„Im Osten gibts doch nur noch Windkraft und Neonazis,“ befürchten allzu viele, die derzeit ihre Kurzurlaube planen. Und nicht wenige hoffen, dass letztere bald gegen die ersteren antreten werden, „damit da noch mal was Vernünftiges draus wird“ – aus den Fünf Neuen Ländern, Ostelbien früher genannt. Die taz würde in dem Falle die Windkraftanlagen (WKAs zärtlich von ihr genannt) wahrscheinlich gegen die Faschisten verteidigen. Als Aushilfshausmeister frage ich mich aber eher: Warum hat die taz noch keine alternative Energieversorgung auf ihrem Dach oder im Keller? Zwar wechselte sie irgendwann von dem miesen schwedischen Stromkonzern Vattenfall zu „Lichtblick“ – dem laut Eigenwerbung „größten unabhängigen Ökostromversorger in Deutschland“, der sich nicht nur da draußen um den ganzen „Regenwald“ kümmert (und 3.110.762,9 Quadratmeter bisher schützte), sondern nach innen (also hier im Haus) auch mit „einfachen Rechnungen“ operiert. Aber die volle energetische Autonomie ist das noch nicht. Um an dieser Stelle für eine WKA auf dem taz-Dach, zwei Meter höher als das dämliche Logogeflacker auf dem Springerhochhaus, zu werben, wo bis jetzt nur die rotgrüne taz-Fahne mit -Kralle weht und rote und gelbe Moose bzw. Flechten (die übrigens aus Algen und Pilzen bestehen, die sich zusammengetan haben) gedeihen, möchte ich kurz die WKA-Karriere des Ostlers Steffen Gäde rekapitulieren – und was daraus inzwischen geworden ist:
Steffen Gäde machte 1991 seinen „Facharbeiter für Pflanzenproduktion mit Abitur“ in einer LPG bei Jüterbog. Kurz danach mußte er zur Bundeswehr und anschließend war er arbeitslos. Nur jeweils im Sommer arbeitete er als Erntehelfer bei einem Bauern in Dithmarschen. „In der DDR war der Weg festgelegt gewesen, jetzt mußte ich mir selbst was überlegen.“ In der Prignitz gründete sich derweil ein Verein für dezentrale Energieförderung. „Wie funktioniert das mit Windkraftanlagen in Brandenburg?“ fragte Steffen den Vereinsmitarbeiter Gerd Großer – und der spulte dann auch gleich sein ganzes Wissen darüber ab, obwohl er dachte: „Dieser arbeitslose Jung-Traktorist kann ja doch nichts damit anfangen.“ Steffen hatte bereits eine Windkraftanlage bei seinem Dithmarscher Bauern kennengelernt, der hatte ihm jedoch entschieden abgeraten: „Das funktioniert nicht im Binnenland.“ Ende 1991 wurde in der Prignitz die erste WKA aufgestellt, sie bewies in der Folgezeit, daß sich auch in Brandenburg Windenergie produzieren ließ. „Es gab dann ein Rieseninteresse an Windkraft. Ich hatte mir da schon einen Standort für die Windmühle ausgekuckt: auf dem Bennsberg in der Nähe, wo ich wohne.“ Die inzwischen in der Prignitz gegründete Gesellschaft für Projektmanagement Zopf GmbH fing sogleich an, die Anträge für ihn zu stellen: Bei der Preussen-Elektra-Tochter „Märkische Energie-Versorgungs-AG (MEVAG) einen Antrag auf Netzanschluß. Und beim Umweltministerium in Potsdam einen Fördermittelantrag: „Das ist im Prinzip eine Subvention des Landes.“ Ferner kümmerte sich Steffen Gäde um eine Bauvoranfrage bei der unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises und um Bundeszuschüsse aus dem „Projekt 250 Megawatt Wind“. Außerdem mußte noch ein Standort-Gutachten beigebracht werden, sowie ein ornithologisches Gutachten und ein Windgutachten, das die Zopf GmbH selbst erstellte.
„Ich hatte sehr viel Idealismus, und mit der Aussicht, daß es vielleicht doch klappen könnte, wurden auch alle Widerstände überwunden.“ Weil ihm keine märkische Bank einen Kredit geben wollte, ging Steffen Gäde zu seinem Dithmarscher Bauern und mit dem zu dessen Commerzbankfiliale in Brunsbüttel. Zwischendurch arbeitete er auch noch zwei Wochen bei einem Bioreisbauern in den japanischen Alpen – das Reisegeld hatte er sich zuvor bei seinem Dithmarscher Bauern verdient. Er entschied sich dann für eine WKA der Firma Vestas – mit einem Turm aus Stahlsegmenten, einer Naben- Höhe von 53 Metern, einem Rotor-Durchmesser von 39 Metern, mit 500 Kilowatt Nennleistung und einem durch das Standort-Windgutachten errechneten Jahres- Energieertrag von 720.000 Kilowattstunden (KWH). Die Anlage kostete 1994 insgesamt 1,07 Millionen DM. Die MEVAG zahlte 1996 gemäß des Energieeinspeisungsgesetzes 17,21 Pfennig pro KWH. Die Landesförderung, die 30% der Gesamtkosten betragen sollte, es waren dann jedoch nur 26,7% bzw. 297.000 DM, setzte die Commerzbank anstelle des fehlenden Eigenkapitals ein. „Als frischgebackerner Student ohne Bafög und ohne Einkünfte sollten wenigstens meine Eltern eine 250.000 DM Bürgschaft übernehmen, was sie dann auch taten. Hinzu kam noch zur Sicherheit die Eintragung einer Grunddienstbarkeit ins Grundbuch des Land-Eigentümers.“ Steffen war nur Pächter.
Im März 1995 wurde die Anlage aufgebaut und ging ans Netz. Seitdem läuft sie – „und zwar in der von Vestas angegebenen Verfügbarkeit von 98%. Der Wassermühlenbesitzer Gerd Grosser meinte, nachdem Steffen Gäde auf diese Weise Windmüller geworden war: „Nie hätte ich gedacht, daß er das schaffen würde, wo selbst ich, der ununterbrochen die Windenergie propagierte, das nicht ernsthaft in Angriff genommen hatte“. 1999 beendete Steffen Gäde sein Studium in Rostock „Landeskunde und Umweltschutz“ und nahm einen Job als Mess- und Prüfingenieur bei der Firma Wind-Consult an, wo er Wind- und Ertragsprognosen für Windenergieanlagen sowie auch Windpotentialstudien erstellte. Zwei Jahre später kündigte er und absolvierte eine Ausbildung zum Projektmanager. Dann erwarb er ein Haus in einem Dorf bei Rostock, machte sich selbständig und gründete eine Familie. Und fast die ganze Zeit verlor er seine gute Laune nicht.
