vonChristian Ihle 22.08.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Der Film in einem Satz:


Eine Schauspieler-Selbstbespiegelung der Marke „JCVD“ als tragisch-pathetische Rahmengeschichte mit einer Variation des „Futurologischen Kongress“ von Stanislaw Lem im Kern.


2. Darum geht‘s:


Die (reale, sich selbst spielende) Schauspielerin Robin Wright steht am Scheideweg ihrer Karriere. Trotz großer Erfolge in jungen Jahren, wie der Hauptrolle in „Forrest Gump“, ist ihr Stern verblasst, ist die Mittvierzigjährige im Studiosystem von Hollywood nur noch ihren Backcatalog wert. So geht sie auf den Vorschlag ein, sich „scannen“ zu lassen, um so als ihr jüngeres Selbst von den Filmstudios für allerhand Blockbuster eingesetzt werden zu können.
20 Jahre später ist sie dank ihres digitalen Doubles wieder ein großer Star und wird zu einem „Congress“ eingeladen – der in einer halluzinogenen Welt stattfindet. Denn 3D ist nur der Anfang, die Zukunft des Kinos liegt in Ampullen und Pillen, die wir schlucken, um uns die Filme herbeihalluzinieren. Ab hier schwenkt der Film von der realen Darstellung in eine Zeichentrickwelt und wird von einer Kritik am Starsystem zu einer großen Reise, die den Fragen Realität/Fiktion, schmutzige Wahrheit/schöne Lüge und was das Leben eigentlich lebenswert macht, nachspürt.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=NeUc1zcwG_I[/youtube]

Der israelische Regisseur Ari Folman konnte vor einigen Jahren mit dem phänomenalen Zeichnetrickfilm „Waltz With Basir“ begeistern (und hat damit auch zurecht den Sprung auf Platz 21 in unseren Dekaden-Top-50 geschafft).
Auch mit „The Congress“ ist Folman wieder ein Zeichentrickfilm nur für Erwachsene gelungen, stellt er Fragen, die in diesem Genre – zumindest im nichtasisatischen Kulturraum – nie behandelt werden.
Folmans Herangehensweise und Ambition nötigt Respekt ab und der träumerische Einfallsreichtum im animierten Teil, der an Miyazaki-Filme erinnert, beeindruckt.
Aber dennoch entwickelt „The Congress“ nie die Dringlichkeit von „Waltz With Bashir“. Die über allem schwebende Traurigkeit postuliert „The Congress“ nur, ohne sie wirklich greifbar zu machen – das gelang Richard Linklater mit seinem „Waking Life“ beispielsweise besser.



3. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer im Zweifel lieber zur schönen Halluzination als der dreckigen Wirklichkeit ja sagen würde.


* Regie: Ari Folman
* imdb

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https://blogs.taz.de/popblog/2013/08/22/fff-eroffnungsfilm-the-congress-regie-ari-folman/

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kommentare

  • Eine prinzipiell gute Geschichte, zum Teil auch virtuos gespielt, vor allem der reale 1. Teil ist prima gelungen. Danach wurde es wirr (nicht nur bunt) und vor allem: viel zu langatmig. Die links und rechts neben mir sind eingeschlafen, ein Novum.

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