vonAlexander Jeuk 21.03.2025

Alexanderplatz

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Es ist kein Geheimnis, dass das Gesundheitssystem der USA kaputt ist. Es ist teurer als jedes andere in der entwickelten Welt, und dennoch sind zig Millionen Menschen unterversichert oder ganz ohne Versicherung. Die Ergebnisse sind bestenfalls durchschnittlich, und der Verwaltungsaufwand ist ein Albtraum. Interessanterweise ist das US-amerikanische System das einzige unter den Industrieländern, das privat und marktgesteuert ist. Damit bietet es die perfekte Grundlage für einen Vergleich zwischen sozialistischer Planung und privaten Marktsystemen in ansonsten vergleichbaren Ländern.

Schauen wir uns entwickelte Länder an: Frankreich, Deutschland, das Vereinigte Königreich, Skandinavien. In diesen Ländern sind die Gesundheitssysteme entweder staatlich organisiert, stark reguliert oder basieren auf Solidaritätsmodellen. Sie geben weniger aus, versorgen mehr Menschen und erzielen bessere Ergebnisse – höhere Lebenserwartung, geringere Kindersterblichkeit, größere Patientinnenzufriedenheit. Diese Systeme sind keine Ausnahmen. Sie sind die Norm in reichen, demokratischen Gesellschaften.

Dabei geht es nicht nur darum, dass diese Systeme gerechter sind, weil sie gleichen Zugang gewähren. Es geht mir darum, dass klassische ökonomische Indikatoren – wie Kosteneffizienz, Ergebnisqualität und Zufriedenheit – eindeutig für Systeme sprechen, die im Kern sozialistisch geplant sind.

Und zwar aus genau den Gründen, die klassische sozialistische Denkerinnen anführten, als sie für die Notwendigkeit rationaler Planung oder einer umfassenden Industriepolitik plädierten – nicht zu verwechseln mit undemokratischen Befehlswirtschaften sowjetischer Prägung. Effizienz durch Skalen- und „Scope“-Effekte, verbunden mit einem System, das auf die Erbringung von Dienstleistungen statt auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, kommt der breiten Bevölkerung stärker zugute als die Logik privater Märkte.

Es ist schwer zu erkennen, warum dies nur für das Gesundheitswesen gelten sollte. Die liberale Unterscheidung zwischen öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft ist in vielen Fällen künstlich. Das Gesundheitswesen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von anderen Wirtschaftssektoren. Es gibt Anbieterinnen und Konsumentinnen, Infrastruktur, Logistik und Arbeitskräfte – genau wie im Verkehrssektor, im Wohnungsbau oder in der Industrie. Es geht um Kosten, Koordination, die Produktion medizinischer Güter und die Erbringung medizinischer Dienstleistungen.

Der einzige Grund, warum vom Gesundheitswesen als „Sonderfall“ gesprochen wird, ist, dass die negativen Effekte marktwirtschaftlicher Organisation hier besonders deutlich zutage treten. Das bedeutet aber nicht, dass das Gesundheitswesen grundsätzlich anders ist – sondern nur, dass das Versagen der Marktlogik hier schwerer zu übersehen ist.

Der Artikel ist eine Übersetzung aus dem Englischen. Das Original findest du hier.

© 2025 Alexander Jeuk für den Text. Für das Bild siehe die Bildunterschrift.

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