Das Café Global im Haus der Kulturen ist voll am Samstagabend, die Leute sitzen schon auf der Treppe, ich auf dem Boden an der Steckdose. Der eine Unfried, der Peter, liest zunächst aus seinem Buch „Öko“. Das Publikum mit Rotwein-Gläsern in der Hand lacht schon.
Es geht um Klischees, Alt-Ökos. Das ist der Start für It’s only Öko-Rock-’n‘-Roll, but I like it. „Wer hat Ökosex gelesen?“, fragt der gleich singende andere Unfried, der Martin. Viele Hände gehen hoch. Das ist Publikumsaktivierung. Ökosex, das ist „die einzige Kolumne mit einer Band“.
Es geht los. Akustik-Gitarre! Clap your Hands! „Kein Strom von Eon“. Protest-Songs für die Generation 2.0, denn „heute brauchen wir andere Prostestsongs“. „Kein Strom von RWE, kein Strom von Vattenfall, Baby“. Das Publikum klatscht. Der Sound erinnert mich an diese vielen Songs, in denen irgendwann „nananana“ auftaucht. Alle machen mit. Fette Stimmung. Die Köpfe nicken rhythmisch hin und her.
Zwischen den Songs werden Power-Point-Folien mit Vorschlägen für ein besseres Öko-Leben gezeigt. „Ach Gott, die Eisbären“. Wir erfahren etwas über Martin Unfrieds Ökosex-Mobil, erhalten Infos über Energiesparlampen und den Hinweis, dass es um Komplexiätsreduktion geht. „Wenn die Leute was wollen, dann kaufen sie es“. Es kann nicht immer die Kosten-Nutzen-Kalkulation im Vodergrund stehen.
Nein, die Emotionen müssen einfach stimmen. Und wo sie stimmen, da wird gekauft. Der singende Unfried erzählt ein paar Anekdoten von der Nachhaltigkeitspreisverleihung. Und das ist auch schon der nächste Übergang zum nächsten musikalischen Act: „Annie Lennox said to me: it’s sustainability“. Wieder muss ich überlegen, an was mich der Sound erinnernt. Ist so eine Singer-Songwriter-Nummer.
Wo sind die Biotreibstoffgegner? „Ich fahr mit Pflanzenöl, aber nur kaltgepresst“. Das ist die Country-Nummer. Vor mir wippen schon ein paar Füße. Der lesende Unfried sitzt cool auf dem Stuhl, der andere Unfried singt jetzt energisch ins Mikro. Ja, es ist ein bisschen so wie beim Funny van Dannen-Konzert. Um mich herum Lachen und freudige Gesichter. Ökotainment bringt gute Stimmung und ist mal was anderes als die klassiche Wissensvermittlung. Ich finde ja, wir brauchen viel mehr solcher Formate mit Entertainment- und Humorfaktor!
„Keine Macht für niemand, das kann man heute nicht mehr singen“. Doooooch! tönt es aus dem Publikum. Südamerikanisch geht es nun weiter. „Mach es wahr. Scheinewerfen am Bauzahn der Nachfrage. Oah, ah, mach es wahr, mach es wahr, mach es wahr. Sei erneuer- erneuerbaaar. Mit Blumen im Haar“. Kurz hat der Martin seinen Text vergessen, zu „Vattenknall bei Vattenfall“. So ein Kongress ist ja auch nicht alle Tage, da kann man auch schon mal aufgeregt sein.
„Heidi Klum wird nur von den Falschen gesponsort“, sagt der gerade noch singende Unfried, „wie die meisten deutschen Promis“. Er schlägt eine „Agentur für Klimaschutzgefühle“ vor. Ein Ökotestimonial könnte ja auch Wolfgang Clement sein. Eine Frau aus dem Publikum singt schon leise mit. Der nächste Song ist eher so ne Ballade. „Dream, dream, dream“.
Das war es. Langes Klatschen. Das Publikum will mehr. Ja, Zugabe! Buh, nein, nicht aufhören! Wir wollen mehr. Mehr Ökosex und Rock’n’Roll. Als Einstimmung für die nächste Bundestagswahl gibt’s nochmal: „Kein Strom von Eon, von RWE, von Vattenfall, Baby“. Und jetzt singt das taz-Publikum kräftig mit. Die Unfrieds bekommen zum Abschluss noch eine tazpresso-Tasche mit einer Blume drin. „Es war schön, die Leser mal gesehen zu haben!“, sagt der singende Unfried. Und den gibt’s in Berlin demnächst auch nochmal live zu sehen. Und zwar am 8. Mai.