von 01.04.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Von Sebastian Heiser

Zusammenfassung

Bezahlte Veröffentlichungen in Zeitungen und Magazinen müssen entweder sofort durch ihr Layout als Anzeige erkennbar sein, oder deutlich mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Als „bezahlt“ gilt ein Artikel auch dann, wenn nicht der Artikel selbst bezahlt wurde, sondern stattdessen Geld als „Druckkostenzuschuss“ oder für eine Anzeige floss. Entscheidend ist die Kopplung zwischen einer Zahlung und dem Erscheinen eines Artikels. Dabei ist unerheblich, ob der Geldgeber den Artikel selbst geschrieben hat oder ob er darin erwähnt wird – es kommt darauf an, dass er dafür gezahlt hat.

Diese Rechtslage ergibt sich aus den Landespressegesetzen und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Gerichte setzen in ihren Urteilen hohe Anforderungen an die Kennzeichnung. Sie verlangen, dass der Werbecharakter für den flüchtigen Leser eines Artikels auf den ersten Blick erkennbar sein muss. Eine Erkennbarkeit erst bei genauerem Hinsehen oder nur für die Stammleser ist nicht ausreichend. Es reicht nicht, wenn bezahlten Texte sich von den unbezahlten Texten lediglich durch ihre Schriftart, Schriftgröße und die Zahl der Spalten auf einer Seite unterscheiden. Sie müssen zusätzlich als „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Eine Kennzeichnung als „Anzeigenbeilage“, „Sonderveröffentlichung“ oder „Verlagsbeilage“ reicht nicht aus. Sogar die Kennzeichnung als „Anzeige“ reicht nicht aus, wenn dieses Wort nur oben in einer Ecke auf der Seite steht und nicht deutlich mit dem bezahlten Artikel verbunden ist.

Zusätzlich haben sich Verbände der Presse und der Werbewirtschaft auch selbst Regeln zur Vermeidung von Schleichwerbung gegeben. Diese Regeln gelten nicht unmittelbar wie Gesetze, werden aber von Gerichten oft zur Auslegung herangezogen.

Was in den Gesetzen steht

In § 9 des Landespressegesetzes Berlin heißt es: „Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche (§ 7 Abs. 2 Satz 4) für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort ‚Anzeige‘ zu bezeichnen.“ Die Formulierung in den anderen Landespressegesetzen ist vergleichbar.

Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) heißt es in Paragraf 4 Nummer 3: „Unlauter handelt insbesondere, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert.“ In einem Anhang des Gesetzes heißt es: „Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind […] der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung)“.

Presserechts-Kommentar

In dem maßgeblichen Kommentar zum Presserecht („Löffler“) heißt es: „Das entscheidende Abgrenzungskriterium von positiver Wirtschaftsberichterstattung zur getarnten Werbung ist die Wettbewerbsförderungsabsicht. (…) Wettbewerbsförderungsabsicht kann ohne weiteres bejaht werden, wenn objektive Umstände vorliegen, die diese belegen. Hierzu zählen die Fälle in denen einer zur Werbung geeigneten Veröffentlichung Absprachen zu Grunde liegen, etwa in der Hoffnung auf künftige Anzeigenaufträge oder als Dank für vergangene und abgewickelte oder solche, die den Zweck haben, vorsorglich für Wohlwollen beim potentiellen Inserenten zu sorgen.“

Zur Umgehung des Wortes „Anzeige“ heißt es in dem Kommentar: „Wenn Werbungstreibende (…) versuchen, das einfach und klare Wort ‚Anzeige‘ durch immer neue verhüllende Wort-Varianten zu umgehen, so ist ein anderes Motiv als das der Tarnung ihrer entgeltlichen Werbung kaum erkennbar. Mit Recht hat die einschlägige Judikatur an der Verwendung des gesetzlich vorgeschriebenen Wortes ‚Anzeige‘ festgehalten. Zutreffend wurden typische Umgehungsausdrücke zurückgewiesen wie ‚Geschäftliche Information‘ oder ‚Wirtschaftsanzeigen-Public-Relations‘, ebenso ‚PR-Anzeige‘, ‚PR-Mitteilung‘, ‚PR-Artikel‘, ‚PR-Reportage‘, ‚PR-Advertisement‘, ‚Wirtschaftsspiegel – außer Verantwortung der Schriftleitung‘. Alle diese vielfach auch fremdsprachlichen Ausdrücke sind nicht geeignet, dem flüchtigen Durchschnittsleser alsbald die erforderliche Klarheit über den Charakter einer Veröffentlichung zu geben.“

