vonHans Cousto 28.11.2014

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Derzeit kursieren auf dem Schwarzmarkt vermehrt extrem hoch dosierte Ecstasy-Pillen, die zum Teil mehr als 200 mg Wirkstoff (3,4-Methylendioxymethylamphetamin-Hydrochlorid; MDMA-HCL) enthalten. Eine Pille enthält sogar 300 mg MDMA-HCL. Die maximale Dosierung für einen gesunden Körper liegt beim Faktor Körpergewicht mal 1,5. Das Ergebnis ergibt die Menge der maximalen Dosierung in mg MDMA-HCL. Zum Beispiel bei 60 kg Körpergewicht (Formel: 60 x 1.5 mg = 90 mg) liegt die maximale Dosierung bei 90 mg MDMA-HCL. Es sei hier betont, dass auch eine geringere Dosierung (75 mg bis 80 mg) bei einer 60 kg schweren Person eine intensive Wirkung entfalten kann.

Extrem hoch dosierte Ecstasy-Pillen
Abbildung 1 zeigt drei extrem hoch dosierte Ecstasy-Pillen, die im November in Zürich getestet wurden. Die Pille links mit dem Logo „WiFi“ enthält 238,4 mg MDMA-HCL, die Pille in der Mitte mit dem Logo „Burger King“ enthält 300,0 mg MDMA-HCL und die Pille rechts mit dem Logo „Heineken“ enthält 244,1 mg MDMA-HCL.

Drug-Checking und Pill-Testing

Drug-Checking ist eine Interventionsstrategie zur Erhaltung der Gesundheit, da die genaue Kenntnis von Dosierung und Wirkstoffzusammensetzung einer Droge den potentiellen Gebrauchern derselben das objektiv bestehende Gefahrenpotential vergegenwärtigt und somit eine klare Grundlage für die subjektive Risikoabschätzung vor der eventuellen Einnahme schafft. Drug-Checking fördert somit den Lernprozes zu einem verträglichen Risikomanagement.

Beim Drug-Checking werden Partydrogen im Labor qualitativ und quantitativ auf Wirkstoffgehalte und auf die Gesundheit gefährdende Verunreinigungen hin getestet, um im Falle des Auftauchens extrem gefährlicher Schwarzmarktprodukte die Konsumenten mit einer entsprechenden Warnung zu informieren z.B. durch Flugblätter (Flyer) oder durch Publikation im Internet (saferparty, checkit) oder auch durch für mobile Geräte optimierte Warnungstools. Drug-Checking ist ein Instrumentarium zum Schutz von Gesundheit und Leben.

Da bei den ersten Drug-Checking-Programmen vornehmlich Ecstasy-Pillen analysiert wurden, hat sich auch der Begriff Pill-Testing eingebürgert. Heute werden beim Drug-Checking nicht nur Pillen, sondern oft auch Pulver und manchmal auch Flüssigkeiten und Pappen zur Analyse eingereicht. Somit ist Drug-Checking ein Oberbegriff für Drug-Testing.

Ähnliche Pillen mit unterschiedlichen Wirkstoffmengen

Pillen, die auf den ersten Blick fast gleich aussehen, können unterschiedliche Wirkstoffe wie auch unterschiedliche Wirkstoffmengen enthalten. Beispielsweise wurden im Zeitraum August bis November 2014 in Wien und in Zürich orange Pillen mit dem Logo „WiFi“ analysiert. Die festgestellte Wirkstoffmenge lag einmal bei 196 mg, einmal bei 218 mg und einmal bei 238,4 mg. Von der äußeren Erscheinung unterscheiden sich die drei Pillen nur minimal, in der Größe nur um Bruchteile von einem Millimeter. Es gibt also keine Gewähr, dass ähnlich oder gar gleich aussehende Pillen eine ähnliche oder gar gleiche Wirkstoffart respektive Wirkstoffmenge enthalten. Deshalb sollte aus jeder neuen Charge eine Probe entnommen werden und zur Analytik gebracht werden, damit man sich sicher sein kann, dass keine unerwarteten Substanzen in den Pillen enthalten sind.

Drei verschiedene WiFi-Pillen Abbildung 2 zeigt die drei hoch dosierten Pillen mit dem Logo „WiFi, die in den Monaten August bis November in Wien und in Zürich analysiert wurden.

Die in der folgenden Abbildung gezeigten Pillen, die wie kleine Goldbarren aussehen, sind europaweit im Umlauf. Sie tauchten auf verschiedenen Open Airs in Norddeutschland wie auch in Berlin und in Hamburg auf und wurden von den Konsumenten als sehr stark beschrieben.

Ecstasy-Pillen mit dem Logo "Gold" (Goldbarren)

Abbildung 3 zeigt zwei gold-gelbe Pillen mit den Logo „Gold“. Auf der Rückseite, die mit einer Bruchrille versehen ist, befindet sich die Prägung „199,9 mg“. Die im August in Zürich getestete Pille enthielt 166,5 mg MDMA-HCL, die im September in Wien getestete Pille enthielt 217 mg MDMA-HCL.