Dafür änderte sich jedoch das ganze Windmühlengeschäft. Das Kapital war hellhörig geworden: In München und Stuttgart entstanden Ökofonds-Gesellschaften, die Gelder von Zahnärzten und Anwälten akquirierten und ganze Windparks planten – allerdings weniger in Baden-Württemberg und Bayern, denn da wollte man diese landschaftsverschandelnden rotierenden Türme nicht haben. Der schwäbische Ministerpräsident Teufel schimpfte: „Hier machen damit Anleger von Kapital das große Geld, vom Staat subventioniert, vom normalen Arbeitnehmer mit seinen Steuern bezahlt“. Aber auch im Osten mußte man die Bürgermeister erst einmal „überzeugen“: Die Fonds-Initiatoren argumentierten, es sei besser, die dafür ausgewiesenen Gebiete mit ganzen WKA-Clustern „aus einer Hand“ zu bestücken, als wenn da jeder, der will, eine Anlage hinstelle. Außerdem boten sie den Gemeinden kleine Geschenke an: eine Kita hier, eine Dorfplatzverschönerung da. Die Bürgermeister unterschrieben; aber dann murrten immer mehr Dorfbewohner: Sie hatten nichts davon, außer ständig diese surrenden Riesenspargel vor Augen. Einige Bürgermeister versuchten daraufhin, vom Vertrag zurückzutreten. Da kannten sie aber die Fonds-Initiatoren schlecht, die ihnen prompt eine Rechnung über 600 000 Euro schickten – für die bereits angelaufenen Planungsarbeiten. Die zumeist ehrenamtlichen Bürgermeister bekamen darob Hitzewallungen und Panikattacken – jedesmal wenn der Postbote kam. Schließlich erklärten sie sich einverstanden mit dem „Windpark“ – und schimpften dafür über ihre verstockten Dörfler.
Diese Entwicklung entspricht der aller Alternativideen: Erst wird von unten etwas durchgesetzt und wenn es profitabel gerät, springt das Kapital drauf, das aus dem Segen einen Fluch macht. Diese scheußliche Dialektik erzwingt es im Falle der WKAs geradezu, dass aus ihren schwärmerischen Befürwortern wütende Kämpfer gegen Windmühlenflügel werden. Ein „Focus“-Mitarbeiter belauschte am 4. März 2004 einen Spiegel-Journalisten und dessen Anwalt bei einem Gespräch in einer Berliner Kneipe – und machte daraus Anfang 2005 einen Artikel über sie, die er als die „Herren Haudrauf und Schreibdarüber“ bezeichnete, woraufhin der Anwalt sofort mit langen Schriftsätzen konterte, der Journalist winkte jedoch bald ab: „Ich hab keine Lust mehr zu klagen“. Die zwei besitzen jeder ein Landhaus in einem Dorf hinter Oranienburg. Dort wollte die Donaueschinger Gesellschaft EnerSys mbH , „the global leader in stored energy solutions“, eine Reihe von Windkraftanlagen errichten: „Wir bieten schlüsselfertige Windparkplanung im In- und Ausland“. Die beiden „alten Kämpen von der Öko-Front“, wie „Focus“ sie nannte, um ihnen einen Widerspruch zwischen Theorie (unermüdliche Propagierung der „Nutzung alternativer Energiequellen“) und Praxis (ein Ferienhaus unweit des „127 Meter Rotoren-Monsters“) zu unterstellen, befürchteten die Zerstörung ihrer ländlichen Idylle, damit einhergehend einen Preisverfall ihrer Immobilien – und gingen in die Offensive: Mit einem Brief an die gerade neu eingerichtete Antikorruptionsabteilung des Landeskriminalamts, die sowieso gerade nach interessanten neuen Aufgaben lechzte – und sofort die Ermittlungen aufnahm. Die beiden Absender verdächtigten die Firma EnerSys der Bestechung – nämlich ihres Bürgermeisters, damit der der Windparkplanung zustimmte.
Der EnerSys-Geschäftsführer wiederum wandte sich, nachdem er davon erfahren hatte, erbost an die Spiegel-Chefredaktion, um sich über den Spiegelmitarbeiter zu beschweren, denn der hatte nicht als Landhausbesitzer, sondern als Redakteur in seiner Strafanzeige gedroht, wir werden „sämtliche rechtlichen, propagandistischen und politischen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Planung zu Fall zu bringen. An dem nötigen know how, wie man erfolgreich politische Kampagnen führt, wird es uns dabei nicht fehlen“. Auf Initiative des Spiegeljournalisten und des Anwalts hin verweigerte der Landrat dem Windpark-Cluster erst einmal die Genehmigung. „Die Kampagne läuft weiter,“ entsetzte sich der bayrische Focus. Dann wurden die Windkraftanlagen jedoch trotzdem errichtet und in Betrieb genommen. Die beiden Anti-WKA-Kämpfer versuchen nun mit den Dingern hinter ihren Landhäusern zu leben.
Der taz-Ökologieredakteur Nick Reimer tröstete sie: Es sei doch immer noch besser, wenn Kapital in regenerative Energieprojekte fliesse – als in fossile. Anders der Spiegel: Jahrelang hatte der Reporter Harald Schumann an einem Pro-WKA-Artikel gearbeitet – aber dann erschien dort plötzlich ein böser Aufmacher über den „Windmühlenwahn“, woraufhin Schumann erbost kündigte; ihm folgte wenig später sein Kollege Gerd Rosenkranz. Zuvor war bereits ein kritischer WKA-Artikel im Ostberliner Umweltmagazin „telegraph“ veröffentlicht worden. Doch das stoppte alles nicht den Bau neuer WKAs: In Niedersachsen drehen sich inzwischen 4470 Anlagen und in Brandenburg 2180. Hier sollen bald 3000 stehen. Eine weitere „ungehemmte Zunahme“ will der CDU-Innenminister allerdings verhindern. In Wustermark traten 2005 zwei Bewohner, die sich von den 120 dort drehenden Windmühlen geradezu umzingelt fühlen, in einen unbefristeten Hungerstreik. Sie wollen damit den Bau von weiteren 55 Anlagen verhindern. Und hofften, dabei erfolgreicher zu sein als der Spiegeljournalist und der Anwalt bei Oranienburg. Viele Leute aus der Region solidarisierten sich mit ihnen: „Alle unterstützen uns, ein tolles Gefühl,“ meinte einer der zwei Hungerstreikenden, die inzwischen eine „Bürger gegen Wind Initiative“ gegründet haben und weitere Aktionen planen.