Zur Definition des Durchschnittlesers führt der Kommentar aus, die Rechtsprechung gehe „von dem mit der betreffenden Materie nicht speziell vertrauten ‚unbefangenen‘ Durchschnittsleser aus, dem durchschnittlich informierten, situationsadäquaten, aufmersamen und verständigen Durchschnittsleser. Aus Sinn und Zweck des § 10 Landespressegesetz ergibt sich, dass der Anzeigencharakter einer Veröffentlichung für den Leser alsbald, d.h. auf den ersten Blick erkennnbar sein muss“.

Kammergericht Berlin: „Sonderveröffentlichung“ spricht eher für redaktionelle Berichterstattung
Urteil vom 30. Juni 2006, 5 U 127/05

Der Fall: Die Bild-Zeitung wirbt am 15. Februar 2005 in einer „Sonderveröffentlichung“ für das „Volks-Sparen“ bei der Deutschen Bank. Der Text erscheint auch online.

Der Kläger: Ein freier Journalist, der eine Webseite für Verbraucher zu den Themen Wirtschaft und Finanzen betreibt.

Das Kammergericht: Die Richter sehen ein Verstoß gegen das Trennungsgebot des UWG. Durch die redaktionelle Aufmachung entstehe der Eindruck redaktioneller Berichterstattung: „Mit der Schlagzeile ‚Dieser Zins bringt’s‘ und dem Herausgeber-Logo im Kopf sowie den nachfolgend kleingedruckten Artikeln gibt sich die Werbung den Anschein einer redaktionellen Zeitungsseite. Dies wird verstärkt durch zwei auf der linken Spalte abgedruckte ’neutrale‘ (redaktionelle) Artikel (zur Geschichte des Geldes und zu Sparformen der Deutschen).“ Für den Leser „liegt die Annahme nicht ganz fern, die Antragsgegnerin habe zusammen mit Prominenten das Sparangebot getestet und berichte hierüber“.

Den Hinweis, es handele sich um eine Sonderveröffentlichung, fand das Gericht eher desinformierend statt aufklärend: „Der – zudem sehr klein gehaltene – Hinweis ‚Sonderveröffentlichung‘ am oberen Rand ist ebenfalls nicht nur unzureichend, sondern verstärkt eher den Eindruck einer Sonderberichterstattung.“

Siehe auch: Das Urteil im Volltext

Bundesgerichtshof zum Begriff „Anzeigenbeilage“
Urteil vom 23. Oktober 1997, I ZR 123/95

Der Fall: Zur Internationalen Automobilausstellung erscheint in einer Zeitung die Beilage „Auto 94“, die als „Anzeigenbeilage“ gekennzeichnet ist. Darin stehen Anzeigen von Kraftfahrzeughändlern neben redaktionellen Artikeln, in denen die Fahrzeuge in durchweg positiven, manchmal sogar superlativistischen Wendungen beschrieben werden. Bezahlt wurden allein die Anzeigen, nicht die Texte.

Der Kläger: Es klagt ein Verein zur Verhinderung von Wettbewerbsverletzungen gegen die Zeitung. Er beanstandet, dass der Werbecharakter der Texte nicht direkt erkennbar sei.

Die Erwiederung: Die Zeitung erwiedert, dass ein Fall getarnter Werbung hier nicht vorliege, „da der Verbraucher in der Anzeigenbeilage keine redaktionellen Beiträge erwarte“.

