Wolfgang Koch hat in seinem Leben immer wieder mal weiß gewählt, so dass ihn jedenfalls keine Skrupel plagen würden, wenn er beim kommenden Wiener Urnengang dieses Votum empfiehlt. Tut er aber nicht! Denn was würde es denn real bedeuten, bei der Wiener Gemeinderatswahl 2010 ungültig zu wählen?
Eine unbunte Stimme hätte denselben Effekt, wie gar nicht zur Wahl zu schreiten. Unter dem Strich vermehren die ungültigen Stimmen bloß die Macht der Mächtigen, also die Macht der seit zirka dem Aussterben der Dinosaurier in Wien regierenden SPÖ.
Was immer die österreichischen Lulu-Blätter orakeln, die SPÖ wird auch nach der Wahl 2010 wieder den Ton angeben. Sollten Bürgermeister Michael Häupl aber zu viele Lämmer davonlaufen, stehen jetzt bereits zwei Koalitionspartner unterwürfig bei Fuß: die bürgerliche ÖVP und die Bobo-Grünen.
Was also soll in Wien schon passieren? Wozu die vielen Worte, wenn doch die erdrückende rote Übermacht nicht zu bremsen ist? – Ob in fünf oder in zehn Jahren: Jeder politische Neustart, der in dieser Stadt etwas weiterbringen möchte, muss damit beginnen, die total verfilzte und verhaberte SPÖ auf die Oppositionsbank zu schicken.
Dieser demokratische Grundgedanke leuchtet heute leider nur der FPÖ in all seinen Konsequenzen ein. Bei ÖVP und den Grünen ist kein Funken einer echten Willensanstrengung zu erkennen. Im Gegenteil: Grüne und Schwarze sind die braven Abnicker im Landtag. Bei diesen Fraktionen geben vollkommen unpolitischen Personen den Ton an; Politikanten, die die demokratische Willensbildung mit einem Sympathiewettbewerb verwechseln.
Nur gemeinsam hätten die drei Parteien der Wiener Rathausopposition rechnerisch eine Chance, den SPÖ-Sumpf endlich trocken zu legen. Eine solche Regenbogenkoalition zur Überwindung der sozialdemokratischen Dauerherrschaft – das wäre das einzige vernünftige Signal in der Stadtpolitik.
Es ist noch gar nicht so lange her, da hat eine solche Regenbogenkoalition den Albdruck der Regierung Schüssel auf den ORF beendet. Die beiden Situationen sind durchaus vergleichbar. Die Wiener Magistratsabteilungen hängen schon viel länger am Gängelband des SP-Klubs im Rathaus, als es die ORF-Abteilungen von der schwarzen Parteizentrale je taten.
Aber eine Koalition der Reformer ist in der Stadtpolitik vollkommen unrealistisch, solange in jedem Wiener Wahlkampf das antifaschistische Gespenst neu ausgegraben wird und die FPÖ bereitwillig in die Rolle des Krokodils schlüpfen, vor dem alle anderen heftig zu Zittern vorgeben.
Die SPÖ weiß das. Ihre Propaganda rückt den freiheitlichen Frontmann so brutal wie möglich ins politische Abseits, hängt ihm nahezu täglich das Mäntelchen eines Hetzers um, eines Rattenfängers in Disco-Outfit, eines faschistoiden Rechtsextremisten oder wenigstens die Maskerade eines unbelehrbaren Burschenschaftlers und unverbesserlichen Abendlandkämpen.
Wer könnte nach diesem, mit den Schlagworten der 1930-Jahre aufgeheizten Wahlkampf mit einem ehemaligen Wehrsportaktiven paktieren? Die Konservativen nicht, und die Grünen noch weniger.
Was wir sagen wollen: Es ist einfach nicht wahr, dass es keine politische Alternative zur den tristen Wiener Verhältnissen gibt. Eine ernsthafte Häupl-Abwahl-Initiative scheitert an einer genau kalkulierten moralischen Hysterie der SPÖ, auf welche die schwarzen und grünen Kolonnen regelmäßig hineinfallen. Man kann die Wut der WeißwählerInnen in Wien gut verstehen.
Trotzdem ziehen wir eine Stimmabgabe für die Oppsoition, egal für welche, vor. Weißwählen heisst nur Demokratie spielen. Die Opposition im Rathaus wählen heißt, gegen die Hegemonie der Roten protestieren. An einer Abwahl der Sozialdemokraten kommt diese Stadt ohnehin nicht mehr vorbei.
© Wolfgang Koch 2010