„Seit gestern weiß ich, wer die schlimmste Musik der Welt macht. Es ist mitnichten James Blunt!
Die definitiv schlimmste Musik der Welt macht der ehemalige Genesis-Gitarrist Steve Hackett. Diese unumstößliche Wahrheit wurde mir beim Betrachten einer seltsamen Musiksendung auf einem Lokal-Fernsehsender unmissverständlich klargestanzt. Gezeigt wurde ein Konzertmitschnitt Hacketts aus Hamburg.
Ich dachte, so etwas gäbe es gar nicht mehr: Auf der Bühne standen vier Menschen mit ausnehmend teurem musikalischen Gerät und spielten unglaublich aufgedunsenes Zeug, das nur aus Teilen, Betonungen, Effekten, Ohrenwischerei und Virtuositätsvorführungen bestand. Natürlich hatte der Bassist einen Fünf-Saiter, natürlich hingen um den Schlagzeuger mehr Toms herum als Dave Grohl Zähne im Mund hat und natürlich spielte der Keyboarder zu Konzertbeginn minutenlang im monochromen Bühnenlicht pseudo-klassischen Synthieflächen-Käse. Kurzum: Was hier geboten wurde, klang wie jene Sorte Musik, die gerüchteweise von bis unter die Haarmatten frustrierten Gitarrenladen-Mitarbeitern in ihrer Freizeit vollstreckt wird. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass Steve Hackett eigentlich gar keine Musik macht. Ich könnte das sogar beweisen, mir fehlt aber gerade die Zeit.
(…)
Es ist ja auch schön, festzustellen, dass es Dinge gibt, die sich allem modischen Tand zum Trotz scheinbar niemals verändern. Selbst dann, wenn es sich um Dinge eher unerfreulicher Natur handelt. Dinge wie Musiker-Musik. So lassen sich jahrelang mit Liebe und Widmung gepflegte Feindbilder aufrechterhalten. Und Feindbilder braucht der Mensch, sonst gebricht es ihm bald an Orientierung und er fährt geistig-moralisch Rolltreppe abwärts.“
(Eric Pfeil im Poptagebuch, das übrigens von der FAZ zum Rolling Stone umgezogen ist. An dieser Stelle natürlich auch noch mal die Empfehlung, das regelmäßig zu lesen, gehört Pfeil doch zu den amüsantesten und besten Musikkritikern des Landes)
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Wer es nötig hat, eine solche Dauerkolumne mit Namen „Schmähkritik“ zu betreiben, bei dem hängt die geistige Sonne eindeutig sehr tief und sein IQ bewegt sich knapp über Zimmertemperatur. Ich war am 26.04.2019 im komplett ausverkauften Stuttgarter Hegelsaal und durfte erleben, wie gestandene Mannsbilder Tränen der Freude in den Augen hatte. Standing Ovations und frenetischer Applaus waren der verdiente Lohn für einen wahren Pionier des Progressive Rock. Steve Hackett spielt jene alten Genesis-Songs, die Genesis selber schon seit der Abacab-Tour 1981 leider in die Kiste verbannten. Und er hat zum Glück bis heute nichts von seiner Fingerfertigkeit verlernt. Was sich Genesis in den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten musikalisch geleistet haben, ist ein Witz. Wer wie ich mit Trespass, Foxtrot, Nursery Crimes, Selling England By the Pound, The Lamb Lies down on Broadway oder Trick of the Tail groß geworden ist, dem ist diese unbestritten geniale Musik nun mal ans Herz gewachsen. Live dargeboten wird sie nur noch von Steve Hackett und seinen phantastischen Musikern, allen voran Roger King an den Keyboards, der es tatsächlich schafft, selbst die schwierigsten Passagen wie etwa bei Firth of Fifth originalgetreu wie einst Tony Banks zu spielen. Konzertanter Artrock auf allerhöchstem Niveau! Zu bewundern auch auf dem opulenten Werk „Genesis Revisited Live At Hammersmith“, bestehend aus 3 Audio-CDs plus 2 DVDs.
Das aus unerfindlichen Gründen zutiefst frustrierte Schreiberling-Würstchen Christian Ihle war vermutlich noch flüssig, als Genesis ab den späten 1960er-Jahren ihre erstenTriumphe feierten. Es wäre ihm zu wünschen, Steve Hackett einmal bei einem Meet & Greet persönlich zu treffen und diesen so ruhigen, höflichen und bescheidenen Superstar ein Stück weit kennenzulernen. Vielleicht würde er dann seinen Redakteursjob an den Nagel hängen, vermissen würde ihn sowieso garantiert keiner. Diese ganze Schmähkritik-Kolumne ist so überflüssig wie ein Kropf.