LG Berlin: Das Landgericht Berlin urteilt, auch bei einer „Anzeigenbeilage“ lasse sich nicht feststellen, dass der angesprochene Leser annehme, der gesamte Inhalt der Beilage sei Anzeigenwerbung. Das gelte schon allein deshalb, weil Anzeigen und Textbeiträge unterschiedlich gestaltet seien. Auch enthalte die Beilage durchaus Sachberichte ohne werbenden Überschuß, beispielsweise den Abdruck eines Interviews mit dem Präsidenten des Verkehrsgerichtstages. Auch sei zu berücksichtigen, daß der Verbraucher im Hinblick auf die anstehende Internationale Automobilausstellung von der Beklagten sachliche Informationen erwarte. Auch reine Anzeigenblätter versuchten, ihre Akzeptanz bei den Lesern durch redaktionelle Berichte zu erhöhen.

BGH: Der Bundesgerichtshof stimmte dem zu. Die Leser seien daran gewöhnt, daß selbst Anzeigenblätter redaktionelle Beiträge enthalten, und messe einem redaktionell aufgemachten Pressetext auch eine redaktionelle Bedeutung bei. „Zudem deutet der Wortsinn der Bezeichnung ‚Anzeigenbeilage‘ allein darauf hin, daß diese Veröffentlichung mehr Anzeigen enthält, als der gewöhnliche redaktionelle Teil der Zeitung.“ Außerdem enthalte die Anzeigenbeilage mit dem Interview mit dem Präsidenten des Verkehrsgerichtstags eine typische, dem Leser ohne weiteres erkennbare redaktionelle Berichterstattung.

Es komme dabei nicht darauf an, ob die Zeitung damit den Wettbewerb der KFZ-Händler habe fördern wollen. Denn sie habe auf jeden Fall ihren eigenen Wettbewerb fördern wollen, „weil die Beklagte mit ihrer Bereitschaft, die Werbewirkung der veröffentlichten Anzeigen durch unentgeltliches Beistellen von werbenden Presseinformationen zu erhöhen, sich selbst für Inserenten als besonders attraktiv darstellt und damit ihre eigene Wettbewerbsposition zum Nachteil rechtstreuer Zeitungsverlage verbessert.“

Link: Das Urteil im Volltext

Bundesgerichtshof: Wohlbefinden in rundum gepflegter Haut
Urteil vom 3. Februar 1994, I ZR 321/91

Der Fall: In der Verlagssonderbeilage einer Zeitung erscheint unter der Überschrift „Wohlbefinden in rundum gepflegter Haut“ ein redaktionell gestalteter Beitrag über die Neueröffnung eines Kosmetikstudios mit zwei Fotos, die die Inhaberin bei ihrer Arbeit zeigen. Auf der Seite ist auch eine Eröffnungsanzeige des Studios sowie Anzeigen von Firmen, die bei der Einrichtung des Salons beteiligt waren. Der Text wurde von der Inhaberin des Studios verfasst und gemeinsam mit dem Abdruck der Anzeige in Auftrag gegeben.

Der Kläger: Eine andere Zeitung hält dies für verbotene Schleichwerbung und klagt.

Der BGH: Die Richter sehen einen Verstoß gegen das UWG. Sie begründeten das Urteil damit, „dass der beanstandete Beitrag auf einem Textvorschlag der Inhaberin des Kosmetikstudios beruht“ und außerdem „die Anzeige unmittelbar neben dem redaktionell gestalteten Beitrag veröffentlicht wurde. Schon diese Verknüpfung von redaktionellem Beitrag und Anzeigenwerbung belegt ein Verhalten, das die Feststellung trägt, der beanstandete Beitrag sei zum Zweck der Förderung fremden Wettbewerbs verfaßt. Daraus folgt für den Streitfall zugleich, dass der beanstandete Beitrag mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht zu vereinen ist. Im Bereich der Presse hält der BGH eine in redaktioneller Form erscheinende werbende Stellungnahme des Presseorgans, die – wie hier – nicht als solche erkennbar gemacht und auch nicht ohne weiteres als solche für maßgebliche Teile der Verbraucherschaft erkennbar ist, für wettbewerbsrechtlich unzulässig, weil der Verkehr einem redaktionellen Beitrag als objektiver Meinungsäußerung oder als Berichterstattung einer neutralen Redaktion größere Bedeutung beimisst und unkritischer gegenübersteht als den werbenden Behauptungen von Wettbewerbern.“

