vonDaniel Erk 01.07.2008

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In den Vereinigten Staaten ist Wahlkampf und Wahlkampf, das ist auch immer Hitlervergleichszeit. Obama ist wie Hitler? Klar doch, die Begeisterung, die die Reden hervorrufen, ganz klarer und aktueller Fall.

Nun sind Hitlervergleiche ein gleichwohl interessantes als auch bizarres Kulturphänomen, das sich vor allem in den USA  größter Beliebtheit erfreut, wie dieser hervorragende Essay im US-amerikanischen BlogStuff White People Like” hübsch seziert. Interessant an den dortigen Ausführungen ist, dass da auf die dem Hitlervergleich inhärente Bipolarität (“Menschen die ich mag” und “Menschen die wie Hitler sind”) als essentieller Bestandteil verwiesen wird. Daraus wird eine äußerst simple rhetorische, aber in ihre Beleidigungspotential effektive Falle: Wen einer A mit Hitler vergleicht und ein anderer A gut findet und entsprechend widerspricht, folgt quasi-logisch, dass der andere durch die Zustimmung von A auch Hitler zustimmt. Ein Nazi, ganz klar, ganz logisch. Und bewahre bloß, die gleiche Finte mit Stalin, Pol Pot oder Mao zu versuchen – es wird nicht funktionieren, allein deshalb, weil nur Hitler als “das Böse” (bitte in Kapitälchen vorstellen) verstanden wird. Es wird sich dagegen immer jemand finden, der Stalin oder Mao mag.

Nun sollte man hoffen, dass Godwin’s Law in einem solchen Falle auch außerhalb des Internets zu gelten habe. Im Economist wurde Godwin’s Law einmal als Regel umschrieben, nachder immer derjenige eine Diskussion verliere, der einen Hitlervergleich anstelle.

Noch eindrucksvoller allerdings fasst Jon Stewart in der “Daily Show” bereits 2005 das Wesen des Hitlervergleichs zusammen:

And the Hitlers keep on coming. Yes, Adolf Hitler, one of the worst mass-murders in all of history, has become the go-to metaphor and comparison for anyone you have a minor disagreement with.

…Here’s my point. When you compare people to Hitler, enh, you lose a little credibility.

…[P]lease stop calling people Hitler when you disagree with them. It demeans you, it demeans your opponent, and to be honest, it demeans Hitler. That guy worked too many years, too hard, to be that evil to have any Tom, Dick and Harry come along and say “Hey, you’re being Hitler.” No–You know who was Hitler? HITLER!

Das ist ebenso witzig wie einleuchtend: Das jeder Hitlervergleich, nicht nur denjenigen, der verglichen wird, erniedrigt, sondern auch den, der ihn anstellt. Und letztlich auch Hitler selbst, der sich mit jedem dahergelaufenen Heinz vergleichen lassen muss. Wer jedenfalls ernstgenommen werden will, der lässt die Finger vom Hitlervergleich.

(via/Illu (c) Ahoi Polloi/Danke, Caryl)

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