Man muss die TAZ nicht mögen, aber man sollte sie lesen, allein schon wegen der Wahrheit Seite, die Michael Ringel seit dem Jahr 2000 redaktionell verantwortet. Auf dieser Seite schreiben echte Satiriker, in jeder Ausgabe, täglich, auch am Wochenende. Echte unter anderem deshalb, weil die Artikel der Wahrheit eine sensationelle Flut von diversen Reaktionen hervor ruft. Auf allen Ebenen wird zurück gefeuert: Gerichtlich, telefonisch, brieflich und, natürlich online. Eine kleine Kostprobe konnte man vor einigen Tagen live hören im TAZ Cafe. Man muss das Essen im TAZ Cafe nicht mögen, es zu probieren lohnt sich allemal. Leider hatten wir an diesem Abend diesbezüglich ein wenig Pech, doch wir kommen wieder. An diesem Abend konnte man öfter schmunzeln, es war eine Freude. Auf dem Podium saß Michael Ringel, der routiniert moderierte und die eine oder andere Geschichte aus dem Buch „Ist das alles Satire oder was?“, zum Besten gab, das die beiden Nebensitzer Heiko Werning und Volker Surman ediert hatten. Diese haben nicht nur das erkenntnisreiche (Tucholsky lässt grüßen) Vorwort geschrieben, sondern lasen auch eigene Geschichten mit griffiger Phonetik aus dem Buch, das frisch im Oktober erschienen ist.
Ich konnte erfahren, dass Volker Surmann auch verantwortlich ist für den Verlag Satyr, in dem 38 eher männliche Satiriker mit einer gewaltig spitzen Feder vom Leder ziehen. Das sitzt wackelt und hat Platz. Köstlich, wenns nicht so traurig wäre, ist der Shitstorm, der in einigen Beiträgen zum Thema gemacht wird. Heilige Maria Mutter Gottes, was für eine Arbeit und, was für ein Gemüt muss man haben, um all die verknorpelten und mystischen Hirnwindungen lesen zu müssen, die online auf den jeweiligen Autor prallen.
Bei einer lieben Tiergeschichte von Heiko Werning, es geht um Katzen, rollen allein 400! Attacken an. Unterm Strich ist das gut so. Die einen schreiben mit Hirn und die anderen antworten mit Brei. So ist jeder dabei und kann sagen, er ist dabei gewesen. So wie wir beide, mein Freund aus Schweden und ich, die danach einig waren, bei einer putzmunteren Veranstaltung (obendrein kein Eintritt) gewesen zu sein.
