vonKarim El-Gawhary 22.06.2010

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Ich kann mich noch sehr gut an ein paar Tage im Sommer im südirakischen Basra erinnern. Es war in den ersten Wochen nach dem Einmarsch der Amerikaner. Wir Journalisten konnten damals erstmals seit Saddams Zeiten frei im Land umherreisen. Basra im Sommer war die Hölle. Temperaturen um die 50 Grad und fast den ganzen Tag kein Strom, keine Klimaanlage, noch nicht einmal ein Ventilator. Wir saßen im Hotelzimmer abends als schließlich für wenige Stunden der Strom kam. Die dortige Air Condition hatte einen digitalen Temperaturmesser. Wir waren in Feierstimmung, als der Kompressor mit einigen Rumpeln schließlich begann zu arbeiten. Laut der Anzeige hatte es im Zimmer 47 Grad. Jedes Grad, dass das Gerät den Raum herunterkühlte, begrüßten wir mit einem Jubeln. Bei 37 Grad war der Zauber vorbei. Der Strom war wieder ausgefallen.

Warum ich das alles erzähle?

Iraker protestieren gegen Stromausfälle:AP via taz

Das war vor sieben Jahren in einem vom Kriegen und von Saddams Misswirtschaft zerstörten Land. Well – guess what …. Viel hat sich seitdem nicht geändert. Heute ist der irakische Elektrizitätsminister Karim Waheed zurückgetreten.

Drei Tage lang waren die Menschen in der Affenhitze in Basra auf die Strasse gegangen um gegen die Stromausfälle zu protestieren. Am Samstag waren dabei zwei Menschen umgekommen, als die Polizei in die Menge schoss. Zwei tote Menschen, die nichts anderes wollten, als das, was in Deutschland, Österreich und der Schweiz selbstverständlich ist: dass Strom aus der Steckdose kommt.

In weiten Teilen des Irak gibt es bis heute nur sechs Stunden Strom am Tag und viele Iraker geben einen guten Teil ihres Einkommens aus, um private Generatoren zu unterhalten. Besonders dramatisch ist die Lage im Sommer bei Temperaturen um die 50 Grad.

Der Skandal in Basra ist: dort liegen einer der größten Ölvorkommen der Welt. An Energie mangelt es also nicht. Sieben Jahre lang haben es die amerikanischen und britischen Besatzer und die heutige irakische Regierung es nicht geschafft in der zweitgrößten Stadt des Irak ein funktionierendes Elektrizitätsnetz aufzubauen. Ein echtes Armutszeugnis.

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