von 03.02.2015

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Von Sebastian Heiser

In der vergangenen Woche hat die Huffington Post einen Artikel über die Bezahlung von Praktikanten veröffentlicht. Die Autorin Sinah Edhofer beklagt sich über „all die Unternehmen, die Leute Vollzeit für ein Arschloch-Drecks-Praktikumsgehalt arbeiten lassen und dann noch erwarten, dass man schön lächelt und Danke sagt“. Als Beispiel wird der ORF genannt, der seinen Praktikanten 700 Euro zahlt.

Die freie Journalistin Sara Weber wirft der Huffington Post nun „Heuchlerei“ vor und schreibt in ihrem Blog: „Wenn Medienunternehmen Praktikanten für wenig Geld bei sich arbeiten lassen und sich dann beschweren, dass Praktikanten nicht gut genug bezahlt werden, drängen sich Sprüche über Glashäuser und Steine auf.“

Ich kann den Vorwurf der Heuchelei an die Journalisten der Huffington Post nicht nachvollziehen. Ich bin übrigens auch so ein Journalist. Ich fand Praktikanten-Gehälter, die nicht existenzsichernd sind, immer schon ungerecht. Auch als Praktikant bei der taz, als ich 200 Euro im Monat bekommen habe. Und ab dem Tag, an dem ich als Festangestellter bei der taz anfange, soll ich diese Ausbeutung plötzlich toll finden? Hallo, gehts noch?!? Ich will gerne weiter darüber schreiben dürfen, was ich denke: Dass das sehr unbefriedigend ist und zu sozialer Selektion führt.

Wenn Journalisten in ihren Artikeln nur noch die Meinungen vertreten dürften, die kohärent zu den Positionen und Handlungen ihres Unternehmensvorstandes sind, würde das bedeuten: Gewerkschaftspositionen kämen wohl nicht mehr vor, statt dessen nur noch die Positionen von Unternehmensbesitzern und Arbeitgeberverbänden. Wie froh bin ich, dass es so nicht ist und dass wir aus dem Glashaus mit Steinen werfen dürfen. Ich finde: Wir sollten sogar!

Sebastian Heiser ist Redakteur in der Berlin-Redaktion

taz-Praktikantin Lea Deuber antwortet: Redakteure sind Teil des Systems

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https://blogs.taz.de/hausblog/wer-im-glashaus-sitzt-sollte-mit-steinen-werfen/

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kommentare

  • … und wenn derjenige dann mit dem Steinewerfen angefangen hat bzw. womöglich beim Steinesammeln unterbrochen und entdeckt wurde, meine These, wird zurückgeworfen.

    Ich hoffe, Sie schreiben ein Buch über die taz, Sebastian Heiser. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie irrational aus Motiven wie Machtgewinn, Karriereeifer oder fehlendem Unrechtsbewusstsein heraus handelten. Wenn denn stimmt, was Ihnen vorgeworfen wird.

    Ich meine, ich las oft ihre Artikel. Ich meine, Ihren Charakter etwas kennen gelernt zu haben. So wie auch bei anderen taz-Journalisten. Margarete Stokowski würde nie eine Erniedrigung einer Frau in ihrem Blickfeld zulassen. Maik Söhler würde nie seine Karriere über das Wohl seiner Familie stellen. Claudia Prösser würde sich nie von Fundamentalist*nnen ;) egal welcher Religion einlullen lassen. Und Sie, Herr Heiser, behandeln ihre Mitmenschen gut.

    Sie waren es, der gleich zu Beginn der harten Flüchtlingsproteste am Brandenburger Tor den Finger in die zugeeiterte Wunde christliche Nächstenliebe legten. Sie argumentierten in bissiger Sprache gegen weitere Gentrifizierung in Kreuzberg und Neukölln. Sie deckten die korrupten Machenschaften des amtierenden Deutsche Bank-Chef auf. Sie setzten sich in Kommentaren für einen besseren Datenschutz von uns Berlinern bei den Behörden ein, Stichwort Melderegisterauskünfte. Das ganze Bild, das die Berichterstattung verschiedener Medien über den Fall Keyblogging destilliert, verwirrt mich. Es passt nicht. Bitte tun Sie eines Tages, worin Sie so gut sind: die komplizierte Geschichte unter Hinzunahme von verschiedenen Blickwinkeln allgemeinverständlich erzählen.

  • Das Prinzip mag stimmen, aber sollte eine Zeitung wie die Taz die Huffington Post zum Vorbild nehmen?

    Im Gegensatz zur Huffington Post steht die Taz für soziale Rücksicht und Engagement.

    Wenn Sie ihre Grundsätze nicht in die Tat umsetzen, kann ich ja gleich die Süddeutsche lesen.

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