Mit dem Live-Ticker haben wir in den vergangenen zwei Jahren ein sehr taz-typisches Format aufgelegt, das immer besser von unsern Online-Userinnen und Usern angenommen wird. Dabei berichten wir in Echtzeit von Großereignissen der sozialen Bewegung – von Aktionen gegen Naziaufmärschen über die 1. Mai-Demonstrationen bis hin zu den Stuttgart 21-Protesten.
Anfangen hat dieses Format vor zwei Jahren bei den Castor-Protesten im Wendland. Am vergangenen Wochenende haben wir dort für dieses Format einen neuen Standard gesetzt: Mit zeitweise bis zu 12 Reportern vor Ort und insgesamt 6 Kollegen in der Zentrale ist es uns gelungen, 100 Stunden lang rund um die Uhr alles Wissenswerte von den Aktionen gegen den Castor zusammenzutragen.
Die Resonanz unserer Leserinnen und Leser war überwältigend, wir wurden überhäuft mit fast durchweg positiven Zuschriften: Viele Abonnentinnen und Genossen freuten sich, an den Protesten im Wendland über den Ticker teilhaben zu können. Viele Aktivisten im Wendland waren froh, stets informiert zu sein, denn kein anderes Medium berichtete so umfassend und zuverlässig wie wir. Selbst die allgegenwärtige Polizei las bei uns nach.
Normalerweise werden Journalisten im Wendland misstrauisch beäugt, oft auch die Kollegen der taz. Als „Wirtschaft und Umwelt“-Ressortleiter Malte Kreutzfeldt im Verlauf der Sitzblockade hungrig war und sich nach langem Anstehen bei der mobilen Pizzabäckerei der Blockierer vorsichtig erkundigte, ob denn Journalisten auch etwas zu Essen bekämen, wurde er gefragt, für wen er denn schreibe. Als er erklärte, er arbeite für den taz-Live-Ticker, hellte sich die Miene des Pizzabäckers sichtbar auf: „Da hättest Du Dich doch nicht so lange anstellen müssen!“
Was nicht heißt, dass wir nicht stets darauf geachtet haben, in dem Live-Ticker auch die Polizei und Befürworter des Atom-Transportes zu Wort kommen zu lassen. Wir hatten den Ehrgeiz, das gesamte Bild zu zeichnen. Die User von taz.de haben das geschätzt: Insgesamt 850.000 Mal wurde der Liveticker während der fünf Protesttage aufgerufen. Noch nie wurde ein Beitrag auf taz.de auch nur annähernd so oft geklickt.
Das brachte auch taz.de als Ganzes nach vorn: Am Montag (8.11.) hatten wir insgesamt erstmals mehr als 1,5 Millionen Zugriffe auf die gesamte Website. Das ist dreimal so viel wie an einem normalen Montag – und ebenfalls Rekord.
Die Zahl der Zugriffe brachte unsere Technik allerdings an ihre Grenzen: In Nachtschichten programmierten Admins und Webmaster neue Routinen, um den Live-Ticker auch wirklich ausliefern zu können. Zwischenzeitlich mussten wir sogar unsere Kommentarfunktion abschalten, damit die Website nicht zusammenbricht.
Und auch drei Tage nach dem Transport sind die Zugriffe immer noch deutlich höher als zuvor – offenbar haben wir ein paar neue Fans gewonnen.
Damit schreibt der Live-Ticker eine insgesamt positive Entwicklung fort: Seit wir vor dreieinhalb Jahren eine Onlineredaktion gegründet haben, konnten wir die Besuche auf taz.de mehr als verdoppeln – und das, ohne nennenswerte Verluste bei unseren Zeitungslesern zu erleiden.
Inzwischen erreichen wir mit taz.de eine Millionen Menschen im Monat (so genannte „unique users“). Zum Vergleich: bei der Zeitung sind es etwa 580.000. Und diese beiden Kreise überschneiden sich nur zu kleineren Teilen. So gelingt es uns inzwischen, wohl mehr Menschen mit der taz zu erreichen als jemals zuvor.
Matthias Urbach ist Leiter von taz.de
Also,ich war total begeistert vo euren Liveberichten-Castor,die „grossen-medien“koennen sich an euch mal ein Beispiel nehmen,bitte weiter so