vonandreas bull 25.04.2009

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Seit dem vergangenen Wochenende ist die taz mit einer neuen Wochenendausgabe am Start, der sonntaz. Die taz erhofft sich davon inhaltlich eine Menge – und verlegerisch noch viel mehr. Seit Frühjahr 2008 haben wir darüber diskutiert, ob es gelingen könnte, einen Effekt herbeizuführen wie 1986: Damals hatte sich die Auflage der taz sprunghaft verdoppelt, weil mit der kompletten Blattreform von Ende 1985 und dem Atomunfall von Tschernobyl 1986 ein interner und ein externer Faktor zusammenkamen.

Eine solche Koinzidenz gibt es nicht alle Tage. Aus Sicht des Frühjahr 2008 nun schien eine einzigartige Chance zu kommen. Der 30. Geburtstag würde uns Aufmerksamkeit verschaffen, die wir nutzen könnten, einen neuen Anlauf zu nehmen. Außerdem hat sich das Szenario des Zeitungsverkaufens am Wochenende in den vergangenen Jahren radikal geändert: Die Samstagsausgaben mancher etablierter Zeitungen haben in den letzten Jahren bis zur Hälfte ihrer Auflage verloren. Denn kaum jemand kauft heute noch deshalb eine Zeitung, weil er eine Wohnung sucht oder sich einen Gebrauchtwagen anschaffen will. Dieser Markt ist längst ins Internet abgewandert.

Gleich geblieben ist allerdings, dass die LeserInnen am Wochenende mehr Zeit zum Lesen haben als unter der Woche. Die taz registriert dies bei ihrer eigenen Auflage. Im gerade abgelaufenen 1. Quartal dieses Jahres konnten wir von Montag bis Freitag durchschnittlich knapp 6.000 Zeitungen am Kiosk verkaufen, samstags jedoch gut 9.100. Und die FAZ konnte bei gleichzeitigem Rückgang ihrer Samstagsausgabe erfolgreich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung etablieren.

Der Versuch lag also nahe, mit einem überarbeiteten Konzept für die Wochenendausgabe neue zusätzliche Leserinnen und Leser für die taz zu gewinnen, wenngleich vielleicht nicht doppelt so viele wie bislang. Was wir vor einem Jahr allerdings nicht wissen konnten, war, was dann kommen würde: die Finanzkrise, und damit auch der Zusammenbruch der anderen Anzeigenmärkte vor allem für die Marken- und Produktewerbung. Gerade die sind für die überregionalen, also nicht lediglich lokal verbreiteten Zeitungen die wichtigste Einnahmequelle. Als Konsequenz schränken die etablierten Zeitungen ihr Angebot ein, weil sie sparen müssen, und erhöhen die Bezugspreise, um die verloren gegangenen Anzeigeneinnahmen zu kompensieren. Dass die taz ausgerechnet jetzt mit einem besseren Zeitungsangebot kommen kann, ist eine Koinzidenz, die in diesem Ausmaß wohl auch nicht zu planen wäre. Aber eine Chance, die vor allem der nutzen kann, der normalerweise keine hat.

Das Ziel ist bescheiden und ambitioniert zugleich: 3.000 zusätzliche Auflage am Kiosk, also gut 30 Prozent Zuwachs bei der Samstagsausgabe der taz. Nach allem, was man nun weiß, stehen die Chancen so schlecht nicht, dass das Ziel jetzt rasch erreicht werden kann.

Andreas Bull ist einer der beiden taz-Geschäftsführer.

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