vonAchmed Khammas 30.12.2006

Der Datenscheich

Erneuerbare Energie, Science Fiction, Technikarchäologie und Naher Osten – verifiziert, subversiv, authentisch.

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Nach seiner Hinrichtung – falls es überhaupt der ‘echte’ Saddam gewesen ist – scheint genügend von ihm wieder inkarniert zu sein, um den Kampf gegen die Aggressoren und Besatzer weiterzuführen:029 saddam recorder emad hajjaj.jpg

(Mit Dank an Emad Hajjaj)

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kommentare

  • Mörder in den Roben der Richter

    Ich bin gegen die Todesstrafe.

    Ohne wenn und aber und ohne jede Ausnahme, auch im Fall eines Menschenschlächters wie Saddam Hussein oder seinen nordamerikanischen Förderer und Helfer.

    Es gibt viele Menschen, die sich gegen die Todesstrafe aussprechen, oder gegen die Folter oder gegen…………… aus den unterschiedlichsten Gründen, das reicht von Mitleid, über Glaubentabus, bis hin zu der Möglichkeit der Vermeidung eines Justizirrtums, oder wie Eva Schweitzer im New York blog zum Fall Saddam schrieb: „……wegen der Vernichtung von Beweismitteln“.

    Ich möchte aber einen Schritt weiter gehen. Ich spreche JEDER Gesellschaft das Recht ab, über das Leben eines einzelnen Menschen, einer Gruppe oder der Bevölkerung eines anderen Staates, einer anderen Kultur oder einer anderen Ethnie zu entscheiden.

    Die meisten Gesellschaften haben sich heute in einem Staat organisiert, bevorzugt wird das Modell eines “Nationalstaates”. Das war lange Zeit historisch etwas Neues, aber auch der Nationalstaat ist schon wieder ein Auslaufmodell. Doch wie auch immer sich eine Gesellschaft organisiert, ob als Demokratie, Monarchie, Oligarchie, Plutokratie, Theokratie, Arbeiterparadies oder als staatenloser Nomadenstamm, ich, el patio, spreche ihr das Recht ab zu töten.

    Das heißt, ich spreche jeder Gesellschaft das ihr übertragene Gewaltmonopol ab, „mit dem Recht“ über das Leben jedes Einzelnen in der jeweiligen Gesellschaft oder in anderen Gesellschaften zu entscheiden.

    Dabei ist es für mich vollkommen gleichgültig, wie diese Gesellschaft ihr Recht zu töten begründet, ob als im Namen des Volkes demokratisch ausgeübtes Recht, oder als von Gott verliehenes Recht, ob als Recht zur Verhinderung größeren Unrechts, ob durch Wahlen erlangtes oder durch göttliches “salben und krönen” legitimiertes Recht.

    Mir geht es um die grundsätzliche Anmaßung einer Gesellschaft, das Recht zum Töten für sich in Anspruch zu nehmen. Individuelle Tötungsdelikte kann eine Gesellschaft nicht verhindern, aber sie kann sie, durch eine andere Kultur, minimieren.

    Es gab sehr hochstehende gewaltfreie Kulturen, die matriarchalisch organisiert waren, keine Waffen kannten und das Tötungstabu wahrten, die letzte mir bekannte derartige Kultur wurde auf dieser Insel vor 500 Jahren von den Spaniern ausgelöscht.

    Da unsere “Vergangenheit” genau so eine Projektion ist wie unsere ” Zukunft”, wird unsere Geschichte immer den Interessen der jeweils herrschenden Eliten angepaßt.

    “Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer das Jetzt kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit”. George Orwell 1984

    Die Interpretation des biblischen Sündenfalls ist für mich die Scheidelinie.

    Da das Bewußtsein von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt ist und bleibt, so lange überhaupt Menschen existieren* (1) haben wir es hier mit einem Fall von biblischem Brainwashington zu tun.

    Es läßt sich nämlich auch eine ganz andere “Wahrheit ?” aus diesem Sündenfall lesen, auch diese Wahrheit steht im Einklang mit der Wurzelbedeutung der Worte, die uns überliefert wurden.

    Nach dieser Übersetzung ging es um den Kampf zwischen “matriarchalischem Denken”, einem Bewußtsein, das den Menschen, genauer DAS LEBEN in den Mittelpunkt eben dieses Denkens stellt, und “patriarchalischem Denken”, also einem Bewußtsein, das bereit ist Leben zu opfern und dafür DIE MACHT über andere Menschen zu legitimieren.

    Noch deutlicher wird das bei der Übersetzung der Geschichte von Kain und Abel.

