vonWolfgang Koch 22.03.2014

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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Wahre Kenner. Als zwei junge Städtetouristinnen in der U6 über den Gürtel reisend plötzlich der künstlerisch verspielten Fassade der Müllverbrennungsanlage Spittelau ansichtig werden, wenden sie sich fragen an die Mitpassagiere. Was soll das denn sein? Ein UFO? Ein Vergnügungspark? Ein Kulissendepot? Endlich erbarmt sich eine Wiener Öffi-Nutzerin und orientiert die staunenden Fremden: »Das Hundertwasserhaus«.

Landstraße/ Hauptstraße. Ein sichtlich genervter Besucher aus der österreichischen Provinz fragt die Passagiere recht unwirsch, in den Waggon welcher U-Bahnlinie er gerade gesprungen sei. Als er erfahren muss, dass er sich nicht in einer U-Bahn, sondern in der Schnellbahn befindet, erntet die Anwesenden ein beherztes: »Scheiß Wean!«

Rosa Strähnchen. U1 Praterstern. Ein schwitzender Jogger, direkt von seiner Laufstrecke in der Hauptallee hereingesprungen, nimmt gegenüber zwei Kuschelpunks Platz. Als die beiden wild herumzuknutschen beginnen, kommt es zu folgender denkwürdiger Warnung: »Kinda, i hob mi heite a bissl überanstrengt. Wenn’s ned aufheats zu schmusen, speib i mi fix an!«

Drei Uhr früh. U3-Station Neubaugasse, ein Nachtbummler schaut sich verstohlen um, ob eine Überwachungskamera auf ihn herabblickt. Als er beruhigt das Feuerzeug aus der Tasche fischt, knackt es in den Stationslautsprechern und eine freundliche Frauenstimme sagt: »Junger Herr! In der Station ist das Rauchen nicht gestattet! Der nächste Zug kommt erst in 13 Minuten. Das reicht locker zum Raus- und Reingehen!«

Am falschen Fuß. 7:30 Uhr am Morgen, Bim in der Taborstraße. Eine sehr hübsche, modisch gekleidete Endzwanzigerin zückt ihr iPhone und beginnt laut und näselnd ein Telefonat: »Ich bin’s, die Manuela! … Stell dir vor, die Michi hat ein Brunching g’macht … Ein Brunching … Lachs, ja, Rindsroulade, … so liieeb!« – Da unterbricht sie unerwartet die Stimmes eines unscheinbaren Herrn: »Du, Manuela! …« – Die  hübsche Endzwanzigerin wendet verblüfft den Kopf: »Ja, bitte?« – Der Monsieur: »Manuela, hoid afoch de Pappn!«

Schimpfkonzert. Ausfall der U6 wegen Hitzestörung bei 37 Grad Celsius. Alle Fahrgäste watscheln zum Schienenersatzverkehr. Unmutsbekündungen in der gerüttelt vollen Bim. Eine Seniorin stampft mit dem Stock auf und zettert: »Aussteign! I hob kan Plotz!« – Viele sehen sich gefrotzelt. »Heast, Muadal, host wos auf die Augn? Do is ka Plotz …« … »De Oidn, nix zam tuan, imma an Stress« – Nach einigem Gemaule und Gegengemaule bückt sich ein großgewachsener Türke zur Omi hinunter und sagt: »Is urscheiße, wenn olle gegn an san, stimmts?«

Rote Ohren. Zwei 17jährige im 41er Richtung Schottentor. Eine ziemlich hübsche Frau mit Schäferhund steigt ein, setzt sich auf eine freie Bank. Der Hund kriecht unter ihren knöchellangen Rock, um es sich unter den Beinen bequem zu machen. Einer der Burschen, halblaut: »Der wär i a gern!« – Natürlich hört sie das, dreht sich um und sagt schnippisch: »Der is’ aber kastriert«.

Beschleunigung. Endstation Pötzleinsdorf, zwei Bim-Garnituren stehen hintereinander zur Abfahrt bereit. Der Fahrer des vorderen Zugs steht neben der Tür und raucht eine Zigarette, als plötzlich ein Mann auf ihn zustürmt und zu wissen begehrt: »Welche fährt denn zuerst?«

Fitness. U6-Station Floridsdorf. Die Türen des Waggons schließen, in letzter Sekunde steckt eine Dame noch die Spitze ihres Regenschirms ins Innere. Die Tür bleibt aber zu. Grantige Durchsage des Fahrers: »Nau, wos tamma jetzt? Auhoidn und mitrenna?!«

Telefonitis. »Du, ich bin jetzt bei der Neubau… ja, fahrt grad los, jetzt wird’s schon dunkel, wo stehst denn du, vorne oder hinten?… ja, oje!… ich sitz nämlich hinten, kommst du nach hinten?… damit ich nicht nach vorn muss… i seh’ di schon!…  siehst du mi a?… jaaa, wir sehen uns. Du ich leg’ jetzt auf, weil wir uns schon sehen«.

Geheadbanged. Abends im Bus 62A. Ein Passagier mit Kopfhörern bleibt neben dem Fahrersitz stehen, weil er gleich wieder raus muss. Aus den Augenwinkeln kann er erkennen, dass sich der Fahrer zu ihm hindreht und etwas in seine Heavy-Metal-Wolke hinein sagt. »Tschuldigung«, antwortet er in der Annahme, dass der Sound die Ohren anderer stört, »i mach’s schon leiser«. – »Na, lauter!«, brüllt der Fahrer.

© Wolfgang Koch 2014

 

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