In Baden-Württemberg gibt es inzwischen neben der Regierung ebenfalls Proteste von unten gegen WKAs. Um vier Anlagen auf einem Berg bei Freiburg in Verruf zu bringen, ließen sich die Anti-WKA-Kämpfer anscheinend etwas besonderes einfallen: Jedesmal wenn sich z.B. die Presse dort einfand, lagen ein paar tote Fledermäuse zu Füßen der Windräder. Die Betreibergesellschaft Regiowind, eine Tochter des Energieversorgers Badenova und der Firma Ökostrom, konnte schließlich ihren „ungeheuren Verdacht“ (F.R.) erhärten, dass die toten Tiere dort jedesmal von „Windkraftgegnern“ hingelegt worden waren, um damit die WKAs zu diskreditieren. Der Kampf geht weiter! Selbst der Vorsitzende des Bundesverbandes Windenergie, Peter Ahmels, ein friesischer Bauer mit zwei eigenen WKAs, gibt zu bedenken: „Man darf solche Anlagen nicht gegen die Bevölkerung durchsetzen und einfach irgendwo hinstellen.“
Der Bundesverband Windenergie (BWE) vertritt – anders als in Dänemark, wo WKA-Hersteller und -Betreiber getrennt organisiert sind – alle, die irgendwie mit der Branche zu tun haben, auch Juristen, Berater etc.. Dazu gehören u.a. die beiden großen Hersteller Vestas in Husum und Enercon in Aurich, die zusammen einen WKA-Marktanteil von 70% haben. Auch bei den Fonds-Initiatoren sind die kleinen ebenso wie die ganz großen Verbandsmitglieder, von den letzteren z.B. die WPD Bremen, die WKN Husum, die GHF Leer, die auch Schiffsbeteiligungen auflegt, und das Grüne Emissionshaus Freiburg. Die meisten Mitglieder stellen die Kommanditisten und Betreiber. In Deutschland drehen sich zur Zeit 18.000 WKAs. Sie erzeugten 2004 insgesamt 25 Milliarden Kilowattstunden. Dazu kommt an regenerativen Energien noch die Wasserkraft (mit 21 Mrd kWh), die Solarenergie (3,1 Mrd kWh), und Erdwärmequellen (1,2 Mrd kWh) – jeweils in Form von Strom und Wärme. Den nach wie vor größten Brocken stellt die Biogasanlagenenergie dar, hierbei ist inzwischen eine Leistung von über 52.000 MW installiert. Die erneuerbaren Energien haben 2005 zusammen genommen schon rund 30 Millionen Tonnen CO2 eingespart, indem sie Energie aus fossilen Brennstoffen substituierten.
Bei der klassischen Energieerzeugung werden mit jeder Kilowattstunde etwa 830 Gramm CO2 produziert. Diese Unternehmen wurden deswegen 1990 verpflichtet, ihren CO2-Ausstoß bis 2008 um zunächst 12,5 % zu verringern. Das ist ihnen auch schon fast gelungen, jedoch in der Hauptsache durch Betriebsstillegungen infolge der vielen Privatisierungen seit der Wende. Seit Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls im Februar 2005 kann CO2 auch durch den Emissionshandel reduziert werden. Um nun weitere 10 Millionen Tonnen CO2 einzusparen, wurden diese Firmen Anfang 2005 verpflichtet bzw. berechtigt, mit den von ihnen produzierten CO2-Emissionen zu handeln. Dazu gab das Bundesumweltministerium kostenlos Zertifikate aus, die dem tatsächlichen CO2-Ausstoss von etwa 1800 zum Handel verpflichteten Firmen entsprach. Sie sollten durch die Neuregelung nicht schlechter gestellt werden. Allerdings sollten diese Zertifikate dann vom Staat verknappt werden und so etwa 10 Millionen Tonnen CO2 einsparen. 80% der Verschmutzungsrechte werden jedoch von den Energieversorungungsunternehmen beansprucht. Die Zertifikate werden an der Leipziger Börse gehandelt. Dort bildete sich ein Preis dafür, der sich Ende 2005 auf 22 Euro pro Tonne CO2 belief. Der Strom wurde dadurch teurer – nämlich um 1 Cent pro Kilowatt für die CO2-Zertifikate, aber es wurde dabei keine einzige Tonne CO2 eingespart!
Peter Ahmels, der Vorsitzende des Bundesverbandes Windenergie, hat diesen „Windfallprofit“ der Energieversorgungsunternehmen ausgerechnet: „Sie haben 5 Milliarden Euro mehr von den Stromverbrauchern eingenommen – ohne eine Gegenleistung, eben die CO2-Reduzierung, dafür zu erbringen. Hier ist also eine gesetzgeberische Nachbesserung dringend notwendig.“ Andersherum hat die neue Koalitionsregierung für die erneuerbaren Energieformen bereits eine neue Gesetzeslage geschaffen: Bisher konnte man Anfangs-Verluste aus WKAs mit anderen Einkommensarten verrechnen. Das ist nun nicht mehr so einfach möglich: Jetzt kann man die Verluste nur noch mit späteren Gewinnen aus dem selben (Energie-) Bereich verrechnen, das gilt auch für Schiffsbeteiligungen und Medienfonds, jedoch seltsamerweise nicht für Immobilienfonds im Ausland. „Der Bund verspricht sich davon sofortige Mehreinnahmen in Höhe von 500 Mio Euro, aber seine Intention ist mir dabei noch nicht klar,“ meint Peter Ahmels, „wir befürchten, dass nun Kapital außerhalb Deutschlands angelegt wird.“ Hinzu kommt noch, dass man die WKAs hierzulande in 16 Jahren abschreiben kann, in Dänemark dagegen schon in weniger als 5: „Deswegen verkaufen viele Fond-Initiatoren ihre Anlagen an Dänen, die damit quasi mehr anfangen können“. Dies hat im Verband zu einer gewissen Unsicherheit geführt: „Wir wissen derzeit nicht, was für ein Kapital jetzt noch Interesse an WKAs haben könnte“. Die Koalitionsvereinbarung sah darüberhinaus zunächst vor, den Bio-Kraftstoff zu besteuern, das ist jedoch wieder gestrichen worden, denn damit wäre der Ökosprit 47 Cent pro Liter teurer geworden – und nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. In der Presse wurden daraufhin Stimmen laut, die vor riesigen Raps-Monokulturen warnten. Peter Ahmels, der selber zusammen mit seinen Söhnen noch 100 Hektar bewirtschaftet und u.a. Elefantengras anbaut, sieht das nicht so: „Raps kann man nur alle vier Jahre anbauen und ein Wechsel mit Sonnenblumen, erst recht mit Soja wäre höchstens im Süden Europas möglich.“ Dennoch wird sich der Anbau von Ölfrüchten in Zukunft immer mehr lohnen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits eine Kooperation von drei Landwirten, die – mit staatlicher Förderung – eine komplette Produktionslinie vom Rapsanbau bis zur Biodiesel-Tankstelle aufgebaut haben. Als kleine Nebenlinie gibt es dort ferner noch eine laktosefreie Speiseeisproduktion auf Rapsölbasis.