Link: Das Urteil im Volltext

Kennzeichnung als „Anzeige“ im Seitentitel unzureichend
Oberlandesgericht Stuttgart, 19. 3. 2007, 2 U 4/07

In einer Zeitung erscheinen auf Seite 8 in der oberen Hälfte mehrere redaktionell aussehende Artikel. In der unteren Hälfte erscheinen mehrere durch die Gestaltung erkennbaren Anzeigen. Seite 8 hat fünf Spalten, während der Rest der Zeitung sieben Spalten hat. Die Fotos zu den Texten zeigen Bilder der beworbenen Produkte. Oben rechts auf der Seite steht der Hinweis „Anzeigen“ über einem Stricht, der über die gesamte Seitenbreite führt. Hier die obere Hälfte der Seite:

Das OLG: Nach Ansicht der Richter sind die redaktionell aufgemachten Anzeigen nicht hinreichend als Anzeigen erkennbar. Es komme nicht auf die Layoutunterschied zu anderen Seiten an, „da eben auf Seite 8 abzustellen ist, bei deren Betrachtung sich der postulierte Unterschied nicht erschließt, ganz abgesehen davon, dass die Überschrift links und die sonstige Gestaltung den Eindruck eines redaktionellen Beitrages begründen.“ Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, „dass sich die obere, monochrom gehaltene Seitenhälfte deutlich von der unteren mit ihren farbigen Elementen der dortigen Werbeanzeigen unterscheidet“. Das Gericht ist der Ansicht, „dass vorliegend keine hinreichend deutliche Kennzeichnung erfolgt ist“. Die Bezeichnung „Anzeigen“ sei nicht ausreichend wahrzunehmen. Außerdem müsse beachtet werden, dass „der Hinweis bezogen werden kann auf die rechts stehenden zweispaltigen Anzeigen“. Die Schlussfolgerung: „Wenn in einer Zeitung untereinander mehrere redaktionell gestaltete Anzeigen veröffentlicht werden, genügt deren Kennzeichnung nur mit einem am rechten oberen Seitenrand angebrachten Hinweis ‚Anzeigen‘ nicht, um hinreichend deutlich zu machen, dass alle redaktionell gestalteten Beiträge auf dieser Seite Anzeigen sind.“

Link: Entscheidung des Oberlandesgerichtes im Volltext

Experte am Telefon
Urteil vom 23. April 2004, 8 O 31/04

Der Fall: Eine Zeitung bietet den Ärzten einer Initiative gegen Darmkrebs an, für 850 Euro eine Anzeige zu schalten. Als kostenlosen Zusatz verspricht das Blatt, über Darmkrebs zu berichten und gibt den Ärzten die Möglichkeit, dass sie die Leser beim Experten-Telefon des Blattes beraten. Bei der Ankündigung des Telefon-Termins sollen die Ärzte in der Zeitung vorgestellt werden.

Der Kläger: Eine Wettbewerbszentrale sieht einen Verstoß gegen das UWG und klagt.

Das Landgericht: Die Richter sehen einen Verstoß gegen das Trennungsgebot. „Es wird der Eindruck erweckt, diese Ärzte nähmen ohne unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse oder gar gegen Honorar an der Aktion teil. Die Täuschung wird nicht dadurch aufgehoben, dass in der Nachbereitung erkennbar wird, dass diese Ärzte zugleich Anzeigen geschaltet haben. Denn der bezweckte Erfolg, wie er auch im Angebot der Verfügungsbeklagten an die Ärzte ausdrücklich versprochen wird, liegt in der Verknüpfung mit der vorangegangenen Aufklärungskampagne.“

Landgericht Berlin: „Verlags-Sonderveröffentlichung“ reicht nicht zur Kennzeichnung
Urteil vom 12. Oktober 1993, 91 O 192/93

Der Fall: In einer Tageszeitung erscheint eine „Verlags-Sonderveröffentlichung“ mit mehreren in sich geschlossenen Seiten, auf denen Werbeanzeigen für Produkte von Unternehmen stehen und daneben redaktionelle Texte, in denen diese Produkte anpreisend beworben werden.

