vonsaveourseeds 24.06.2009

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geklonte Kühe in den USADie Aufregung ist gross: “EU will Klonfleisch” zulassen. Ganz so ist es allerdings bisher nicht. Was der EU Agrarministerrat beschlossen hat sind zunächst nur Vorschriften in welcher Form mögliche Anträge für den Verkauf von Fleisch und anderen Produkten von geklonten Tieren und deren Nachkommen geprüft und beschieden werden. Bisher gibt es dafür keine Regelung und das bedeutet nicht, dass “Klonfleisch” deshalb verboten wäre. Bevor der Konsens der Minister Gesetz wird, muss allerdings noch das Europäische Parlament zustimmen. Das aber hatte erst im März ein generelles Verbot für Einfuhr und Verkauf von Klonfleisch gefordert. Anbieten will derzeit sowieso niemand Fleisch, Milch oder Eier von geklonten Tieren. Wir haben hier einige Hintergrundinformationen samt Originalquellen zusammengestellt.

Nachdem die amerikanische Lebensmittelbehörde FDA im Januar Klonprodukte für sicher erklärte (allerdings bisher noch ein freiwilliges Abkommen mit der Industrie hat, dass diese keine Klonprodukte auf den Markt bringen) war man auch in Europa aufgestört. Ebenfalls im Januar schrieb die EU Ethik-Kommission (EGE): “Angesichts des bestehenden Leidens und der gesundheitlichen Probleme von Ersatzmuttertieren und geklonten Tieren äußert die EGE ihre Zweifel daran, ob das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung gerechtfertigt ist”.

“Momentan kann die EGE keine überzeugenden Argumente ausmachen, mit denen die Produktion von Lebensmittel aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen gerechtfertigt werden könnte,” heisst es in der Stellungnahme der Ethik-Kommission. Dann stellt sie eine ganze Liste von weiter zu untersuchenden Problemen auf: Tierschutz, Lebensmittelsicherheit, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, Artenschutz und -vielfalt, Welthandel und öffentliche Wahrnehmung. Die Ethiker empfehlen der Kommission eine Umfrage unter den EU-Bürgern und fordert: “Gefördert werden sollten öffentliche Debatten zu den Folgen des Klonens landwirtschaftlicher Nutztiere auf die Landwirtschaft und die Umwelt, zu den gesellschaftlichen Folgen aufgrund eines erhöhten Fleischkonsums und der steigenden Rinderzucht sowie zu der gerechten Verteilung der Nahrungsmittelquellen.” In der ausführlichen Stellungnahme, die leider nur auf Englisch vorliegt, finden Sie alles was Sie schon immer über das Klonen wissen wollten. Die Europäische Lebensmittelagentur EFSA sieht bisher keine Gesundheisrisiken durch den Verzehr geklonter Tiere.

Wie funktioniert es?

Der Zellkern eines erwachsenen Tieres wird in eine Eizelle übertragen, die dann auf eine Leihmutter über- und von ihr ausgetragen wird. Der erste Karpfen wurde so bereits 1963 geklont. 1996 gelang mit dem Schaf “Dolly” der erste Säugetier-Klon, gefolgt von Kühen, Mäusen, Schweinen, Ziegen, Ratten, Kaninchen, Pferden, Maultieren, Katzen und Hunden. Der erste Primat wurde vor zwei Jahren geklont: ein Rhesusaffe. Was dabei herauskommt ist allerdings nicht eine hundertprozentige Kopie des Originals. Zum einen weil die Mytochondrien nicht über die DNA im Zellkern vererbt werden, sondern von der Leihmutter stammen. Zum anderen aber, weil die DNA nicht alles ist was einen Organismus ausmacht. Die sogenannten epigenetische “Programmierung” der Tiere kann eine deutlich andere sein als die ihres “Elt”. Zudem ist die embryonale Entwicklung des Klons und seine vielen Unwägbarkeiten nach wie vor ein einmaliger Prozess, der sich von dem seines Vorfahren deutlich unterscheidet.

