identität bei, einer Person, der Familie und der eigenen Identität.
Die öffentlichen Bilder unserer Medienkultur berichten zumeist etwas von weit draußen vor der eigenen Tür, Unbekanntes mit dem wir eben nicht unmittelbar und augenscheinlich in Berührung kommen. Der Wahrheitsgehalt dieser Bilder ist oft nicht überprüfbar, alle diese fotografischen Abbilder werden zu reiner Information reduziert, die Augenzeugen mit der Kamera sind unbekannt und unser Vertrauen in diese Bilder wird auf die Probe gestellt – Authentizität in Frage gestellt.
Wir sehen Bilder und wissen eigentlich wenig oder gar nichts über die Bilder welche wir betrachten. Bilderfahrung und Erfahrung von Außenwelt zeigen sich als Grundverschiedenes.

Ernst Vollands Anfang

Ernst Volland hat seine künstlerische Entwicklung als Zeichner und Maler begonnen. In unserem gemeinsamen Atelier, das sich Ende der sechziger Jahre rasch zu einer kurzlebigen Kommune entwickelte, malte er “Schattenbilder”, auf denen sich hauptsächlich Schwarz, Weiß und Grau überlagerten, Schatten von Figuren und Gegenständen, welche sich selber nicht auf den Bildern befanden, Abbildungen von etwas außerhalb des Bildes. Wenn man will also eine Art fotografischer Malerei. Leider existieren meines Wissens nach diese Bilder nicht mehr. Rückblickend kann ich hierin durchaus einen Beginn von Vollands Arbeit mit fotografischen Bildern sehen.
Zuvor aber erfasste auch ihn die allgemeine politische Bewegung der Zeit, seine Arbeit mit Postkarten und Plakaten sind weltweit bekannt, seine Stellungnahmen für das politisch Aufgeklärte, auch im Bereich der Kunst ( Blaise Vincent ) haben Munterkeit aber auch Aufklärung verbreitet.

Fotografie als eingebrannte Geschichte

Ernst Vollands Forderung an die Fotografie scheint mir auch bedeutungsvoll, nämlich dass Fotos eine gute Geschichte erzählen, ja, sogar eine gute Moral vermitteln. Volland liebt gute, unterhaltende und erbauliche Geschichten. Gute Geschichten sind für ihn solche die etwas Wesentliches über uns und unsere Zeit und deren Zustand aussagen können. Das ist der Grund warum er in der langjährigen Arbeit mit den Eingebrannten Bildern hauptsächlich politische Bilder zum Ausgangspunkt nahm.
Die eingebrannten Bilder – und in Verlängerung auch die Buntstiftbilder – sind eine Art Geschichtsschreibung mit welcher der Künstler für das Gute und für unsere politische Wachsamkeit eintritt, kurz, sie sind eine Form von Bildhumanismus der seinesgleichen sucht.

Die Methode der Unschärfe, der Verunsicherung unseres Betrachtens dieser Bilder, rührt von der Aufhebung von Raum und Zeit in ihnen her. Die eingebrannten Bilder stellen als erste Frage nicht die nach Wann oder Wo sondern nach Was oder Wer. Diese Bilder richten sich in ungewöhnlicher Direktheit an unser Bewusstsein, in diesem Falle mit dem Hinweis sie schon einmal gesehen zu haben. Volland hat sie ja nicht selber fotografiert. Unser Betrachten ist somit kein Rätselraten sondern die direkte Referenz zu unserer Erinnerung an diese Bilder, Schatten von Bildern von Bildern. Es ist an uns, unser eigenes Bewusstsein von diesen oft gesehenen Bildern, unserem Gebrauch von ihnen nachzuforschen. Die Referenz zu diesen Bildern sind wir.

Vollands Bilder sind erzählerische fotografische Gesten, deren Vollzug wir selber durchführen.

Das fotografische “es war” (Roland Barthes) wird beim Betrachten von Vollands Eigebrannten Bildern zu einem “Hier und Jetzt” .
Diese Bilder stellen sich jedweder schlappen Bildkonsumtion entgegen.
Volland betreibt künstlerische Arbeit mit Fotografie so dass die Bilder in die private Sphäre eindringen.
Auch unser möglicher Widerstand gegen die Unschärfe der Fotografien macht Ernst Vollands künstlerische Strategie erfolgreich.

Wolfgang Peter Menzel

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