Das Urteil: Das LG Berlin kam zu dem Schluss, dabei handele es sich um ein Verstoß gegen das Trennungsgebot, da „die Gesamtveröffentlichung nicht ausreichend als Werbebeilage gekennzeichnet ist“.

Fundstelle: Magazindienst 1994, 324-327

Landgericht Saarbrücken: „PR-Anzeigen“ in der Kundenzeitschrift einer Brauerei
Urteil vom 6. April 1977, Aktenzeichen 7 O 128/76

Der Fall: Eine Brauerei gibt eine Kundenzeitschrift heraus, die aufgrund ihrer Aufmachung auch als solche zu erkennen ist. Auf der ersten Seite steht in einem schwarzen, rechteckigen Kasten: „Alle Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift dienen Firmen, Vereinen, öffentlichen Institutionen und Personen und sind ausnahmslos als PR-Anzeigen anzusehen.“ Einzelne Beiträge sind zusätzlich in Fettdruck als „PR-Reportage“ gekennzeichnet.

Der Kläger: Ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs klagt, weil seiner Ansicht nach Werbebeiträge für Dritte nicht deutlich als Anzeige erkennbar sind.

Das Landgericht: Die Richter urteilen, maßgeblich sei der Eindruck des unbefangenen Lesers. Dieser werde zwar erkennen, dass es sich um eine Kundenzeitschrift der Brauerei handele. Es sei daher „völlig unbedenklich“, wenn die Brauerei in den Texten für sich selbst werbe. Der Leser werde jedoch die Texte über andere Unternehmen für redaktionelle Beiträge halten und „sicher nicht erkennen, daß von dritten Firmen in der Hauszeitung für sich geworben wird“. Daran ändere auch der Hinweis auf der Titelseite nichts, schließlich „wird der Durchschnittsleser den Hinweis an dieser Stelle überlesen oder nicht richtig zu deuten vermögen, zumal ja auch in dem allgemeinen Hinweis kein spezieller Vermerk auf die werbende Drittfirma enthalten ist“. Auch die Kennzeichnung „PR-Reportage“ über einzelnen Beiträgen sei „nicht hinreichend, um bei dem unbefangenen Leser einen Irrtum auszuschließen“.

Fundstelle: WRP 1977, 523-524

Oberlandesgericht Hamm: Kennzeichnung als „Verlagssonderseite“ und „Anzeige“ reicht nicht aus
Urteil vom 2. Mai 1985, Aktenzeichen 4 U 54/85

Der Fall: In einem Anzeigenblatt erscheint mehrmals eine „Verlagssonderseite“. Darauf stehen mehrere durch die Gestaltung erkennbare Anzeigen und mehrere redaktionell aufgemachte Texte, in denen für einzelne Unternehmen geworben wird. Oben links auf der Seite steht das Wort „Anzeige“ und daneben ein waagerechter Strich, der sich über die gesamte Seite zieht. In einigen Ausgaben zieht sich der Strich auch senkrecht entlang den Seitenrändern, so dass die gesamte Seite eingerahmt ist.

Der Kläger: Ein anderes Anzeigenblatt sieht einen Verstoß gegen das Trennungsgebot, da die redaktionell aufgemachten Text nicht deutlich genug als Anzeigen erkennbar seien.

