vonChristian Ihle 13.02.2014

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Der Film in einem Satz:


Ein Tag und eine Nacht im Belfast der frühen 70er – kein Wunder, dass diese Ära auch den Namen “The Troubles” hat.


2. Darum geht‘s:


Der junge britische Soldat Gary wird am Ende seiner Ausbildung nicht wie erwartet nach Deutschland versetzt, sondern gleich ins heiße Wasser geworfen: Belfast, Nordirland. Die Rivalitäten zwischen katholischen Separatisten und protestantischen Loyalisten sind auf dem Siedepunkt. Belfast ähnelt Beirut.
Bereits der erste Einsatz endet im Chaos, Gary und ein Kamerad werden von ihrer Truppe getrennt, sein Kollege mit einem Kopfschuß von der IRA auf offener Straße gerichtet und Gary flieht durch die engen Gassen eines Belfasts im Ausnahmezustand.


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=u_C5zQioaGc[/youtube]


“`71” ist ein bemerkenswerter Bürgerkriegsthriller. Minimalistisch, auf einen einzigen Tag und eine Nacht konzentriert, ist das Schicksal des Jungsoldaten auf der Flucht nicht nur unheimlich spannnend, sondern mit Fortschreiten der Geschichte auch zunehmend komplexer, werden doch die anfangs so klar gezogenen Grenzen aufgelöst, kann das Leben des britischen Soldaten in einer Situation von einer IRA-Abspaltung gerettet, um direkt danach von der nächsten IRA-Sektion bedroht zu werden – und nicht anders geschieht es ihm auf “seiner” Seite, sind doch Betrug, Täuschung und eigene Opfer auch den britischen Geheimkräften Recht, so sich dadurch nur scheinbare Verhandlungsvorteile ergeben.

Im letzten Drittel bedient sich “71” dann auch fast folgerichtig einer Bild- und Tonsprache, die geradewegs aus einem Horrorfilm von John Carpenter, einem Slasher-Movie der frühen 80er kommen könnte – ohne dabei aber seine Geschichte zu verlassen oder tatsächlich in Horrormotive abzugleiten. Die Tage der “Troubles”, sie waren der Horror, will Regisseur Yann Demange sagen.


3. Der beste Moment:


Die erste Eskalation im Straßenkampf. Hier erreicht “71” eine Intensität, die sich nicht vor “Full Metal Jacket” verstecken muss. Die plötzliche, offene Hinrichtung des einen Soldaten und die folgende Flucht des anderen entwickeln eine Wucht, der man sich nicht verschließen kann.
Zudem ein Sonderlob für eine endlich mal wieder sinnvoll und mit Bedacht eingesetzt Handkamera, die das Geschehen näher bringt, ohne den Zuschauer zu verwirren.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer einen (Bürger-)Kriegsthriller gern mit einer Atmosphäre von frühen Carpenter-Filmen wie “Assault On Precinct 13” gekreuzt sehen möchte.


* Regie: Yann Demange
* imdb

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