Von dem Meditierenden Max Glashoff, Präsident der Dachgesellschaft deutscher Buddhisten 1960-84, stammt der bemerkenswerte Ausspruch: »Nach langer Beschäftigung mit der Lehre des Buddha bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass ich kein Buddhist bin! Ich habe mir die Empfehlungen des Erleuchteten zur Richtschnur für mein Dasein genommen, um dem selbst geschaffenen Leiden möglichst ein Ende zu bereiten«.
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Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Da wollte einer Buddhist sein, weil er es nicht war, oder umgekehrt, er wollte Nichtbuddhist oder Unbuddhist sein, weil er Buddhist war. So etwas konnte nur Zen-Praktikern einfallen.
Meine Lehrerin dachte nach, nahm einen Schluck aus der Teetasse. Dann wandte sie sich an mich:
»In den Fragen des richtigen Weges regiert in Europa der heilige Ernst. Für Asiaten ist dieser ganze Bekenntnisfimmel – ich bin dies, ich bin das, und das da bin ich sicher nicht! – nur der Ausdruck einer grundlegenden psychischen Schwäche der westlichen Persönlichkeit«.
ICH: Was meinen Sie damit?
LEHRERIN: Wenn ich sage, ich bin dies, ich bin das, ich bin Buddhist, Taoist oder Quäker, dann handelt es sich immer um eine theoretische Formulierung, um eine reine, in der Schwebe gehaltene Illusion. Dass ich mich demonstrativ von anderen unterscheide, ist sicher kulturell und politisch da & dort notwendig. Wir erkennen damit gegenseitig unsere Zivilisiertheit an. Doch Bekenntnisse bleiben Einbildungen, die wir für den Fremdbedarf produzieren.
ICH: Für die anderen? Beziehen wir denn nicht auch Selbstachtung aus unserem Bekennertum? Drückt sich darin nicht auch das Bewusstsein der eigenen Kultur aus?
LEHRERIN: Richtig; doch zugleich behandelt wir die anderen verächtlich damit. Indem wir uns zum Konsens einer Gruppe bekennen, werten wir auch den Rest ab. Um das zu vermeiden, sprach der Buddha nur davon, dass er einen alten Weg wiederentdeckt hat. Er wollte keine neue Praxis auf die Beine gestellt haben; er sei, sagte er, nur auf einen alten, zugewachsenen Pfad gestoßen. Dieser Pfad durch den Urwald sei schon vor ihm von vielen begangen worden, von Mönchen und Nonnen, aber nicht nur von diesen, und er wird heute immer noch beschritten.
ICH: Der Namen dafür soll Schall & Rauch sein?
LEHRERIN: In der Tat, das soll er. Das wird niemand schmeicheln, besonders die organisierten Funktionäre von Gemeinschaften nicht, aber so ist es. Der Name für das, was wir tun, sei Schall & Rauch. Auf nichts anderes läuft die Verweigerung der eindeutigen Antwort von Glashoff hinaus: Bekenntnisse sind immer voreilig. Sie entwickeln einen eigenen Zauber, eine Zwangslogik gegen andere Positionen und täuschen uns über die eigene Randständigkeit hinweg. Lassen wir sie einfach fort.
© Wolfgang Koch 2012
Der Buddha hat zwar viel „Theorie“ gelehrt, aber immer Yoga/Tantra vorausgesetzt und es wurde in seinem Orden obligatorisch auch von ihm gelehrt.