von 01.04.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Was die Anzeigenabteilung bei meiner verdeckten Recherche sagt

“Absolutes No-Go”, sagt der Mitarbeiter des Axel Springer Verlages in Berlin auf meine Frage, ob der Autokunde zu seiner Anzeige auch noch einen Artikel bekommt. “Darunter leidet die Glaubwürdigkeit des Titels.” Er könne sich in seiner “neunjährigen Springer-Karriere nicht erinnern, dass so etwas jemals geklappt hätte”. Alle gekauften Inhalte seien als “Anzeige” gekennzeichnet. Auch mit meinen anderen Schleichwerbungsangeboten bei Bild scheitere ich.

Verkaufsunterlagen für das Journal in Bild am Sonntag
Verkaufsunterlagen für das Journal in Bild am Sonntag
Nur im Schwesterblatt Bild am Sonntag kann ein Unternehmen “exklusiver Partner” eines achtseitigen “Journals” werden. Dort schreibt die Redaktion über Zahngesundheit, Fernreisen oder Autos, daneben erscheinen die Anzeigen eines Unternehmens. “Voraussetzung ist die Zustimmung der Chefredaktion”, heißt es in den Verkaufsunterlagen. Die Seiten werden weder als “Anzeige” noch mit einem Begriff wie “Sonderveröffentlichung” gekennzeichnet.

Was die Chefredaktion auf meine offizielle Anfrage sagt

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann sagt zur Frage, wie wichtig für die Bild-Zeitung die Trennung von redaktionellen Inhalten und Inhalten, die von Unternehmen beeinflusst werden, ist: “Das ist natürlich absolut zwingend für unsere Arbeit. Jede Anzeige muss ganz eindeutig als solche zu erkennen sein. In allen Zweifelsfällen muss ‘Anzeige’ drüber stehen. Bei uns arbeiten Redaktion und Anzeigen-Abteilung komplett getrennt voneinander. So hat die Redaktion zum Beispiel von der Bundeswehrkampagne erst über einen Bericht in der FTD erfahren. Oder ein anderer Fall: Der Anzeigenbereich hatte vor einer Weile für einen Finanzdienstleister den Volkskredit angeboten. Verbrauchschützer wiesen darauf hin, dass dies nicht der günstigste Kredit sei. Darüber haben wir dann auch auf Seite 1 berichtet.”

Und zur Frage, ob es Druck von Anzeigenkunden gibt: “Werbeagenturen kommen immer wieder auf sehr kreative Ideen, wie denn Anzeigenformate aussehen könnten, damit man sie nicht als solche erkennen kann. Wir sind bei Bild erfreulicherweise in einer hervorragenden wirtschaftlichen Situation und haben deshalb auch die Freiheit, alles ablehnen zu können, was nicht eindeutig als Anzeige erkennbar ist.”

Zur Bild am Sonntag könne Diekmann nichts sagen, weil deren Redaktion von der Bild-Redaktion getrennt sei. Ich frage also bei Bild-am-Sonntag-Chef Walter Mayer an, der folgende Stellungnahme mailt: “BILD am SONNTAG-Leser gehen, wie der moderne Medienmensch generell, souverän mit Werbung um. Wir müssen also bestimmt kein ‘Achtung hier wird Ihnen was verkauft!’-Warnschild vor jeder Anzeige aufstellen. An den Versuch einer Einflussnahme von Anzeigenkunden auf redaktionelle Inhalte kann ich mich nicht erinnern, wohl aber an den umgekehrten Fall redaktioneller Einflussnahme auf Anzeigeninhalte. Da ging es um ein Medikament aus der Pharmaindustrie. Der Text, der in der Anzeige an sehr prominenter Stelle erscheinen sollte, gefiel uns gar nicht und deshalb baten wir die Agentur, den Inhalt noch mal neu zu denken und umzuschreiben – erst danach waren wir bereit zu drucken.”

-> Zurück zur Übersicht

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/bild-zeitung/

aktuell auf taz.de

kommentare