Die heutige taz-Ausgabe hat den Titel „Der neue Sexismus“ und in dem zwölf Seiten starken Dossier zum internationalen Frauentag schreibt Heide Oestreich über die Ergebnisse einer Umfrage unter uns taz-Redakteuren: Wie viele von uns benutzen eigentlich das „Binnen-I“ in ihren Texten? Wie viele von uns schreiben also zum Beispiel von „PolitikerInnen“? Wie viele benutzen dagegen lieber Wendungen wie „Politikerinnen und Politiker“? Und wie viele schreiben einfach nur von „Politikern“ und gehen davon aus, dass Frauen dann mitgemeint sind?
Das Ergebnis: Unter den 125 taz-Mitarbeitern, die bei der Umfrage mitgemacht haben, gibt es eine bunte Mischung. Nur eine Person benutzt immer das Binnen-I. 40 tazler benutzen es häufig, suchen aber auch nach Alternativen (z.B. „Studierende“). Zwölf benutzen es nur an einzelnen Stellen, wo es ihnen besonders wichtig ist. 26 benutzen das Binnen-I nicht, suchen aber Alternativen. Zwei finden, dass das Binnen-I die Zweigeschlechtlichkeit zementiert und andere Geschlechter diskriminiert. 44 benutzen das Binnen-I nicht und suchen auch nicht nach Alternativen.
Ich arbeite als Redakteur im Berlin-Ressort, wo ich zusammen mit einem Kollegen über die Landespolitik schreibe. Und ich gehöre zu den Redakteuren, die das Binnen-I nie verwenden. Der Grund: Ich glaube, dass mehr Leser darüber stolpern, wenn es im Text so ein Binnen-I gibt, als wenn es fehlt. Ich glaube: Durch das Binnen-I wird es etwas unhandlicher, meine Texte zu lesen.
Ich beschäftige mich in meinen Texten oft mit eher trockenen und komplizierten Themen. Und ich bin dabei Verständlichkeitsdogmatiker. Mein oberstes Ziel ist es, meine Texte den Lesern so leicht wie möglich zugänglich zu machen. Ich glaube: Das Binnen-I würde das etwas erschweren.
Meine Position ist aus zwei Richtungen angreifbar. Einmal kann man meine Annahme bezweifeln, dass wirklich mehr Leser darüber stolpern, wenn es im Text so ein Binnen-I gibt, als wenn es fehlt. Ich kann diese Annahme auch nicht belegen. Empirische Untersuchungen zu der Frage kenne ich nicht. Zweitens kann man meine normative Entscheidung, wonach das oberste Gebot die Verständlichkeit ist, angreifen. Man könnte stattdessen auch begründen, warum es wichtiger ist, ein politisches Zeichen zu setzen. Warum das Stolpern über das Binnen-I geradezu erwünscht ist. Oder warum es wichtiger ist, keine Sprache zu verwenden, durch die sich viele Menschen ausgegrenzt fühlen.
Heide Oestreich schreibt in ihrem Artikel, das Binnen-I sorge „offenbar für besondere Erregung. Jedenfalls fühlen sich die einen durch diesen ‚Stolperstein‘ angeregt, die anderen dagegen extrem belästigt.“ Ich gehöre da offenbar einer Minderheit an, denn für mich ist das Binnen-I keine besonders wichtige Frage. Ich habe zwar eine Haltung zum Binnen-I und ich kann sie auch begründen. Aber ich beanspruche nicht, dass meine Position die bessere ist. Wenn jemand anders zu anderen Schlüssen kommt und das Binnen-I verwendet, dann habe ich da kein Problem mit. Ich selbst würde es auch verwenden, wenn ich überzeugt wäre, dass es für die Leser verständlicher ist. Ich würde es auch akzeptieren, wenn eine deutliche Mehrheit der taz-Redakteure entscheiden würden dass eine Sprache, von der sich niemand ausgegrenzt fühlt, für die taz das oberste Gebot ist und wir daher alle das Binnen-I verwenden. Ich bin da einfach recht leidenschaftslos.
Übrigens werde ich wieder leidenschaftlich, wenn es um Vergewaltiger mit k.o.-Tropfen geht, um die diskriminierende Schlechterbezahlung von Frauen oder um die zu niedrigen Zuschüsse des Senates für Frauenprojekte, die dadurch ihre Arbeit nicht mehr so gut machen können, wie es notwendig wäre. Aber die Debatte um das Binnen-I ist keine, die mich sonderlich bewegt.
Und jetzt bin ich natürlich gespannt auf die Meinungen unserer Leser. Also: Was ist Ihre Position?