vonDetlef Guertler 08.03.2010

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In makroökonomischen Fachkreisen ist dieses Wort geradezu unschuldig-neutral: Ein Währungsregime so steht es in einem Finanzlexikon, “ist grundsätzlich ein bestimmtes Regelwerk, welches durchaus  internationale Kooperation umfassen kann, jedoch auf nationaler Ebene zu verstehen ist. Diese Regeln beziehen sich insbesondere auf die Art und Weise, wie der Wechselkurs einer Währung im Verhältnis zu den ausländischen Währungen bestimmt wird.” So gesehen hat die Eurozone schon ein Währungsregime, seit es sie gibt.

Sobald man aber aus dem makroökonomischen Fachkreis auf die politische Bühne tritt, verliert der Begriff sofort seine Unschuld. Dort bezeichnet man mit Regime nämlich kein Regelwerk, sondern eine, meist hässliche, Herrschaftsform. In einem Militärregime herrscht das Militär, in einem Terrorregime herrscht der Terror, folglich herrscht in einem Währungsregime – die Währung.

Den Verdacht hegen ja einige Südländer bezüglich der Eurozone schon länger, obwohl faktisch bislang sowohl die EU-Kommission als auch die EZB ziemlich zahnlos agiert haben. Wolfgang Schäubles Vorschlag für einen Europäischen Währungsfonds (von dem ja hier und dort schon mal die Schreibe war) könnte genau ein solches Währungsregime begründen.

Dabei gibt es mindestens fünf Haken:

1. Die EU hat bisher darüber funktioniert, dass in Brüssel zwar Vorgaben gemacht wurden, an die sich die nationalen Regierungen halten mussten, dass ansonsten aber die politische Verantwortung und Souveränität der Mitgliedsstaaten erhalten blieb. Soll das nur wegen einer Währungskrise gekippt werden?

2. Für den Euro hungern? Oder gar sterben?

3. Der IWF kann bei Strukturanpassungsprogrammen fast unbegrenzt hässlich agieren – er ist ja danach wieder weg. Die Akteure eines EWF hingegen sind ja auch danach noch da, einmal geschaffenes böses Blut bleibt damit im Kreislauf.

4. Der IWF kann bei Strukturanpassungsprogrammen fast unbegrenzt pragmatisch agieren – er schafft ja keine Präzedenzfälle. Alles was ein EWF hingegen Griechenland zugestehen würde, könnte der nächste Kandidat, ob Spanien, Irland oder Portugal, genauso für sich fordern.

5. Ein EWF stünde dauerhaft auf verlorenem Posten, solange er nicht den größten Gleichgewichtsverletzer in der Eurozone in seine Schranken weisen kann. Der heißt aber nicht Griechenland und nicht Spanien, sondern Deutschland. Die Deutschen haben sich durch Spar- und Schlotterprogramme eine so gewaltige Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erwirtschaftet, dass die Südis gar nichts anderes machen konnten als mit Pauken und Trompeten unterzugehen. Klar, dass die Mediterranen sich da und dort etwas von den Deutschen abschauen sollten (siehe zum Beispiel in meinem Buch Vorbild Deutschland (pdf) von 2003) – aber nur wenn die Deutschen sich auch ein bisschen entkrampfen und einen Hauch mediterraner werden, kann das mit der gemeinsamen Währung etwas werden.

Fazit: Wie unter anderem Edward Hugh bin ich ziemlich davon überzeugt, dass in der aktuellen Griechenlandkrise der Internationale Währungsfonds wesentlich besser als Strukturreformer geeignet wäre denn irgendeine von der EU erst zu schaffende Institution. Aber mit deren Ausgestaltung sollte man natürlich trotzdem schon beginnen – wenn Spanien dran ist, wäre der IWF ja vermutlich überfordert…

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