vonJakob Hein 11.07.2011

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Vielleicht ein neues Promotionsprojekt?

Nachdem die Charité und die „Berliner Morgenpost“ so lange ein so gutes Verhältnis zueinander hatten, hat sich die böse, böse Morgenpost heute gänzlich daneben benommen. Was hatte man doch für eine schöne Zeit miteinander! Kuschelige Schlagzeile reihte sich an noch kuscheligere Schlagzeile. So hieß es am 10.12.10 „Charité ringt um Millionen“, am 08. Februar 11 „Charité: Spitzenmedizin in Berlin seit 1710“ oder auch „Charité-Neubau für Spitzenforschung feiert Richtfest“ (24.05.2011) und „Charité-Chef verlangt vom Senat mehr Respekt“ (14.04.2011). Gerade die letzte Meldung wird den Senat damals sehr gefreut haben, weil der Charité-Chef sonst meistens mehr Geld fordert, da wird das mit dem Respekt eine Kleinigkeit gewesen sein. Und „mehr Respekt“ ist ja ohnehin immer relativ, vielleicht war es für den Senat ganz einfach, das zu bewerkstelligen, so ist ja 0,1 zum Beispiel auch größer als 0,0.

Doch nun das. Die Morgenpost bringt die böse Schlagzeile „Schwere Vorwürfe gegen Charité-Professor„. Die Daten aus einer Promotionsschrift zu DNA-Schäden durch Handy-Nutzung sind nach Auffassung des Bremer Professors Lerchl „grob gefälscht“. Die Charité hat jetzt dazu eine Stellungnahme veröffentlicht, dass sie von diesen Vorwürfen im August 2010 gehört hätte und dadurch eine „Untersuchung ausgelöst“ wurde. Zu dieser wurde im April 2011 die Promotionskommission hinzugezogen und am 26. Juni 2011, also schon 10 Monate später, sogar Professor Lerchl selbst. Man erkennt: „Die Charité ist der schnellen und sachgerechten Aufklärung der Vorwürfe verpflichtet.“  Schon „unmittelbar nach der Sommerpause“ will man jetzt entscheiden. Prof. Lerchl ist hingegen der Meinung, er sei „nach der Salami-Taktik im Dunkeln gelassen“ worden und fühle sich hingehalten.

Wenn die Charité noch schneller auf Datenprobleme bei der betreffenden Reflex-Studie hätte aufmerksam werden wollen, hätte sie ja auch auf die investigative Technik des Zeitunglesens zurückgreifen können. In der „Berliner Zeitung“ konnte man nämlich schon am 20. Mai 2010 lesen, dass Prof. Lerchl behauptet, dass Ergebnisse der Studie „gefälscht“ seien. Aber auf die gemeine Presse darf man sowieso nichts halten, wenn sie nicht das schreibt, was man gerne lesen möchte.

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