vonErnst Volland 19.01.2022

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Ein internationales Team hatte fünf Jahre lang in Archiven geforscht, wer 1944 das Versteck von insgesamt acht jüdischen Menschen in Amsterdam an die deutschen Nazis verraten hatte. Unter den Versteckten waren auch Anne Frank und ihre Familie. Frank (1929 – 1945) hatte dort ihr heute weltberühmtes Tagebuch geschrieben.

Am Ende der Recherchen stand ein Name: Der des jüdischen Notars Arnold van den Bergh. Er soll die Versteckten demnach verraten haben. Die Familie Frank wurde deportiert, alle Mitglieder bis auf den Vater Otto wurden ermordet. Van den Bergh habe versucht, durch den Verrat das Leben seiner Familie zu retten, so das Recherche-Team. Es beruft sich vor allem auf die Kopie eines anonymen Briefes, den Otto Frank nach dem Krieg erhalten hatte und in dem der Name des Notars genannt wird. Demnach soll van den Bergh den deutschen Besatzern “eine ganze Liste von Adressen” gegeben haben. Van den Bergh war Mitglied des Jüdischen Rates in Amsterdam. (Aus  Tagesschau.de)

Video von Ernst Volland zu Anne Frank

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Ernst Volland, E9 Fotografie 100 x 140 cm

Bernd Hüppauf schreibt über die Unschärfe:

Roland Barthes hält das Foto für den Typ des dummen Bildes, unfähig zum Generalisieren. Es habe nur das Punktum: klebe am einmaligen Augenblick und Ort. Unschärfe widerlegt diese Sicht der Fotografie. Sie verstößt gegen die Regeln der Fotografie, die Barthes im Sinn hat.

Das unscharfe Bild wendet sich gegen das Gebot der Ähnlichkeit und setzt etwas anderes an

Stelle der Abbildung eines spezifischen Objekts. Unschärfe gibt dem Foto das Potential, sich vom besonderen und Einmaligen zu lösen und das Allgemeine zu zeigen. So lassen Vollands unscharfe Portraits die Frage entstehen, ob das unscharfe Bild überhaupt ein Portrait sein kann. Kein anderer Bildgegenstand verlangt so sehr nach Ähnlichkeit – wie immer die definiert sein mag – wie das Portrait. Das unscharfe Bild eines Gesichts zeigt aber keine Ähnlichkeit, weder das Wesen der Person noch ihr Gesicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern es regt den Blick an, im geahnten Gesicht nach etwas Generellem zu suchen. Von der Portraitfotografie war am Ende des 20.Jahrhunderts keine Innovation zu erwarten. Das unscharfe Foto eines Gesichts erfüllt, gemessen an der Forderung nach dem Ausdruck von Individualität, die Bedingungen des Portraits nicht. Aber es schafft einen anderen Typ Bild, dem es nicht um das Wiedererkennen geht, vielmehr setzt es die kombinatorische Phantasie des Betrachters frei, und die nimmt mehr wahr als das Portrait einer Person. Aus den verwischten aber erkennbaren Konturen des Portraits von Stalin, um ein Beispiel zu nennen, spricht das Allgemeine: Stalinismus, Diktatur, Terror. So wird das unscharfe Foto, das die Ähnlichkeit verweigert, zum Tor eines bewegten Vorstellungsbilds.

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