Anhaltender Trend: Zunahme der Wirkstoffmengen

In der Schweiz stieg der durchschnittliche Wirkstoffgehalt in Ecstasy-Pillen seit dem Jahr 2009 von 72,1 mg MDMA-HCL auf heute 113,2 mg MDMA-HCL um weit mehr als 50 Prozent. In der folgenden Abbildung ist die Zeitreihe der Wirkstoffmengen für die Jahre 2007 bis 2014 (Januar bis Juni), die in Ecstasy-Pillen nachgewiesen wurden, dargestellt. Im Jahr 2009 enthielten über 60 Prozent der Proben weniger als 80 mg Wirkstoff, heute sind es weniger als 20 Prozent der Proben, die so niedrig dosiert sind.

DIZ-Ergebnisse der Analysen von Ecstasy-Pillen Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse der Analysen von Ecstasy-Pillen, die im Drogeninformationszentrum (DIZ) in Zürich zur Untersuchung abgegeben wurden, als Zeitreihe von 2007 bis Juni 2014.

In Deutschland ist gemäß Bundeskriminalamt (BKA) in den letzten fünf Jahren der durchschnittliche Wirkstoffgehalt in von der Polizei beschlagnahmten Ecstasy-Pillen um mehr als 80 Prozent gestiegen, von 59 mg MDMA-HCL im Jahr 2009 auf 108 mg MDMA-HCL im Jahr 2013. Damit lag in der BKA-Statistik der Wirkstoffgehalt im letzten Jahr höher als in allen Jahren zuvor seit 1995. Bei den in den Jahren 1995 und 1996  von Eve & Rave Berlin untersuchten Proben lag die durchschnittliche Dosierung jedoch noch höher. Im Jahr 1995 lag diese bei 114,9 mg MDMA-HCL und im Jahr 1996 bei 109,4 mg MDMA-HCL. Bei den beschlagnahmten Pillen lagen die entsprechenden Werte in diesen Jahren bei 91 mg respektive bei 87 mg, wie in der unten stehenden Abbildung zu sehen ist.

BKA-Ergebnisse zum MDMA-Gehalt in Ecstasy-Pillen (Angaben für MDMA-HCL) Abbildung 5 zeigt die vom BKA ermittelten durchschnittlichen MDMA-Gehalte in beschlagnahmten Ecstasy-Pillen als Zeitreihe von 1995 bis 2013. Das BKA veröffentlicht die Werte als Base berechnet, in dieser Abbildung sind sie als Hydrochlorid angegeben, um ein Vergleich mit den Daten aus Österreich und der Schweiz zu erleichtern. 100 mg MDMA-Base entsprechen 118,9 mg MDMA-HCL. Das BKA veröffentlichte früher die Zahlen in dem jährlich erschienenen „Rauschgiftjahresbericht“, seit ein paar Jahren werden diese Daten im jährlich erscheinenden „DBDD-Jahresbericht“, der von der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht herausgegeben wird, publiziert.

In Österreich und in der Schweiz gibt es nicht nur mobiles Drug-Checking vor Ort auf Partys, sondern auch stationäres Drug-Checking, wo man zu bestimmten Zeiten Pillen, Pappen und Pulver wie auch Flüssigkeiten zur Untersuchung abgeben kann. In Deutschland verhindert die Politik seit September 1996 solche Maßnahmen zur Schadensminderung. An den folgenden Adressen können Proben zur Analyse abgegeben werden.

Innsbruck, Österreich
Zentrum für Jugendarbeit Z6

Dreiheiligenstraße 9
6020 Innsbruck

Jeden Montag, von 17:30 – 20:30 Uhr, haben Konsumenten von Partydrogen die Möglichkeit, kostenlos und vertraulich Substanzen zur Testung abzugeben. Diese werden im Labor des Instituts für Gerichtliche Medizin auf ihre qualitative und quantitative Zusammensetzung hin überprüft. Das Abgeben der Substanzen zur Testung hat keinerlei rechtliche Konsequenzen.

Zürich, Schweiz
DIZ
Konradstr. 1
8005 Zürich

Jeweils Dienstags können im Drogeninformationszentrum zwischen 17.30 und 20.30 Uhr Substanzen zur Analyse abgegeben werden. Im Unterschied zum mobilen Drug Checking werden die Substanzen nicht gleich vor Ort analysiert. Das Resultat kann deshalb erst am Freitagnachmittag ab 16.00 Uhr telefonisch oder per E-Mail abgefragt werden. Aus rechtlichen Gründen dürfen keine Proben per Post angenommen werden.

Bern, Schweiz
dib+

Speichergasse 8, 3011 Bern
Jeden Mittwochs von 18 bis 20 Uhr
Das dib+ in Bern ist eine Kontaktstelle für Konsumierende von Partydrogen, die neben Substanzinformation auch Beratung und Drug Checking (Substanzanalyse/Drogentests) anbietet. Das dib+ arbeitet mit dem Kantonsapothekeramt Bern zusammen, welches für die Analyse der Substanzen zuständig ist. Ein Besuch im dib+ ist anonym und kostenlos.
Vergl. hierzu Artikel vom 9. Januar 2015 in diesem Blog: Tödliche Superman-Pillen im Umlauf

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