vondoris akrap 18.04.2009

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Ramadan an Kelek: „Das, was Sie machen, ist gefährlich.“

Kelek an Ramadan: „Ich bin eben problemorientiert.“

Auszug aus dem Stück: „Wer hat Angst vor dem Islam?“

Vorhang auf für eine Weltpremiere, die schon von der Besetzung der Rollen her ein Duell versprach, bei dem scharf geschossen werden würde. Die umstrittene Kämpferin für einen „säkularen Islam“ Necla Kelek traf erstmals auf den umstrittenen Vertreter eines „Euro-Islam“ Tariq Ramadan.

Gleich zu Beginn stellte Ramadan klar, dass der Begriff des „Euro-Islam“ von Bassam Tibi und nicht von ihm stamme, er selbst würde sich als „europäischer Muslim“ begreifen. In seinem Einleitungsstatement erläuterte er im Folgenden, was er darunter versteht und was er das „Konzept der drei Ls“ nannte: language, law und loyalty.

Jeder Muslim müsse der Sprache des Landes mächtig sein, in dem er wohne, müsse geltendes Recht achten und sich loyal zur bürgerlichen Gesellschaft verhalten, womit Ramadan nicht Autoritätshörigkeit meinte, sondern die Verteidigung Werte der bürgerlichen Gesellschaft, frei nach dem Motto: Ein guter Bürger ist ein kritischer Bürger!

Und selbstverständlich sind für Ramadan die meisten muslimischen Migranten in Europa kritische Bürger, die „kulturellem Widerstand“ leisten, indem sie gegen ethnische und religiöse Diskriminierung protestierten.

Diese Sicht auf die Muslime teilte Kelek wie zu erwarten nicht. Sie warf Ramadan vor, alles nur positiv sehen zu wollen und die Probleme zu verschweigen, die der „politische Islam“ für muslimische Individuen bedeute.

Die muslimischen Organisationen würden dem Individuum keinen Platz einräumen, um selbst zu entscheiden, ob man für oder gegen Allah, das Kopftuch, das Schwimmen im Badeanzug oder freie Sexualität sei.

Für den Slogan: „Deutschland ist nicht mehr weiß, sondern bunt!“  erntete Ramadan noch den stürmischen Applaus des Publikums im völlig überfüllten Saal. Doch es sollte fast der einzige Beifall sein, den Ramadan an diesem Nachmittag bekam. Denn es wurde deutlich, dass er trotz seines eloquenten Auftretens und mehrfacher Beteuerung, als kritischer Intellektueller sich mit allen unterhalten und alle Positionen diskutieren zu können, in keiner Weise auf den von Kelek angeprangerten Einfluss reaktionärer Weltanschauungen durch den „politischen Islam“ eingehen wollte.

Obwohl er sogar betonte, dass er selbst mit einem Bischof Williamson reden würde. Die Leugnung des Holocaust als diskutierbare Position?

Ja, so Ramadan, das Recht allein könne eben solche Meinungen nicht verhindern, man müsse Leuten, die so etwas vertreten, intellektuell überzeugen. Genau das, so glaubte Kelek, würde sie ja gerade tun. „Nein, sie schüren Ängste und polarisieren mit Begriffen wie politischer Islam die Diskussion.

Das Duell lief heiß und das Publikum konnte sich kaum halten. Als der Moderator Daniel Bax auf Ramadans Position eines reformierbaren Islams kam, rief jemand: „Die Sharia muss reformiert werden!“ Paradoxie total! Bislang hatte sich Ramadan smart durch die Debatte geschlagen, doch nun geriet seine Kritik an der Wahrnehmung der Muslime zum absurden Theater.

Hatte er sich zu Beginn der Veranstaltung noch als „europäischer Muslim“ vorgestellt, so kritisierte er am Ende der Veranstaltung, dass es immer die anderen seien, die ihn als „muslimischen Intellektuellen“ vorstellen würden. Er selbst würde von sich immer als kritischen und europäischen Intellektuellen reden.

Also wie denn nun: Machen „die anderen“ oder  „der kulturelle Widerstand“ die Muslime zu Muslimen? Lass und doch mal drüber reden, würde Ramadan wohl sagen.

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