Plötzlich ist Mercosur wieder auf dem Tisch. Warum? Deutsche Wirtschaftskrise? Deutsche Initiative?
Das Freihandelsabkommen hat Sprengstoff… in vielen Hinsichten.
Kann es die EU vereinen oder sie vielmehr teilen? Von der Leyen wurde jedenfalls von Macron nicht zur Notre Dame Einweihung empfangen.
Was impliziert Mercosur genauer? Vorteile? Probleme?
Die Agrarindustrie ist besorgt; in Frankreich vor allem, aber auch in Deutschland: Viele Landwirtschaftsimporte würden hierherkommen, so die Sorge. Ist diese Sorge am Platz? Sollten sich die Landwirte nicht neuen Wirtschaftsoptionen zuwenden … und z.B. Hanf statt Mais anbauen?
Vielleicht ginge es uns ja trotzdem allen besser. So wird das Freihandelsabkommen verkauft: Größere Märkte, mehr Optionen, die jeweiligen Vorteile nutzen usw.
Aber: Verlieren wir nicht Schlüsselindustrien in Deutschland, in der EU? Kann der Agrarsektor als Schlüsselindustrie gelten?
Wir machen uns doch nun so viele Gedanken um Schlüsselindustrien… in diesen irgendwie auch postglobalen, neonationalen Zeiten. Machen wir uns also nicht abhängig in dem Augenblick, in man auf problematische Abhängigkeiten z.B. in der Pharma- und Chipindustrie reagieren und diese Industrien national oder europäisch (re)integrieren wollte?
Vielleicht gelten die Länder Südamerikas ja als Freunde, nicht als Feinde. Dann gölten Postglobalität und Neonationalismus hier weniger. Und auch, wenn die Demokratien dort nicht optimal funktionieren (was heißt schon optimal), so kennen wir den Weg des kleineren Übels: Stichwörter: Öl, Aserbaidschan.
Ach ja, warum eigentlich nicht; oder doch nicht? Kleineres Übel – macht das eigentlich Sinn? Vielleicht.
Und schließlich müssen wir, Deutschland, auch mal etwas loswerden von dem, was wir herstellen. Unsere Autos, die wir gerne nach China geben würden, dort aber nicht mehr so richtig gewollt werden, brauchen eine Destination. Was machen wir also mit diesen Dingen? Das kleinere Übel bietet sich an: Wir geben sie nach Südamerika – ein Partner, dem das noch nützt. Und uns nützt es auch.
Warum dann aber die Rede vom kleineren Übel? Ist es überhaupt ein Übel? Es hakt doch nicht bei Mercosur z.B. bei Klimafragen? Wenn man in der EU den Verbrennermotor reduzieren und damit das Klima schützen kann, dann muss es doch zum kleineren Übel gehören, oder überhaupt kein Übel sein, ihn anderswo ein bisschen länger am Leben zu halten, oder? Hauptsache, wir sind ein Vorbild, das zeigt, wie es geht. Das ist die Richtung, langfristig valide. Eine Win-win Situation. Jedem politischen Anspruch wird Rechnung getragen.
Ähnlich ist es mit dem hin und her Schiffen der vielen Waren durch Mercosur. Das muss man dann wohl machen, auch wenn das nicht so gut für das Klima ist. Aber wir machen ja was für das Klima und man muss schließlich leben. Schöpferische Zerstörung, nur besser als früher, umweltbewusster.
Natürlich brauchen größere Märkte auch mehr Platz, d.h. mehr Produktionsfläche, um die Nachfrage zu stillen. Die Landwirtschaftsflächen, die in Europa ungenutzt bleiben, werden dann vielleicht durch weitere Abtragungen des Regenwaldes komplementär ergänzt. Auch das aber können wir kompensieren, oder? Wir kümmern uns dann hier um den Artenschutz, legen neue Moore an und produzieren im kleinen Rahmen biologisch-ökologisch einwandfreie Nahrungsmittel für die bürgerliche Mitte.
Das ist ja etwas… Oder auch nicht.