Inhalt
Der weniger als 100 Seiten starke Roman von Yasushi Inoue fasst drei voneinander unabhängige Kurzgeschichten, die sich alle um Liebe in unterschiedlichen Kontexten und Ausführungen drehen.
Die Erste handelt von zwei Fremden, die zufällig aus demselben Grund in einem Resort zu Gast sind: Beide wollen sich auf der Steilklippe das Leben nehmen. Sie freunden sich an – alles Weitere steht in den Sternen.
Die Zweite handelt von einem Paar in den Flitterwochen. Der Mann zeigt seiner neuen Frau all die Orte, an denen er seine Jugendzeit verbracht hat – und wird dabei von alten Erinnerungen überwältigt. Seiner Frau entgeht das nicht.
Die Dritte handelt von einem langjährigen Ehepaar, das im Lotto gewinnt. Sie entschließen sich von der Hälfte des gewonnenen Geldes in den Urlaub zu fahren – und entdecken dabei die Gewohnheiten ihrer Ehe neu.
Zum Autor
Yasushi Inoue wurde 1907 in Hokkaidō geboren. Er hatte Abschlüsse in Kunst und Geschichte und nach Ende des Pazifikkriegs arbeitete er sowohl als festangestellter Schriftsteller als auch als Journalist. Seine Werke fanden große Resonanz innerhalb Japans und wurden mehrfach ausgezeichnet. Doch auch Inoue selbst wurde 1976 als „Person mit besonderem kulturellen Verdienst“ und vom Kaiser mit dem Kulturorden ausgezeichnet. Neben seinen literarischen Werken verfasste er im großen Umfang historische Werke beispielsweise über die Vergangenheit und Gegenwart der Städte in Zentralasien (Reise nach Samarkand, 1968–1969). Er starb 1991 in Tokio.
Hintergrund
„Mono no aware“ lässt sich schwer ins Deutsche übersetzen. Es beschreibt die Wahrnehmung von Dingen im Allgemeinen und die Emotionen, die durch sie ausgelöst werden. Dabei geht es insbesondere um Schönheit, die erst durch die Wahrnehmung und Akzeptanz von Vergänglichkeit ausgelöst wird. Sie kann praktisch weitergedacht werden: durch das aktive Erleben der Vergänglichkeit wird eine akzeptierende, wertschätzende und anpassungsfähige Haltung der Welt und ihrer Dinge gegenüber gefunden.
Ursprünglich wurde das Konzept im 18. Jahrhundert von Motoori Norinaga eingeführt, um die emotionale Anziehungskraft klassischer japanischer Werke zu erklären. Auch, wenn nicht präzise definiert werden kann, wie mono no aware in der japanischen Kultur entstanden ist, stellt es dennoch einen integralen Bestandteil dar.
Mono no aware macht deutlich, wie eng gegensätzliche Dinge beisammen liegen und voneinander abhängen. Bei Inoue sehen wir das, indem „Liebe“ immer auch mit negativen Dingen wie Tod, Reue, Fehlern, Wut und Lügen korreliert. Aus diesem Zusammenhang entsteht die „leichte Melancholie“, aber auch die jeweilige Individualität der Liebe und die Wertschätzung für jede Eigenheit.
Mit oder ohne Hintergrund – „Liebe“ liest sich wie eine kleine emotionale Achterbahnfahrt, die schlussendlich auf einer geraden Linie endet und ein sanftes Lächeln hinterlässt.
ISBN: 978-3-518-46389-5
Hier kostenlos weiterlesen: Mono-no-aware aesthetics in Japanese art texts (Ziming Lin, 2023)