Die These, dass die Demokratisierung Afghanistans gescheitert ist, scheint zunehmend anerkannt zu werden – neben Merkel haben das nun viele andere betont. Natürlich wurde das Scheitern der Demokratisierung schon die letzten zwanzig Jahre immer wieder diskutiert und mag sich gerade, mit einem großen Knall, bewahrheitet haben. Was dabei aber gleichzeitig klar und irritierend ist, ist der Versuch, das allgemeine Scheitern vor allem an den Taliban festzumachen.
Es ist offensichtlich, dass die Taliban dem Versuchen einer demokratischen Regierungsform jetzt ein Ende bereitet haben (bzw. sie wurden in die Position gebracht das zu tun). Und es ist recht unstrittig, dass es die Taliban gewesen sind, die in den letzten zwanzig Jahren den Kernwiderstand gegen diese Demokratisierung führten, dass also die meisten Kriegshandlungen sich zwischen West-kräften und den Taliban abgespielt haben (abgesehen der Zivilopfer natürlich).
Wenn aber die Taliban derart im Zentrum des Geschehens stehen, kann man auch sagen: die >Demokratisierung< ist viel weniger am afghanischen Volk oder an den gesellschaftlichen Verhältnissen gescheitert, sondern eben und vor allem an den Taliban. Damit kommt man freilich zu einer etwas anderen Einschätzung der Lage. Hier ist dann nicht die Demokratisierung insgesamt oder prinzipiell gescheitert, sie ist nicht insgesamt und von vornherein unmöglich gewesen, sondern wurde durch eine sehr hartnäckige Gruppe von Saboteuren effektiv torpediert.
Das macht in vielerlei Hinsicht einen Unterschied zur starken These, wie sie derzeit oft anklingt: Demokratisierung ist schlichtweg unmöglich gewesen. Denkt man sich die Taliban weg (auch wenn sie natürlich Realität sind), hätte die Demokratisierung womöglich recht gute Chancen gehabt.