In der BRD werden von der Landwirtschaft noch 17 Millionen Hektar genutzt, 5 Mio sind Grünland und 12 Mio Acker, davon werden 6,9 Mio für den Getreideanbau genutzt und 1,4 Mio für Ölfrüchte. Weil die Getreidepreise im Gegensatz zu denen für Ölfrüchte nicht steigen, könnte es hierbei zu einer Verschiebung kommen. So wie es immer mehr Bauern gibt, die reine Biodieselproduzenten werden, gibt es auch welche, die sich auf die Biogas-Gewinnung konzentrieren, wobei von Bauern gar nicht mehr die Rede sein kann, denn den Rohstoff liefern nicht mehr ihre eigenen Tierproduktionen in Form von Bioabfällen, sondern Großhändler mit Transportschiffen. Daneben schreitet auch die Solarenergiegewinnung voran. Aus der entsprechenden Forschung an der TU Berlin hat sich eine Firma herausentwickelt, die Solarpanels auf Schwefel- statt Siliziumbasis herstellen will – und dabei neuerdings mit dem schwedischen Braunkohleverstromer Vattenfall kooperiert, der sich schon mal umkucken muß, weil Schweden sich bis 2020 gänzlich von den fossilen Brennstoffen verabschieden will.
Der Solarstrom, so will es der Gesetzgeber in der BRD, muß jedes Jahr um 5% billiger werden – und Schwefel ist sehr viel billiger als Silizium, das immer knapper und damit teurer wird. Seit 2004 muß auch die Windenergie jährlich um 2% billiger werden, d.h. die WKA-Betreiber bekommen dementsprechend weniger pro Kilowatt von den Betreibern des Netzes, in das sie ihren Strom einspeisen. Diesen Verlust können sie zur Zeit noch mit größeren und höheren Anlagen kompensieren, wobei die neuen WKAs jedoch schon fast beim Maximum – 55% des Gesamtenergiegehaltes der Luft – angelangt sind. Im Koalitionsvertrag wird sich auch hierzu geäußert: Auf dem Binnenland will man das „Repowering“ fördern – also eine große WKA statt viele kleine. Erstere machen allerdings mehr Lärm, so daß dabei 500 Meter Abstand zum nächsten Wohnhaus eingehalten werden muß (bei den kleinen sind es nur 300 Meter). Unterm Strich kann damit jedoch der doppelte Ertrag mit deutlich weniger Anlagen erzeugt werden. Daneben sollen vor der Küste die Off- Shore-Projekte forciert werden. Zwar kann Peter Ahmels derzeit noch nicht einschätzen, „wie sich das politisch entwickeln wird“, aber anzunehmen ist, dass durch die Förderung von Repowering und Off-Shore-Anlagen die kleinen Betreiber langsam abgekoppelt werden, d.h. „die Investorenstruktur wird sich wahrscheinlich verändern, weil das Risiko für viele Mittelständler dabei zu groß wird“. Die Konzentration auf wenige große Kapitalgesellschaften widerspricht jedoch den Pionieren in dieser Branche, die stets mit der „dezentralen Energiegewinnung“ argumentierten. „Eine Akzeptanz für die WKAs kann es nur dort geben, wo die Leute vor Ort einen Nutzen davon haben,“ meint auch Peter Ahmels, und fügt hinzu: „Wenn nur noch Kapitalgesellschaften das Geschäft machen, geht die Akzeptanz verloren. Höchstens, dass man das noch ein bißchen mit der Gewerbesteuer ausgleichen kann. Aber die wird dort bezahlt, wo die Firma registriert ist, und in Nordfriesland gibt es bereits eine Gemeinde, die Firmen eine besonders günstige Gewerbesteuer anbietet. Damit sich die Gemeinden zukünftig um des Standortvorteils willen nicht laufend unterbieten, müßte man die Gewerbesteuer an den WKA-Standort binden, dann würden die Investitionen auch vor Ort bleiben.“ Obwohl man im Verband die Tendenz zur Zentralisierung der dezentralen Gewinnung erneuerbarer Energien sieht – auch und gerade bei den geplanten Off-Shore-Großprojekten, gibt der Friese Peter Ahmels jedoch zu bedenken, dass gerade sie der nach dem Werften-, Reederei- und Fischereisterben darniederliegenden Küstenwirtschaft „neuen Schwung“ geben werden. Das habe sogar schon der Export von Windkraftanlagen bewirkt. So verschiffen Enercon und andere Hersteller ihre WKAs für die USA über Emden, und der im emsländischen Salzbergen WKAs produzierende US-Konzern General Electric benutzt den dänischen Unterweserhafen Brake. Die Stadt Emden ist darüberhinaus inzwischen führend bei der Nutzung regenerativerEnergiequellen.
