Inhalt
Sommer 1943, nordöstliches Kirgisien. Wir befinden uns auf dem weitläufigen Land in einem kleinen Dorf, während in Europa der Zweite Weltkrieg tobt. Der Leser sieht die Welt durch die Perspektive von Said, einem 15-jährigen Jungen, der zum ersten Mal die Verantwortung für Haus und Hof mittragen muss, weil seine beiden großen Brüder an der Front sind. Dshamilja ist mit einem dieser Brüder verlobt, und mit Said ziemlich gut befreundet. Sie ist ein wenig anders, als die anderen Frauen im Dorf; sie nimmt die harten Arbeiten an und scheut sich nicht davor, anzuecken.
Gemeinsam mit Said und Danijar bekommt sie die Aufgabe, die Ernte zum Bahnhof zu fahren. Eine mühselige, harte Arbeit voller einsamer Stunden auf einem Pferderücken. Danijar ist erst vor kurzem aus dem Krieg zurückgekehrt, niemand weiß wirklich, wo er herkommt. Er ist schweigsam und zurückgezogen, beteiligt sich nicht an den Tätigkeiten des Dorfes. Said und Dshamilja hänseln ihn ein wenig, er ist ein leichtes Opfer, es vertreibt die Zeit. Doch während der vielen Stunden lernen die beiden ihn wirklich kennen. Und Dshamilja fällt einen Entschluss, der sich nicht mehr rückgängig machen lässt.
Zum Autor
Aitmatow wurde 1928 in im heutigen Kirgisien geboren, das damals Teil der Sowjetunion war. Seine Kindheit verbrachte er – wie damals noch typisch – indem er mit den Tieren der Familie von Weide zu Weide zog. Er studierte in Kirgistan, Kasachstan und letztlich am Gorki-Institut in Moskau, wo er in den sowjetischen Schriftstellerverband aufgenommen wurde und „Dshamilja“ als Abschlussarbeit verfasste. Abgesehen davon war Tschingis Aitmatow journalistisch und politisch aktiv. Er beriet Michail Gorbatschow, war der letzte sowjetische Botschafter in Luxemburg und danach als Botschafter für Kirgistan in den Beneluxstaaten. Er starb 2008 in Nürnberg.
Hintergrund
„Schönste Liebesgeschichte der Welt“ – ich gebe zu, als Person, die bei Liebesgeschichten wählerisch ist, hat mich das abgeholt. Schlussendlich ist das natürlich bei jedem eine subjektive Einschätzung. Doch es gibt durchaus Aspekte, die eine Liebesgeschichte verlässlich „schön“ und zeitlos werden lassen.
Echte Gefühle können nur durch „echte“ Charaktere vermittelt werden, solche, die Tiefe und Authentizität aufweisen. Das hat nichts damit zu tun, ob sich der Leser selbst in ihnen wiederfinden kann – er muss irgendetwas in ihnen wiederfinden können. Auch die Situation sollte einfach zu verstehen sein. Der Verlauf der Geschichte zeichnet sich durch Veränderung und Entwicklung aus, die durch die Spannung um die Gefühle hervorgerufen wird. Das kann die Individuen gegenüber sich selbst betreffen oder auch in Bezug auf die Gesellschaft. Hier ist vieles möglich.
Das Wichtigste ist jedoch die „Echtheit“ der Gefühle – diese wird vor allem durch das Loslassen von Zeitgeist geschaffen. Natürlich lässt es sich kaum vermeiden, dass jedes Buch ein Produkt seiner Zeit ist, und das ist auch gut so. Doch das Gefühl der Liebe selbst dürfte sich seit Anbeginn der Zeit wohl wenig verändert haben. Schafft man es, dieses zu extrahieren und zu vermitteln, schafft man eine Liebesgeschichte, die zeitlos sein kann. In „Dshamilja“ ist das gelungen.
ISBN: 978-3-458-35785-8