vonChristian Ihle & Horst Motor 26.02.2008

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Manchmal ist es beinahe erschreckend wie gründlich die aktuelle Musikszene vergangene Trends nachspielt.
Als vor einigen Jahren die Strokes den Avantgarde-Punk New Yorks von Velvet Underground bis zu den Ramones nachstellten, dauerte es nicht lange bis die ebenfalls aus dieser Szene stammenden Talking Heads erste Nachahmer fanden. Zwei, drei Jahre später war der Retropunk dann bei dessen logischem Nachfolger Post-Punk angekommen und die Talking Heads rückten immer weiter in den Vordergrund. Doch auch für die Heads war Post-Punk nur ein Zwischenschritt und in den frühen bis mittleren 80ern entwickelte sich David Byrnes Band weiter in Richtung eines World Music Ansatzes, der immer noch die Sensibilität des Punkavantgardisten atmete.

Vampire Weekend aus – na wo wohl? – New York sind nun dabei auch diese Phase der Talking Heads Geschichte nachzuspielen und dabei ist ihnen, so einfallslos das auf dem Papier klingen mag, ein hervorragendes Debütalbum gelungen.
Sie bespielen den gleichen Intellektuellen-Pop wie die Urväter um Byrne. Warum ihnen das wiederum in der Szene angekreidet wird, ist unverständlich. Als wenn Pop nur gut klingen könnte, wenn der Sänger auf der Straße lebt, Drogen nimmt und keine Ahnung von Grammatik hat!

Vampire Weekend

Der unpassende Gothic-Name ist noch der größte Fehler, den sich Vampire Weekend leisten, ansonsten reiht sich hier Hit an Hit. Jedes dieser Lieder ist gut komponiert und von einer erstaunlichen Reife für eine neue Band ohne dabei aber maniriert oder bemüht zu klingen, denn wenn sie auch nicht die Punkschnoddrigkeit der Strokes besitzen, so schimmert doch deren Lässigkeit durch. Die hervorragende Produktion, die die Feinheiten der Songs herausarbeitet ohne dabei die Kompaktheit des Pop zu verlieren, hat einen großen Anteil am Gelingen.

Nachdem Indiepop nun die letzten 6 Jahre damit beschäftigt war die Karriere der Talking Heads nachzuspielen, fragt man sich schon langsam, was als nächstes kommt, da die Talking Heads nach dieser nun von Vampire Weekend zitierten Phase ja zu – mehr oder minder – bedeutungslosen elder statesmen des Avantgardepop wurden.
Vielleicht doch mal eine neue Band als Vorbild suchen?

Anhören!
* Mansard Roof hier
* The Kids Don’t Stand A Chance
* I Stand Corrected

Im Netz:
* Homepage
* Indiepedia
* MySpace

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https://blogs.taz.de/popblog/2008/02/26/album-des-monats-januar-platz-2-vampire-weekend-vampire-weekend/

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kommentare

  • Es gibt keinen Song auf der Welt, der mich mehr an Vampire Weekend erinnert als „(Nothing But) Flowers“ der Talking Heads (aus dem 88er Album Naked). Das finde ich schon verwunderlich, wenn man hier keinerlei Bezüge erkennen will.

    Police/VampireWeekend: Police sind mir zu sehr dem White Reggae verhaftet, den ich wiederum bei Vampire Weekend nicht erkennen kann. Auch die Gitarren der frühen Police erinnern nicht gerade unweigerlich an Vampire Weekend. Ich mag aber nicht beurteilen, ob spätere Police-Werke eine größere Ähnlichkeit aufweisen, weil ich dann lieber gleich The Clash oder The Specials gehört hatte. Aber wie gesagt: kein Problem damit, Paralleln zwischen Police und VampireWeekend aufzuziehen

    Einen Punkt verstehe ich jetzt allerdings nicht: soll hier mit dem Verweis auf fehlende Talking Heads „Klone“ bestritten werden (auf die schnelle ein Beispiel: die letzten beiden (guten!) Alben von Robocop Kraus), dass die Talking Heads eine einflußreiche Band gewesen sind???

  • Interessieren würde mich brennend, wie der Talking Heads Vergleich zustande kommt. Ich höre bei dieser Band ein klassisches Police Album, aber das wolltet ihr wohl nicht wahrhaben. Stand hier ein Buch über Post-Punk in seinem Bezug auf die Talking Heads Pate? Und wo sind denn überhaupt all die Talking Heads Klone der letzten sechs Jahre? Auch Avantgardepop geht für mich anders. Sicher ist jedenfalls, dass hier weder ein Musiker noch ein Produzent sein Urteil abgibt. Das ist nicht weiter schlimm, wenige Leute verfügen über ein absolutes Gehör, aber noch weniger verstehen etwas von Komposition. Richtig albern wird es allerdings, wenn Leute aus ihrem reinen Konsumentenstatus heraus die Chuzpe besitzen, zusammengeklautes Wissen nachzuerzählen.

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