Die BRD stellt ein Drittel des Weltmarktes für WKAs dar, wobei es allerdings immer noch große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt: das reiche Baden-Württemberg genehmigt wie erwähnt kaum Anlagen, während das arme Brandenburg damit schon fast verspargelt ist. Zwei Drittel aller hier hergestellten WKAs werden inzwischen im Ausland aufgestellt – und der Exportanteil wächst kontinuierlich. Dazu wird auch die internationale Konferenz in Peking beitragen, die im Herbst 2005 auf die 2004 in Bonn abgehaltene Konferenz über erneuerbare Energien folgte. In der Pekinger Abschlußerklärung hieß es – unter Punkt 5: Aufgrund der Kostenexplosion bei den klassischen Energien ist ein Ausbau der erneuerbaren Energien dringend erforderlich. Peter Ahmels, der in Peking dabei war, meint, „das bringt eine neue Qualität in die Diskussion – das Kostenargument, das oft wichtiger ist als das Klimaschutzargument, zumindestens bei den Bürgern. Denn die kürzlichen Energiepreissteigerungen bedeuten für sie eine große Mehrbelastung.
Wenn die nächsten Ölrechnungen kommen, werden die Diskussionen um erneuerbare Energien bestimmt einen neuen Schub bekommen. Diese sind um 18 Euro aufs Jahr gerechnet teurer geworden, die klassischen Energien dagegen um 180 Euro. In einigen Teilbereichen sind die erneuerbaren Energien jetzt sogar schon billiger: z.B. Pellets (aus Elefantengras, Sägespäne etc.) zum Heizen – eine Kilowattstunde kostet damit 3,5 Cent, während man bei Verwendung von ÖL, Gas etc. erst mit 5,5 Cent dabei ist. Die Koalitionsvereinbarung trägt dem Rechnung, insofern sie den Anteil der erneuerbaren Energie am Gesamtverbrauch von 11 auf 20% ausbauen will.“ Nach Peking besuchte Peter Ahmels die „Weltwindkonferenz“ in Melbourne, von der er jedoch keine wesentlich neuen Ideen mitbrachte. Australien ist in puncto Windenergie sowieso unterentwickelt, weil es dort billige Kohle im Tagebau gibt. Eine Ausnahme ist Tasmanien, wo man 90% des Energiebedarfs aus Wasserkraftanlagen gewinnt – die restlichen zehn Prozent sollen über kurz oder lang WKAs liefern. Ähnlich ist es in der Karibik, wo die WKAs aufgrund der dortigen Windverhältnisse und wegen des teuer gewordenen Öls aus Venezuela schon jetzt billiger Strom produzieren als die klassischen Kraftwerke. Zudem macht auch die Verbesserung der WKA-Technologie rasche Fortschritte: Zum einen müssen die Anlagen heute nur noch zwei Mal im Jahr gewartet werden und zum anderen kann man nur mit ihnen inzwischen schon das Stromversorgungsnetz aufrechterhalten.
Am 15. Februar 2006 veranstaltete der Bundesverband Windenergie eine internationale Konferenz in Berlin, auf der es um die „Zukunft durch Sicherheit“ ging: Sicherheit dadurch, dass die Energieträger Sonne,Wasser und Wind weltweit zu haben sind – jederzeit und zum Nulltarif. Windkraftanlagen bieten also Rohstoffsicherheit, sie sind ferner aufgrund ihrer Dezentralität attentatssicherer als andere Kraftwerke und gewährleisten zudem eine Rund-um-die-Uhr-Stromversorgung. (Die Sicherheit, das darf ich vielleicht abschließend noch hinzufügen, ist seit jeher ein hausmeisterliches Grundanliegen – quasi.)
2014 kürzt die Bundesregierung die Fördermittel für Windkraftanlagen. im selben Jahr erscheint noch ein Kriminalroman von Maxim Leo, sein erster, in dem es um die Machenschaften beim Verkauf ostdeutscher Grundstücke geht, die dann als Windpark ausgewiesen werden. Da es sich in diesem Fall um Waldgrundstücke handelt, ist der Widerstand gegen den Bau von Windkraftanlagen am Tatort besonders groß und die Jägerschaft darüber gespalten. Leider löst Maxim Leo seinen Fall nicht in diesem Milieu auf, sondern greift auf eine Frau als Mörderin zurück, die als Jugendliche von ihren späteren Opfern vergewaltigt wurde.
Michael Sontheimer und Johannes Eisenberg haben im Dorf ihrer Sommerhäuser auch einmal gegen Windmühlenflügel gekämpft, wobei sie ebenfalls Korruption bei der Ausweisung des Geländes für die WKAs vermuteten. Leider konnten weder sie noch die Abteilung für Korruptionsfälle bei der brandenburgischen Polizei ihren Verdacht bestätigen. Dafür machte sich ein gewissenloser Focus-Klatschreporter über sie lustig. Und erst kürzlich drückte mir am Wandlitzsee die Vertreterin einer Bürgerinitiative ein Flugblatt in die Hand, in dem es darum ging, zu verhindern, dass am schönsten See Brandenburgs – dem Liepnitzsee – mitten im Liebitzwald eine Reihe von WKAs installiert wird. Auf ihrer Internetseit „pro-liebnitzwald.de“ heißt es dazu:
„Der Liepnitzwald, um den es unserer Bürgerinitiative geht, ist ein alter Buchen- und Buchenmischwald zwischen Berlin und der Schorfheide. Mittendrin befindet sich ein eiszeitlich geprägter großer Klarwasserbinnensee, der Liepnitzsee bei Wandlitz. Das für WEG vorgesehene Gebiet gehört zum Naturpark Barnim, ist Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet. Der Teil, der ohne die Folgen zu erahnen, als Zone 3 eingestuft wurde, weil er auch eine Lärmschutz- und Feinstaubfilterfunktion wegen der ihn durchschneidenden Autobahn A11 in Richtung der Seen (Liepnitzsee, Obersee, Hellsee, Bogensee, Krumme Lanke) hat, der soll mit 422 Hektar mit dem in Aufstellung befindlichen Regionalplan Uckermark-Barnims zum Windeignungsgebiet werden. Es soll also ein Wald gefällt werden, um ökologische Windenergie erzeugen zu können. Dieser Widerspruch in sich selbst ist unser Antrieb: Wir müssen diesen Irrsinn verhindern.“
Eine Stellungnahme der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V. (EGE):
„In Deutschland stehen 20.287 Windenergieanlagen (WEA, Stand 31.12.2008). Allein im letzten
Jahr kamen 866 Anlagen hinzu. Dabei steht der Ausbau der Windenergie auf See erst noch bevor.
Der bisherige Ausbau erfolgte ohne Inanspruchnahme von Waldflächen – allerdings weniger
wegen einer ausdrücklichen Entscheidung zum Schutz des Waldes. Der Wald schied vielmehr
bereits aus technischen Gründen als Standort für WEA weitgehend aus. WEA im Wald
blieben deshalb bundesweit Ausnahmen und überwiegend auf Freiflächen im Wald beschränkt.
