Beim Frühstück im Hotel erzählt Kollegin D. von ihren Beobachtungen beim morgendlichen Rauchen:
Die Sonne fällt in einem schmalen Streifen auf das Kopfsteinpflaster. Das Hotel ist in der Großen Rittergasse – das bedeutet abends Ballermann-6-Alarm, morgens hingegen eine märchenhafte Stimmung irgendwo zwischen mittelalterlichem Marktplatz und dem Disneylandbereich „This is Germany”. Schiefe Fachwerkhäuser schmiegen sich aneinander, kleine Sprossenfenster gucken verschlafen aus baufälligem Gemäuer.
Pünktlich um 8.00 Uhr wird die Straße mit Kehrfahrzeugen gereinigt. Pünktlich um 7.45 Uhr kommen mehrere Tauben, die sich in Reih und Glied aufstellen, um die Straße vor der Reinigungsmaschine nach Essbarem abzusuchen.
Zu fünft bilden sie eine Taubenpatrouille wie verzauberte Soldaten in grauen Filzmänteln und Pickelhaube. Sorgfältig, ordentlich, geradezu pedantisch säubern sie die Straße und verlassen nicht ihre stabile Fünferkette.
Kollegin D. ist schwer beeindruckt von der Disziplin der Tauben und will ihnen etwas Gutes tun. Deshalb steckt sie sich am nächsten Morgen Knäckebrot in die Jackentasche.
Einigermaßen konsterniert kommt sie in den Frühstücksraum zurück. Sie musste feststellen, dass das Säuberungskommando der Tauben offensichtlich so wenig an menschliche Güte gewöhnt ist, dass es schier geflohen ist, sobald die Knäcke-Krumen flogen.
Gudrun stürmer
Ein feiner kleiner Artikel.
Die tauben haben freundliche Aufmerksamkeit verdient.
Toll das jemand den Mut hat gegen den Strom zu schwimmen…
Gudrun stürmer
Stadttaubenprojekt Frankfurt e.V.