Das zeigen nicht zuletzt die nach wie vor miserablen Erfolgsquoten: Nur 13 % der geklonten Tiere erblicken das Licht der Welt und von diesen sterben weitere 35% in der ersten 6 Monaten. Klone haben eine lange Liste von Abnormalitäten aller Art, die u.a. dem Zusammentreffen der fremden DNA mit der des Muttertieres zugeschrieben wird. Die Muttertiere leiden häufig, weil zu den Abnormalitäten u.a. auch ein überhöhtes Geburtsgewicht gehört. Kurz gesagt ist Klonen eine enorme Tierquälerei.

Wozu wird es eingesetzt?

Klonen ist nur der neueste Schritt in der industriellen Zurichtung von Nutztieren. Kaum ein Steak, das Sie essen ist ursprünglich noch das Resultat normaler Befruchtung zwischen Stier und Kuh. Künstliche Besamung mit dem Sperma von Hochleistungs-Stieren ist längst der Standard 75% bei Rindern, 85% bei Schweinen). Hinzu kommen neuere Methoden wie die in-vitro-Befruchtung bei der Zucht und die Teilung eines Embryos zur Produktion von Zwillingen. Die geringe Erfolgsrate und die Vielzahl von Komplikationen macht eine kommerzielle Anwendung von Klonierung zur industriellen Vermehrung von Tieren in absehbarer Zeit fraglich. In der Züchtung allerdings könnte sich der hohe Aufwand bereits früher lohnen. Auf den Teller käme also Fleisch von “natürlichen” Nachkommen geklonter Hochleistungs-Individuen. Über 160 Labore in 37 Staaten, einschließlich der EU, arbeiten mittlerweile an der Klonierung von Tieren.

Marktführer in Deutschland ist die Firma Agrobiogen im Hilgertshausen, die nach eigenen Angaben 200 Stallplätze für gentechnisch manipulierte und geklonte Tiere in Bayern und Österreich vorhält. Sie ist laut Eigenwerbung “eines der wenigen Unternehmen weltweit, das sich auf die gentechnische Veränderung und Klonierung von Großtieren spezialisiert hat” .

Aus Dänemark, dem größten Schweinehersteller der EU, der als einziger das Klonen von Tieren bisher gesetzlich geregelt hat, stammt auch ein Bericht namens “Cloning in the Public” , der bereits vor 3 Jahren empfahl, die Technik gesetzlich zu regeln und ansonsten keine weiteren Probleme mit ihr hat.

In den USA soll es bereits zwischen 1000 und 2000 geklonten Rindern, die hautsächlich von den Firmen Viagen und Cyagra hergestellt werden. Geld machen die Firmen einerseits mit Züchtern, die ihre Top-Tiere vervielfältigen wollen um mit ihnen weiterzuzüchten. Die Welt berichtete darüber vor Ort bereits vor einem Jahr. Andererseits werden verdiente “Unterhaltungstiere” wie der Rodeo-Stier Houdini (rechts), aber auch Rennpferde und Haustiere geklont.

Haustierklonen rechnete sich nicht mal in den USADas Haustier-Business scheint allerdings noch nicht wirklich zu florieren. Die Firma “Genetic Savings & Clone” in Kalifornien, das für 30.000 $ Lieblingshunde und -katzen klonte, mußte bereits 2006 wieder schließen. Angeblich waren die gelieferten Klone den Originalen nicht ähnlich genug. Da halfen selbst Sonderangebote nicht mehr weiter.

Schließlich spielen Klone in der Forschung und pharmazeutischen Produktion eine Rolle: Zum einen sollen “Tiermodelle”, an denen Experimente durchgeführt werden können, möglichst optimal standardisiert werden. Zum anderen sollen Tiere, die gentechnisch so manipuliert wurden, dass sie bestimmte pharmazeutisch wertvolle Stoffe etwa in ihrer Milch produzieren, geklont werden, um den seltenen Erfolg der gentechnischen Manipulation zu erhalten. Allerdings ist auch diese Sparte bisher nicht vom erfolg verwöhnt. Die Firma PPL Therapeutics, die 1996 die Klonierung von Dolly finanziert hatte, ist mittlerweile geschlossen. Die Firma GTC Biotherapeutics hat die bislang einzige Lizenz zur Produktion einer Arznei in der Milch geklonter Ziegen.

Widerstand gegen geklonte Tiere regt sich übrigens auch in den USA

Nicht schlecht: Die Antwort der Grünen

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