Aufgrund der technischen Fortentwicklung und der Zunahme der Anlagenhöhe können WEA
zunehmend auch im Wald wirtschaftlich betrieben werden. Dies führt zu einem verstärkten Interesse
nicht nur der Windenergiewirtschaft an Anlagenstandorten im Wald, sondern auch der
staatlichen wie privaten Forstwirtschaft, welche hierfür Erwägungen des Klimaschutzes in den
Vordergrund stellt, sich in Wahrheit von Standortentscheidungen für WEA im Wald aber nicht
zuletzt finanzielle Vorteile verspricht. Damit rückt zumindest statistisch gesehen ein beträchtlicher
Flächenanteil Deutschlands, nämlich 31 % der Staatsfläche, in das Blickfeld der Windenergiewirtschaft,
der bisher vor der Errichtung von WEA weitgehend geschützt zu sein schien.
WEA sind technische Bauwerke, von denen aufgrund ihrer Größe, Gestalt, Rotorbewegung
und -reflexen, Sicherheitskennzeichnung mit Farbanstrichen und Licht großräumige Wirkungen
ausgehen, welche das Erscheinungsbild einer Landschaft verändern und bei großer Anzahl
und Verdichtung ganzen Regionen den Charakter einer Industrielandschaft geben können. Die
bauhöhenbedingte Dominanz der Anlagen mit Gesamthöhen von heute bis zu 180 m wird aufgrund
der Bevorzugung exponierter Standorte noch verstärkt. Bei weitem Sichtfeld oder exponierter
Lage sind die Anlagen in bis zu 10 km Entfernung und mehr noch sichtbar. Die negativen
Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind umso schwerwiegender je natürlicher oder kulturhistorisch
bedeutsamer die betroffenen Gebiete sind.
Gerade in bisher technisch nicht oder wenig beeinflussten oder kaum erschlossenen Gebieten,
zu denen generell der Wald zählt, führen Bau und Betrieb von WEA zu einer Verminderung der
natürlichen oder kulturhistorischen Eigenart und zu einem Verlust an Ungestörtheit und Ruhe
von Natur und Landschaft. Hierzu tragen auch Erschließungen, Anbindungen an das Energieleitungsnetz
und Wartungsarbeiten bei, die für Bau und Betrieb von WEA erforderlich sind.
Bau und Betrieb der Anlagen können zudem die Lebensräume bestimmter wildlebender Tierarten
zerstören oder erheblich beeinträchtigen. Für zahlreiche Vogel- und Fledermausarten besteht
überdies die Gefahr, mit den Anlagen zu kollidieren. Diese Gefahr ist bei schlechten
Sichtverhältnissen und Starkwind oder Sturm besonders hoch.“
Einen weiteren Konflikt um Windkraftanlagen meldet die Welt: „Wer es noch erleben will, muss sich beeilen. Kurt Wagenführer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Annweiler, und die Energie Südpfalz wollen auf den Kämmen des Gebirges 40 Windräder postieren. Hinzu kommen weitere 20 Windmaschinen anderer Investoren. Jede rund 200 Meter hoch, höher als der Kölner Dom.“
„Die Idee, den Pfälzerwald zu einer Energieplantage umzubauen, ist älter als zwei Jahre. Doch schon im November 2012 konnte Bernd Wallner vom Pfälzerwald-Verein vermelden, „dass sich erstmals alle zehn Umweltverbände zusammengeschlossen haben, um gemeinsam gegen die Aufstellung von Windrädern im Pfälzerwald vorzugehen“. Man rechne mit Fremdenverkehrsverlusten von bis zu 15 Prozent.“
Zu den engagierten Windkraftgegnern gehört Ernst Gerber: „Der diplomierte Kaufmann hat ausgerechnet, dass die neuen Windkraftanlagen das Wahrzeichen der ganzen Region, den Hauptturm der Barbarossaburg Trifels, um das Fünffache überragen: ‚Die Maschinen werden immer gewaltiger und immer gewalttätiger gegen Mensch und Natur.‘
Nicht nur, was die Landschaftsästhetik betrifft. Ein einziges Rotorblatt wiege 60 Tonnen und müsse auf mit Schotter befestigten Wegen quer durch die Wälder gewuchtet werden. Für jedes einzelne Windrad würden 3000 Tonnen Beton und 100 Tonnen Stahl verbaut. Um den Mastenwald der 200 Meter hohen Giganten in die unberührte Landschaft zu pflanzen, müssten 200.000 Tonnen Beton aufgewandt und 130.000 Kubikmeter Schotter herangekarrt werden – ein Materialbedarf, der nur mit 60.000 Schwerlastfuhren zu bewältigen sei.“
„Was den Geschäftsmann erbost, das ist die Vertuschung der Folgenabschätzung durch die Verwaltung. Niemand lege den Anwohnern offen, was der Preis ist, den der Biosphärenwald zu zahlen hat. Er müsse nicht nur die Verbrennungsabgase von 600.000 Liter Diesel verkraften, sondern auch noch Rodungen auf 850.000 Quadratmetern unberührter, unzerschnittener Waldfläche – für jedes einzelne Windrad 500 Quadratmeter.“
„Der Kampf gegen Windmühlenflügel ist kein Donquichottismus gegen neue Technologien, sondern in den Augen der Betroffenen Heimatwehr.“
Die FAZ meldet heute:
An Windrädern geplatzt
Viele Fledermäuse aus Nordosteuropa fallen deutschen Windkraftanlagen zum Opfer/ Von Roland Knauer
BERLIN, 9. August: Der Tod kommt im wahrsten Sinne schlagartig. „Das Innere der an Windrädern verunglückten Fledermäuse ist meist eine einzige blutige Masse“, sagt Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Weil sich die Spitzen der Rotorblätter mit einem Tempo von bis zu 300 Kilometern in der Stunde quer zum Wind bewegen, schwankt der Luftdruck dahinter enorm und zerreißt die Lungen und andere Organe einer Fledermaus, wenn sie nur in die Nähe kommt. Mindestens 200 000 Tiere lassen an deutschen Windrädern jedes Jahr ihr Leben.
