vonMargarete Stokowski 11.10.2013

Buchmesseblog

taz-Autor*innen bloggten live von den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Ein Schmöckerladen für Buchliebhaber*innen.

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„Ich würde es auch cool finden, wenn ich jetzt meine Lederjacke anzünde“, sagt Helene Hegemann. „Mach ich aber nicht.“

 

Wer Helene Hegemann auf dem Blauen Sofa verpasst hat und hören will, wie sie über ihr neues Buch „Jage zwei Tiger“ spricht, kann das am blau-grün-orange-roten „Welt“-Stand tun.

 

Bunt und beschämend ist es hier. „Ich wollte darauf hinweisen“, sagt die Moderatorin, „dass Helene und ich uns duzen, weil wir dem Ganzen einen homestoryhaften Charakter geben wollen, nicht aus irgendwelchen anderen Gründen.“

 

Ob das Buch eine Kampfansage sei, fragt sie Helene Hegemann. Keine aufdringliche, sagt diese. „Es geht eher um Leute, die sich gegen Standards richten, ohne jemanden mit der Axt zu bedrohen.“ – „Was ist das für eine Form von Dagegensein?“ Die Moderatorin hat eine interessante Fragetechnik. Sie fragt entweder das, was Helene Hegemann gerade beantwortet hat, oder das, von dem sie gerade gesagt hat, dass sie es nicht gefragt werden will.

 

„Ich bin in so einem Frauen-Magazin von der Süddeutschen drin“, sagt Hegemann, „aber das wurde mir vorenthalten, ich wusste nicht, dass es ein Frauenheft wird.“ Sie findet es schlimm, erzählt sie, wenn junge Schriftstellerinnen über ihr Frausein befragt werden – als wenn es nichts gäbe, was man sie fragen könnte, außer wie es ist, eine Frau zu sein. „Naja, und wie ist das für dich“, fragt die Moderatorin, „wie reflektierst du das, dass du eine Frau bist?“

 

„Sag doch mal so’n bisschen, inwiefern jemand wie Tarantino für dich wichtig ist“, sagt die Moderatorin, und: „Ich hatte gehofft, dass du jetzt hier was Skandalöses sagst. Nee? Nichts?“

 

Helene Hegemann antwortet auf die merkwürdigen Fragen trotzdem interessant. Sie sagt, in ihrem Buch erzählt sie von Leuten, denen „etwas Fundamentales wegbricht“, zum Beispiel ein Unterarm. Oder die Mutter: „Da ist Kai, die Hauptfigur, dessen Mutter beim Autounfall draufgegangen ist, und der geistert dann zertrasht durch den Wald.“

 

Sie spricht über Schwächen und Scheitern, über unpassende Interviewfragen und eigenartige Interpretationen und darüber, dass ihre Sprache oft als so „authentisch“ bezeichnet wird. Dabei sei Schreiben für sie total anstrengend. „Das ist wahnsinnig schweißtreibendes Komponieren“, sagt sie, und dass es so schwierig ist, „Tradition und Anarchie zu verbinden“.

 

Sie tut einem irgendwie leid, wie sie das sagt, und es passt gut zum Motto des Buchs (ein Zitat der slowenischen Band „Laibach“):

 

„Der Jäger, der zwei Hasen jagt, verfehlt beide. Wenn du schon scheitern musst, scheitere glanzvoll, jage zwei Tiger.“

 

Jage zwei Tiger. Verbinde Tradition und Anarchie.

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https://blogs.taz.de/buchmesse/2013/10/11/irgendwas-skandaloses/

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kommentare

  • Ein guter Beitrag, danke! Wer hat das Foto geschossen? Es illustriert sehr eindrucksvoll das, worüber die Blog-Autorin schreibt. Mir tut die Helene Hegemann auch leid.

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