Was in den letzten Jahren sehr emphatisch als hart erkämpfte Erkenntnis gefeiert wurde – die Abhängigkeit unseres Lebens und Wirtschaftens von den Naturbedingungen – tritt erneut in den Hintergrund. Denkt man daran zurück, wodurch das Bewusstsein der Klimakrise wachgerüttelt wurde, kann man sagen: es war die Einsicht in die Voraussetzung einer funktionierenden Natur für alle weiteren, sozialen und politischen Prozesse. Die Einsicht, dass der Kapitalismus, als intrinsischer Teil des politischen Liberalismus, diese Reihenfolge vergessen hat, dass er also nicht im luftleeren Raum operiert, sondern zehrt und angewiesen darauf ist, was die Natur an die Hand gibt. Nicht aber nur vergessen hat der Kapitalismus diese seine (unsere) Anhängigkeit, er hat mehr noch in hundertjähriger Naturausbeutung schrittweise seine eigenen Voraussetzungen zerstört – er hat sich sozusagen sattgefressen an der Natur, ohne auf die Konsequenzen seines Hungers zu Blicken.
Der politische Diskurs der Klimakrise ist nun ein Diskurs, der nach den Grenzen des Kapitalismus im Hinblick auf die regenerativen Möglichkeiten und Grenzen der Natur fragt. Damit ist er, als politischer, natürlich auch einer, der versucht, diese Naturgrenzen politisch in die Produktion und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens einzutragen. Genauer gesagt zielt der institutionelle politische Diskurs auf die Selbstbegrenzung der Ökonomie und Politik durch Politik zugunsten der Natur als Voraussetzung der Gesellschaft.
Was wir aber seit dem Konflikt mit oder durch Russland zu sehen bekommen, ist ein erneutes Zurückstellen von Klimafragen hinter Erhaltungsfragen der Gesellschaft. So mutig die Regierung begonnen hat das Krisenszenario der Natur in die Mitte der Politik für eine neue Gesellschaft zu stellen, so sehr wird nun wieder das Klimakrisenbewusstsein politischen Erfordernissen nachgestellt. Ob und wie sich unsere Gesellschaft erhält, wird nicht mehr in Bezug auf das Klima beantwortet, sondern kreist erneut um sie selbst – im Hinblick auf eine Abhängigkeit von Russland, sind es politische Fragen, aus denen ein Umgang mit ökonomischen Naturbezügen abgeleitet werden. Im Denken um unsere Naturbedingungen haben wir uns gerade ein paar Jahrzehnte rückwärts bewegt…