vonClaudia Mussotter 27.03.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Das Sandwich wurde schon vor mehr als 2.000 Jahren erfunden, doch sein goldenes Zeitalter erlebt es jetzt. Deli-Läden, Imbissketten, Bocadillo-Wettbewerbe oder etwa ein „Institut des Bocadillo und der Brotkunst“ werben für die Werte der zwei Brothälften und ihren Inhalt: Die kleine Zwischenmahlzeit ist populärer als je zuvor.
Hillel dem Älteren, einem der bedeutendsten jüdischen Schriftgelehrten (1. Jh. v. Chr.), dürfte das erste Sandwich zu verdanken sein. Er klemmte zerstoßene Walnüsse und Apfelstücke mit Gewürzen zwischen zwei dünne ungesäuerte Brotfladen (Matzen), die zu essen heute noch am Passahfest Tradition ist. Und auch im Mittelalter schätzte man die Scheibe Brot – allerdings als Teller. Man aß den Belag herunter und reichte den Rest an die Armen. Doch seinen Durchbruch hatte das Sandwich mit dem gleichnamigen vierten Earl of Sandwich, John Montagu (1718–1792), der ein überaus leidenschaftlicher Kartenspieler war und die Partie nicht einmal zum Essen unterbrechen wollte. Also hielt er sein Roastbeef mit zwei Weißbrotscheiben, damit er aus einer Hand essen konnte, ohne die Karten wegzulegen.
Seine Erfindung ist auch im 21. Jahrhundert – und nicht nur für Kartenspieler – noch brandaktuell und ausgesprochen beliebt. Denn der schnelle Snack, das leichte Mittagessen gewinnt mit neuen Essgewohnheiten und wachsender Mobilität immer mehr an Bedeutung. Was wäre ein Picknick ohne Sandwich, eine längere Fahrt im Eisenbahnabteil, eine Männergesellschaft im Club (man denke an das klassische Clubsandwich), ein Schulfrühstück oder eine spanische Merienda ohne die zwei gefüllten Brothälften. Dabei hat sich die ordinäre Klappstulle mit leichten, frischen, raffinierten Füllungen der Zeit angepasst, die Brotzeit aus der Hand ist zum Fingerfood auch für verwöhnte Gourmets geworden.

Als Sandwiches werden mittlerweile – neben kleineren oder größeren Toastbrotscheiben wie etwa den gigantischen aus den USA – auch andere Brotsorten wie Baguette, Ciabatta, Bocadillo, Pita- oder Fladenbrot … bezeichnet, auch in der Vollkornversion, wenn sie nur zusammengeklappt daherkommen.
Das zweitwichtigste nach dem Brot ist der Salat; ohne den kommt kaum ein Sandwich aus. Knackige Sorten wie Römer- oder Eisbergsalat, neumodische wie Radicchio oder Rucola bekommen ausreichend Halt durch Pesto, Oliven- oder Tunfischpaste, pikante Saucen, süßsaure Chutneys oder die üblichen Brotaufstriche wie Butter, Mayonnaise und Senf.
Das Auge isst mit. Deshalb sind frische Zutaten Pflicht; dass sie in Farbe und Geschmack miteinander harmonieren, ist selbstverständlich. Es sollten aber nicht zu viele Komponenten sein, denn so ein Sandwichturm sieht zwar gut aus, doch das Essen wird zum Kunststück. Schon beim Reinbeißen rutscht der Belag, Kleckern ist programmiert. Daher sollen Zutaten wie Salat und Kräuter vor der Zubereitung etwas trockengetupft werden.
Ein Sandwich aus Toastbrotscheiben sollte zum Servieren diagonal durchgeschnitten werden, und zwar – nach der so genannten mathematisch belegten Schinken-Sandwich-Theorie – in zwei gerechte Teile. So kann man es, stilecht mit einer Serviette gehalten, locker von der Hand zum Mund führen – und gegebenenfalls nebenbei Karten spielen.
Übrigens: Gutes Toastbrot hat keine nutzlosen Enden aus Rinde. Und weil die Rinde am Toastbrot generell verpönt ist, wird sie schon vor der Zubereitung, als allererstes, rundum abgeschnitten. Dann kann man das Brot in allen erdenklichen Formen ausstechen oder auch beispielsweise mit Hilfe eines feuchten Tuchs aufrollen.
Was lässt sich nicht anstellen mit zwei Brothälften oder -scheiben, wobei auch offene Sandwiches möglich sind: Am gesündesten wären Tomate, Gurke, Putenbrust und Salat. Aber da gibt es ja noch Greyerzer-Käse mit frittierten Zwiebelringen und hart gekochtem Ei, gebratenen Seehecht mit Mayonnaise, Tortilla española oder etwa Lomo, die Schweinerückenscheibe, auf dem Brot.
Um die Wurst geht es mit angebratener Chorizo, Salchichon oder mallorquinischer Sobrasada, die so gut mit Honig harmoniert.
Berühmt ist das famose Clubsandwich, ein Doppeldecker aus drei Toastbrotscheiben: mit Salatstreifen, Tomate, Mayonnaise, gekochtem Ei, gebratener Putenbrust und Speck. Wenn dazu Pommes frites gereicht werden, stellt das Ganze schon ein komplettes Abendessen dar.
Spektakulär ist auch die Kreation aus dem katalanischen El Bulli: Toastbrot, Büffelmozzarella, eingelegte Sardellen und Oregano.
Variante: Büffelmozzarella, frisches Basilikum, Tomate, Römersalat und Sardelle. Pesto und Mayonnaise zu gleichen Teilen vermischen, draufgeben und zuklappen. Mmmh lecker.
Dann könnte man natürlich auch noch mit den Brotsorten spielen, der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Sandwich „vegetal“
Toastbrot, Römersalat, Mayonnaise, gekochter Schinken, Sandwichkäse, Tomate, Zwiebel
Salat waschen, trocknen und in ganz feine Streifen schneiden. Tomate in Scheiben und Zwiebel in Ringe schneiden.
Toastscheiben auf einer Seite mit Margarine oder Butter bestreichen und mit dieser Fettseite nach unten auf ein Ofengitter legen. Die obere Seite mit Mayonnaise versehen.
Nacheinander zuerst mit Salatstreifen, Tomatenscheiben und Zwiebelringen belegen, würzen. Dann gekochten Schinken und Sandwichkäse drauflegen, Toast in den Ofen schieben, bis der Käse geschmolzen ist.
Nun die zweite Scheibe Toast buttern und auf den Käse legen, die gebutterte Seite zeigt nach oben. Grill einschalten und das Sandwich von beiden Seiten bräunen.

Bon profit!

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/von_der_hand_in_den_mund/

aktuell auf taz.de

kommentare