Die LeserInnen, die uns auffordern, in Sachen „Abmahnskandal“ doch besänftigend auf die aufgebrachte community einzuwirken, haben ja vielleicht recht. Nur fällt uns das in diesem Fall schwer, weil die taz absolut gar nichts verbrochen hat – außer eine ehemalige Kollegin, die jetzt für die ZEIT und andere Zeitungen schreibt, ein Blog schreiben zu lassen. Dafür werden wir seit dem ersten Artikel auf „Spreeblick“ in Haftung genommen – und deshalb spielt in diesem Theater jetzt neben der „Bitch of Blogospehre“ aus New York , Stefan Niggemeier als Tiefenpsychologe und Johnny Häusler als Staatsanwalt auch ein bissiger Blogwart aus der Rudi-Dutschke-Strasse mit. Der ätzt dann ein bißchen zurück und sieht auch keinen Grund zu einer inquisitorischen Abstrafung von Eva Schweitzer. Überzogene Abmahnungen mögen schlechter Stil sein, ein Verbrechen sind sie nicht. Und die taz interessiert sich für die Texte von AutorInnen und nicht dafür, ob sie das Finanzamt betrügen, den Führerschein verlieren, oder ihre persönlichen Urheberrechte und Honorarforderungen mit Anwälten durchsetzen. Update: siehe dazu den taz-Bericht „Urheberrecht im Internet: Sepzialisiert auf Textdieb-Jagd.
Und damit genug zu diesem Fall und zum Grundsätzlichen: ja, auch wir halten das Urheberrecht für reformbedürftig, und ja: eine Eindämmung des Mißbrauchs von Abmahnungen ist überfällig. Dass die taz und ihr Anwalt Jony Eisenberg den „Abmahnkönig“ Graveneuth hinter Gitter gebracht haben kann nur ein Anfang gewesen sein. Deshalb sollten sich Netzpolitiker, Piraten und die neue Justizministerin zu einem schnellen Schritt entschließen: der umgehenden Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstands“ für Internettaten. Bisher können sich Anwälte die Gerichte aussuchen, vor denen sie Klage erheben – und wählen solche, bei denen sie mit ihren überzogenen Forderungen regelmäßig durchkommen. Eine kleine Änderung der Zivilprozeßordnung, die als Gerichtsstand den Wohnsitz des Beklagten festlegt – wie bei anderen Klagen auch – würde den ärgsten Auswüchsen des Abmahnwesens umgehend die Spitze nehmen. Dazu noch eine, schon von einigen unteren Gerichten vorformulierte, moderate Anwalts-Gebühr für Serien-Abmahnungen und eine Anpassung der absurden „Tarife“, die obksure „Mittelstandsvereinigungen“ etwa für die Nutzung von Bildmaterial festglegen – und die Heuschrecken-Plage wäre auf eine erträgliche (und unvermeidliche) Zahl von Parasiten geschrumpft. Auch wenn die grundsätzlichen Fragen des Urheberrechts in Zeiten digitaler Reproduzierkarkeit damit noch nicht geklärt sind – vor den endlosen Debatten um Copyright & Copywrong und neuen Gesetzen könnte so mit ein paar kleinen Verordnungen sehr viel erreicht werden.