„Die meisten verunglückten Fledermäuse kommen gar nicht aus der Nähe der Anlagen, sondern aus dem Nordosten Europas und aus Skandinavien“, fasst Christian Voigt das Ergebnis einer Untersuchung zusammen, die er vor kurzem mit seinen Kollegen in der Online-Ausgabe von „Biological Conservation“ veröffentlicht hat. Weil Fledermäuse viele Schadinsekten vertilgen, verursachen deutsche Windräder für diese Länder vermutlich enorme Schäden in der Agrar- und Forstwirtschaft.
Unter Windkraftanlagen in der Mecklenburgischen Seenplatte, in Brandenburg, in der Lüneburger Heide und im Saarland sammelten die Forscher die Kadaver verunglückter Tiere. „Im Durchschnitt finden meine Kollegen unter einem einzigen Windrad rund zehn Fledermäuse im Jahr“, berichtet Voigt. Bei rund 20 000 Windkraftanlagen in Deutschland wären das 200 000 tote Tiere im Jahr. „Die Zahl dürfte aber deutlich höher liegen, weil viele Opfer im Maul kleiner Raubtiere oder im Schnabel von Krähen landen, bevor wir sie finden.“
Von einigen dieser toten Fledermäuse haben die Forscher um Christian Voigt die Wasserstoff-Atome im Fell analysiert. Von diesem Element gibt es zwei Isotope. Je weiter man in Europa nach Norden kommt, umso höher liegt der Anteil des leichteren Wasserstoff-Isotops in der Natur. Fledermäuse bauen diese Isotope entsprechend den Verhältnissen im Wasser ihres Lebensraums in ihr Fell ein. Die Wasserstoff-Isotope in den Haaren verraten den Forschern ungefähr die Gegend, in der die verunglückten Fledermäuse in den vergangenen Monaten lebten.
Nur die untersuchten Zwergfledermäuse aber kamen nach dieser Isotopenanalyse aus der weiteren Umgebung der Windräder. „Die meisten Rauhautfledermäuse dagegen hatten in den Monaten vor ihrem Tod in Weißrussland und den baltischen Staaten gelebt“, berichtet Voigt. Auch die ebenfalls untersuchten Kleinen und Großen Abendsegler stammten überwiegend aus Skandinavien und Osteuropa.
Dort können diese Arten kaum überwintern, weil sie bei den häufigen Frösten in ihren Baumhöhlen erfrieren würden. Daher ziehen sie im August und September ähnlich wie viele Vogelarten in mildere Regionen und suchen sich im Westen Deutschlands, im Bodenseegebiet oder in Frankreich Winterquartiere. Da diese Arten gern viele Meter über dem Erdboden oder den Baumwipfeln fliegen, geraten sie dort leicht in die Druckschwankungen der Rotorblätter großer Windkraftanlagen.
Viele Fledermäuse werden nur sieben oder acht Jahre alt, die Weibchen bekommen jedes Jahr meist nur ein oder zwei Junge. Die deutschen Windkraftanlagen dezimieren daher die Fledermausbestände im Norden und Osten Europas stark. „Es könnte viele Jahre dauern, bis sich die Populationen von diesem Aderlass erholen“, befürchtet Voigt. „Vielleicht schaffen sie das sogar gar nicht mehr.“
Das aber bedeutet für Osteuropa und Skandinavien unter Umständen enorme wirtschaftliche Schäden in der Land- und Forstwirtschaft. „Viele Fledermäuse vertilgen große Mengen von Insekten, die sonst Maisfelder oder Wirtschaftswälder stark schädigen würden“, erklärt Voigt. In Amerika hat ein Forscher ausgerechnet, dass die Fledermäuse dort ökonomische Schäden in Höhe von vier bis 53 Milliarden Dollar verhindern. Die Energiewende in Deutschland könnte also auf Kosten der Nachbarländer gehen.
Christian Voigt präsentiert auch gleich eine Lösung des Problems: Fledermäuse ziehen meist in der Abenddämmerung für ein oder zwei Stunden. „Wenn die Rotorblätter sich also in den Zugzeiten im August und September nur in diesen beiden Stunden nicht drehen, könnten sehr viele Fledermäuse gerettet werden.“ Weil der Wind in der Abenddämmerung meist ohnehin abflaut, würde eine solche „intelligente Energiewende“ die Gewinne der Windenergiebranche kaum verringern.
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„200.000 Fledermäuse“ sollen also angeblich durch WKAs jährlich ums Leben kommen, da sie haufenweise „Schadinsekten“ verzehren, wird dadurch quasi unser ganzer Nutzpflanzenanbau gefährdet – oder so.
Wer schon früh die Studie von Donald R. Griffin über das Orientierungsvermögen von Fledermäusen – „Vom Echo zum Radar“ (1959 in der Sammlung „Natur und Wissen“ mit einem Vorwort des Zoologen Karl von Frisch erschienen)- gelesen hat, der muß diese Einschätzung der Wissenschaftler um Christian Voigt im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) Berlin bezweifeln. Schon allein um nicht völlig das Vertrauen in die „Fitness“ der Fledermäuse zu verlieren.
Zudem gilt es in Abzug zu stellen, dass Bürgerinitiativen, Naturschützer und Ökologen sowieso zum „Alarmismus“ (Klaus Hartung) neigen. In Extremfällen zur Apokalyptik. Und dies gelegentlich sogar mit „harten Fakten“ belegen.
Dazu wurde oben im blog-eintrag bereits folgende Zeitungsmeldung kolportiert:
Um vier Anlagen auf einem Berg bei Freiburg in Verruf zu bringen, ließen sich die Anti-WKA-Kämpfer anscheinend etwas besonderes einfallen: Jedesmal wenn sich z.B. die Presse dort einfand, lagen ein paar tote Fledermäuse zu Füßen der Windräder. Die Betreibergesellschaft Regiowind, eine Tochter des Energieversorgers Badenova und der Firma Ökostrom, konnte schließlich ihren “ungeheuren Verdacht” (F.R.) erhärten, dass die toten Tiere dort jedesmal von “Windkraftgegnern” hingelegt worden waren, um damit die WKAs zu diskreditieren.
Nun hat man jedoch außer ihrer Landschaftsverschandelung auch noch diesen Grund, „Windkraftgegner“ zu sein, dass diese Form der Energiegewinnung, die anfänglich von unten in Norddeutschland gegen die Stromkonzerne durchgesetzt werden mußte, inzwischen nahezu komplett in die Hände von schweinösen Anlagefonds und Konzernen in Süddeutschland geraten ist, die den Landbewohnern riesige Windkraftparks vor die Nase knallen – von denen diese nichts haben außer (ästhetischen) Ärger, Krach und einen sinkenden Wert ihrer Häuser und Grundstücke.
