vonEva C. Schweitzer 11.10.2009

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Irgendwie muss es in die amerikanische DNA integriert sein, sich zum Preisrichter über alles auf der Welt aufzuschwingen. Ganz Amerika diskutiert darüber, ob Barack Obama wirklich den Friedensnobelpreis hätte bekommen sollen, oder nicht, oder wer sonst. Dass dies ein wenig verfrüht war, ist keine Frage — Guantanamo ist noch offen, es gibt nach wie vor geheime CIA-Foltercamps, Truppen stehen in Afghanistan und Irak, und der Krieg gegen den Iran ist noch nicht vom Tisch — aber diese Besserwisserei vom grünen Tisch wirkt trotzdem komisch.

Die New York Times hat dem Thema heute fast ihre ganze Kommentarseite gewidmet. So druckte sie einen Kommentar ihres mittlerweile verstorbenen Chefredakteurs A.M. Rosenthal nach, wonach es ein Fehler gewesen war, der Friedensnobelpreis 1990 an Michael Gorbatschov zu vergeben. Statt dessen hätte einer der unbekannten Toten aus dem Gulag geehrt werden sollen. Gut, immerhin ein Fortschritt; als Stalin noch am Ruder war, rechtfertigte Times-Korrespondent Walter Duranty dessen Massenmorde mit der unsterblichen Zeile, man könne kein Omelett machen, ohne ein paar Eier zu zerbrechen.

Andererseits, nach der Rosenthalschen Logik müsste der Friedensnobelpreis in diesem Jahr nicht an Obama gehen, sondern an Cindy Sheehan. Das dürfte noch ein wenig dauern.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009, Taschenbuch, 9,95 €

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