    Die Leute Abel waren “Hirten”, nur der Begriff, den wir heute als “Hirte” lesen, beschrieb damals das “Führerprinzip”. Das Bild des guten Hirten, mit seiner Herde von Gläubigen, wird sehr häufig im alten Testament bemüht, diese Linie setzt sich über Jesus, die Apostel, bis zum Papst fort. Keiner käme auf die Idee, diesen „guten Hirten“ mit Schafzüchter zu übersetzen, und keiner würde heute diese Lämmer Gottes, also die gläubige Gemeinde, mit Viehherde übersetzen.

    Warum also dann beim „Brudermord?“

    Die Leute Kain hingegen dienten der Adamah.

    In der hebräischen Sprache wird die weibliche Form eines Wortes häufig durch die Anfügung des Konsonanten „h“ gebildet. Wie bei isch und ischah, Adam wäre danach Mann, Mensch und Adamah wäre Frau, Menschin.

    Die Leute mit dem “Führerprinzip” opferten aus “ihrer” Herde, sie kannten nicht, oder nicht mehr, das Tabu des Tötens, ihre Götter verlangten nach Macht und Blut. Als die Leute Kain jetzt daran gingen sich zu wehren, und ebenfalls bereit waren das Töten zu enttabuisieren und es zu lernen,* (2) wurden sie von der “adamah” verstoßen und trugen ab jetzt das Kainsmal. Aber trotzdem durfte die Todesstrafe an ihnen nicht vollstreckt werden, und sie bauten die ersten Städte.

    Die “Führerkultur” setzte sich durch, die Priesterkönige nannten sich “Hirten”. Die matriarchalische Kultur, die Kultur der adamah, in der das Leben im Zentrum des Denkens stand, wurde im Sinne der neuen herrschenden Klasse uminterpretiert, nicht mehr das Leben, sondern das Streben nach Macht wurde jetzt göttlich abgesegnet.

    Schrift und Sprache waren noch „neu“, es standen damals noch nicht so viele Worte zur Verfügung wie heute, deshalb läßt sich die “Urversion ????” noch immer aus den Texten rauslesen.

    Vor einigen Jahren habe ich mich mal damit beschäftigt. Der hiesige Nationalheld auf unserer Insel, Guarocuya, den die Mönche Enriquillo nannten, stand vor dem gleichen Problem, wie die Menschen Kain, die der adamah dienten, als sie auf die Menschen Abel trafen. Sein Volk, die Tainos waren matriarchalisch geprägt, sie waren unfähig Leben zu vernichten, ihr Bewußtsein stand dem entgegen, es war nicht in ihrem „Gedacht werden“ verankert, bei ihnen galt das Tötungstabu, auch gegenüber ihren Feinden.

    Nur für Enriquillo bestand dieses Tabu nicht. Er wurde von spanischen Priestern im Franzikanerkloster Convento San Francisco erzogen, in einer anderen Kultur und mit anderen Tabus. Sein Bewußtsein formte sich in einer katholischen Gesellschaft. So konnte er seinem Volk das Töten lehren. Der 14 jährigen Befreiungskampf der Tainos, organisiert von Enriquillo, war aussichtslos. Am Ende, nach 30 Jahren Besatzungsmacht, 1492 bis 1522 andere Quellen schreiben auch 1532, sollen von den über 1 Million Tainos noch ganze 500 gelebt haben.

    Die dem Gemetzel entkommenen Tainos verbanden sich danach mit entlaufenen Sklaven. Diese Afrikaner übernahmen die Verehrung der letzten Königin der Tainos, lebten weiter in der Tradition der weibliche Erbfolge und übernahmen auch die Sprache der Tainos. So hat ihre Geschichte und ihre Sprache überlebt.

    Diese Entwicklung, die Diskussion von der „Gewalt gegen Sachen“ bis hin zur Aufhebung des Tötungstabus, habe ich ab dem 2. Juni 1967, nach der Demonstration gegen den persischen Schah und den tödlichen Schüssen des Polizisten Karl Heinz Kurras auf den Studenten Benno Ohnesorg, in Berlin “hautnah” miterlebt. Die Wut über die Gewalt der Macht führte zur RAF.

    Aber diese Diskussion wurde schon in alttestamentarischen Zeiten geführt. Es wird Zeit, daß wir wieder die Kontrolle über unserer Vergangenheit übernehmen, denn sonst werden wir keine Zukunft haben.

    El Patio

    *(1) Karl Marx, Die deutsche Ideologie, 1. Teil (1845/1846)
    *(2) Spiegel Titel: Die Deutschen müssen das Töten lernen

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    Der Datenscheich:  JA!

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