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In Bayern gingen die Stromkonzerne lange Zeit so weit, dass sie den Bauern die Wasserkraftanlagen in ihren Mühlbächen von Schlägertrupps zerstören ließen – weil sie das Energieversorgungsmonopol besaßen. Ähnlich eklig gingen sie dann auch gegen die ersten Windkraftbauer vor. Einer der ersten war ein Öko-Freak auf Sylt in den Siebzigerjahren. Seine Anlage war vielleicht fünf Meter hoch, und die Rotorblätter hatten 1 Meter 50 Durchmesser – jahrelang mußte er kämpfen, damit er damit seine Küche beleuchten durfte. Von Einspeisung der Windenergie in das allgemeine Stromnetz konnte und wollte er nicht einmal träumen.
Ich will damit sagen, dass die Windkraftanlagen sich von einer tollen Idee zu einer wahren Landplage entwickelt haben. Es gibt bereits fast 100 Bürgerinitiativen in Deutschland, die gegen den ihnen nächst gelegenen oder geplanten „Windpark“ kämpfen.
Als ich vor einiger Zeit einmal gegenüber dem für erneuerbare Energien zuständigen Ökonomie/Ökologie- Redakteur der taz ausfällig wurde – wegen seiner WKAfreundlichen Berichterstattung und in diesem Zusammenhang über die Schweinekonzerne schimpfte, die die gute WKA-Idee an sich gerissen und völlig versaut hätten, hielt er mir entgegen:
„Es ist doch gerade gut, wenn das Kapital sich auch mal für was Vernünftiges engagiert – statt für Waffen- und U-Bootbau oder Ähnliches.“
Es war dies ein Konflikt wie er auch schon im Haus Eigen ausgetragen wurde: Während der ehemalige Weltbank-Manager Peter Eigen für „Großprojekte“ in der Dritten Welt war, auch noch als Transparency International-Chef, setzten sich seine Frau und seine Tochter in der Entwicklungshilfe gerade für „Kleinprojekte“ ein. Es war dies ein leider nur allzu typischer Männer-Frauen- bzw. Polis-Oikos-Konflikt. Ob der Partnerwechsel von Peter Eigen zu Gesine Schwan damit zusammenhängt, vermag ich allerdings von hier aus nicht zu sagen.
Eine ähnliche Kapital-Verschweinung läßt sich inzwischen bei der Solarenergie feststellen, ich war gerade bei der Grundsteinlegung von so einer Riesen-Solarenergieanlage in der Nähe von Chemnitz, die ein reines Spekulationsobjekt von verharvardisierten BWLern aus München, Frankfurt und Berlin ist, die sich dabei eine Riesenrendite versprechen – alles andere ist ihnen scheißegal. Sie wollen lifelong-party – die puppen tanzen lassen, dafür brauchen sie laut eigener Aussage minimum 20.000 im monat. Was mit der Anlage auf einem gigantischen „Gewächshaus“ (!) mal produziert werden soll – interessiert nicht einmal die Bauherren.
Noch scheußlicher als auf den Dächern und auf „Gewächshäusern“, die ja eigentlich die Sonne innen drinne direkt und nicht über den Umweg der Verstromung nutzen sollen – sind die Riesen-Solaranlagen auf ehemaligen Ackerflächen.
Zusammen mit der erneuerbaren Energie Bio-Strom – durch landwirtschaftliche Umwandlung von Nutzpflanzen, die zu Lebensmitteln veredelt werden, in „Biomasse“, die dieses verfaulte Zeug bakteriell in Methan umwandelt – das zur Erzeugung von elektrischer Energie, zum Betrieb von Fahrzeugen oder zur Einspeisung in ein Gasversorgungsnetz eingesetzt werden kann – zusammen also mit dem massenhaften Anbau von Mais z.B., um ihn zu vergasen, sind die Solarenergie-Anlagen auf Äckern eine wirklich scheußliche Landschafts-Vernichtung.
Schlußendlich sei noch angemerkt, dass diese kapitalistische Tendenz der Verwandlung von Gold in Scheiße auch die Bio-Lebensmitteln nicht verschont. Anders gesagt: ihr Gebrauchswert wird früher oder später vom Tauschwert verschluckt werden – übrig bleibt wenig mehr als das Logo „Bio“.
Es ist richtig, dass der gesellschaftliche Zusammenhang über den Markt hergestellt wird, aber genau da treten sich nicht „Partner“, sondern Gegner gegenüber. Als ich bei den Bauern arbeitete war jeder Abnehmer ihrer Produkte ihr natürlicher Feind. Es galt, ihn zu übervorteilen – und für ihn galt das selbe.
Sehr gut hat diesen allgemeinen Beschiß, in dem das „Bio“ tendenziell bloß noch ein weiterer Trickbetrug ist, der taz-Redakteur Stefan Kuzmany recherchiert in seinem Buch „Gute Marken – Böse Marken“ – u.a. am Beispiel von Bio-Eiern, die mutmaßlich aus einem computerisierten Hühner-KZ stammen…
So weit muß man aber gar nicht gehen: Für jeden sogenannten Dienstleister (Sklaven) oder Behördenangestellten ist der Kunde der natürliche Feind. Karen Duve hat das sehr überzeugend in ihrem Roman „Taxi“ beschrieben: Für Taxifahrer ist jeder Fahrgast ein Arschloch. Ähnlich sehen das auch Kellner. So sagte z.B. einer, der im taz-café mal bediente und lange Jahre als Kellner gearbeitet hatte, solche schlimmen Gäste hätte er noch nie gehabt.
Apropos taz: Sie hat leider die Tendenz, alles aus der Sicht des Konsumenten nur noch zu sehen. Dabei sind die Produzenten und Dienstleister viel interessanter. Es gibt einen US-Reader über „Sabotage“: was allein die Pizzabäcker in ihre Produkte schmeißen, um ihren Chef und oder die Gäste zu schädigen, geht auf keine Kuhhaut.
Bei einem Bauern haben wir z.B. mal die nach dem Drillen übriggebliebenen Zentner quecksilbergebeiztes Saatgut einfach im Haufen des für die Mühle bestimmten Weizens entsorgt. Oder an die Holländer verkauftes Stroh mit dem Wasserstrahl auf das notwendige Gewicht gebracht. Solche Sachen passieren täglich – nur meist noch viel schlimmere.
Aber ich bin abgeschweift…