In diesen heißen Tagen läuft nicht nur der Schweiß sondern auch die ein oder andere Träne der Freude. Endlich geht es mit dem Impfen voran und damit zur Normalität zurück. Also zurück zur Außengastronomie, zum Fußballfieber und den kleinen und großen Ungerechtigkeiten des Alltags. Zum Beispiel jener, dass die Freigabe der Impfpatente von Seiten Deutschlands vehement geblockt wird. Oder der, dass die Impfstoffverteilung in dieser globalen Pandemie alles andere als fair ist. Während viele Länder des globalen Südens um den Zugang zu Erstimpfungen kämpfen, sichert sich die EU schonmal eine Riesenladung von Biontech für die dritte Dosis.
Doch die Mehrheit der Bevölkerung scheint dem Fußball-Patriotismus verfallen zu sein und zählt jetzt Eigentore statt Impfungen. Die Debatte um einen effizienten und gerechten Umverteilungsplan der Impfdosen geht im Gegröle des Alltags unter.
Es hagelt mal wieder schwarz-rot-pissgelbes Konfetti und eine Menge Ignoranz.
Währenddessen ist die Lage für viele sogenannte Schwellen- und Entwicklungsländer ziemlich hart. Das zeigt sich beispielsweise an der verheerenden Impfsituation in Südafrika, das von den Ländern Afrikas am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen ist.
Schon letzten Oktober hat das Land bei der Welthandelsorganisation WTO einen Antrag zur Freigabe der Patente eingereicht (1). Auch die People’s Vaccine Alliance fordert zur Ausweitung der Produktionsstätten auf. Doch die EU stimmte beim G7-Gipfel im Juni gegen die Aussetzung des Patentschutzes. Statt einer Patentfreigabe fordert Angela Merkel den Ausbau der Produktion in den schon bestehenden Herstellerfirmen. Damit bleibt die Monopolstellung und damit eine Abhängigkeit von den europäischen Impfstoff-Exporteuren bestehen.
Als wäre dies nicht schon bitter genug, zeigen die von Südafrika eingekauften Dosen von AstraZeneca kaum Wirkung gegen die dortige Corona-Variante. Gleichzeitig muss das Land um einiges mehr für den Impfstoff zahlen als EU-Länder (2). Ähnlich ergeht es Kolumbien beim Einkauf von Moderna-Dosen (3). Von Seiten der Hersteller lautet die Erklärung für diesen enormen Preisunterschied folgendermaßen: Wer in die Entwicklung der Impfstoffe investiert hat, bekommt ihn auch billiger (4). Auf Kapitalistendeutsch: Wer viel Geld hatte, spart jetzt Geld. Wer nie Geld hatte, muss jetzt teuer zahlen.
Einen kleinen Trost soll das COVAX-Hilfsprogramm der WHO spenden. Doch auch dieses Entgegenkommen ist zum Scheitern verurteilt. Zwar kommen Geldspenden zusammen, allerdings fehlen die Impfdosen, die davon gekauft werden sollen. Geld allein macht eben noch keine Impfung.
Eine mögliche Lösung für diese Impfungerechtigkeiten wäre ein Umverteilungsplan der G7-Staaten. Laut einer Datenanalyse für Unices wäre es sogar realistisch, dass „G7-Staaten rund 150 Millionen Impfdosen abgeben, ohne ihre nationalen Impfpläne deutlich zu bremsen“ (5). Neben dieser Umverteilung muss es einen Technologie- und Wissenstransfer sowie die Freigabe der Patente geben. Das verlangt zwar Zeit, ist aber eine langfristige Lösung für diese und mögliche kommende Pandemien. Unabhängige Standorte zur Produktion eigener Impfstoffe sind hierbei unerlässlich. Dass das kein weltfremder Gedanke ist, beweisen Länder wie Brasilien, Mexiko und Indien, in denen schon potenzielle Produktionsanlagen bereitstehen.
Und seit ein paar Tagen steht fest, dass Südafrika endlich mit der ersten eigenen Produktion beginnen kann. Das Land hatte einen Vertrag mit dem Unternehmen Johnson&Johnson geschlossen, das die Grundstoffe liefern soll. Diese werden dann in Gqeberha gemischt und abgefüllt (6).
Ein erster Meilenstein auf dem Weg zu einer gerechteren Impfpolitik.
Quellen:
- https://www.deutschlandfunk.de/patente-auf-impfstoffe-wie-die-coronakrise-den-patentschutz.2897.de.html?dram:article_id=496854
- https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/suedafrika-impfungen-101.html
- https://www.dw.com/de/impfstoff-kosten-belasten-schwellenländer/a-56952524
- Auch (2)
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/124492/Appelle-vor-G7-Gipfel-Patente-zur-Impfstoffproduktion-freigeben
- https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-coronavirus-montag-209.html#Zwei-Millionen-Impfdosen-fuer-Suedafrika-offenbar-verunreinigt