Das OLG: Nach Ansicht der Richter sind die Texte weder durch die Aufmachung als Anzeige zu erkennen, noch sei die Kennzeichnung ausreichend: „Auch die der Umstand, dass die Anzeigen auf einer Verlags-Sonderseite in einem Anzeigenblatt erschienen sind, führt nicht dazu, dass für den flüchtigen Durchschnittsleser der Charakter derartiger Veröffentlichungen allgemein als Werbeanzeigen zu erkennen ist.“

Das Gericht lässt auch das Argument nicht gelten, dass die Texte doch von vielen Anzeigen umrahmt waren, die auch unzweifelhaft als Anzeigen erkennbar waren: „Durch den Gegensatz zwischen den Werbeanzeigen und dem Textbeitrag wird gerade der Eindruck eines redaktionellen Beitrages entscheidend hervorgehoben. Diese Anordnung bewirkt also, dass der Anzeigencharakter des Textbeitrages verschleiert wird.“ Die Kennzeichnung als „Anzeige“ lediglich oben links auf der Seite sei auch nicht ausreichend. „Eine solche Kennzeichnung verlangt, dass das Wort Anzeige in einem engen räumlichen Zusammenhang mit der werbenden Veröffentlichung steht, so dass der flüchtige Durchschnittsleser dieses Wort der Anzeige auch zuordnet. (…) Bei der schwachen Stärke des Striches und der Größe der Seite kann das jedoch von dem flüchtigen Durchschnittsleser nicht wahrgenommen werden. Denn dessen Blick wird sowohl durch die in relativ großem Romat abgedruckten Werbeanzeigen sowie durch den Bild- und Textbeitrag eingefangen. Den dünnen, sämtliche Anzeigen umrahmenden Strich könnte er erst bei sehr genauer Betrachtung der gesamten Seite feststellen und in sein Bewusstsein rücken. Auf einen derart aufmerksamen und sorgfältigen Leser kann jedoch nicht abgestellt werden.“

Siehe auch: Urteil im Volltext (hinter einer Bezahlschranke)

Oberlandesgericht Hamm: Anzeigencharakter muss auf jeder Seite erkennbar sein
Urteil vom 4. Oktober 1990, 4 U 173/90

Der Fall: Ein Unternehmen erteilt einer Zeitung den Auftrag zu einer achtseitigen Zeitungsbeilage. Das Layout unterscheidet sich leicht vom Rest der Zeitung. Auf den Seiten erscheinen Anzeigen dieses Unternehmens sowie Anzeigen weiterer Unternehmen.

Der Kläger: Eine andere Zeitung sieht ein Verstoß gegen das Trennungsgebot und klagt.

Das OLG: Die Richter urteilen, zwar „enthält die erste ebenso wie die letzte Seite deutliche sonstige Hinweise auf den wirklichen Charakter der Beilage“. Es erscheine allerdings zweifelhaft, ob dies bereits ausreicht, damit es auch dem flüchtigen Leser klar wird. Darauf komme es aber auch gar nicht an, „denn es müssen auch solche Leser geschützt werden, die die Beilage nicht von der ersten bis zur letzten Seite lesen, sondern darin blättern und wahllos eine der inneren Seiten aufschlagen.“

Siehe auch: Urteil im Volltext (hinter einer Bezahlschranke)

Oberlandesgericht Hamburg: Golfen zwischen Giraffen und Elefanten
Urteil vom 4. November 1999

Der Fall: In einem kostenlosen, fünfmal im Jahr erscheinenden Golfmagazin erscheint in Ausgabe 5/1998 auf Seite 48 der Artikel „Golfen zwischen Giraffen und Elefanten“, in dem es um einen Reiseveranstalter und dessen Golfturnierreise nach Südafrika geht.

Der Kläger: Ein Konkurrent, der eine andere Golfzeitschrift herausgibt, verlangt zunächst eine Unterlassungserklärung.

Vorgerichtliches Verfahren: Die Zeitschrift gibt die Unterlassungserklärung ab. In der nächsten Ausgabe geht es im Editorial um das Trennungsgebot. Die Zeitschrift schreibt, sie habe „drei Ordner voll mit Abmahnungen“, deshalb werde in dieser Ausgabe „auf jeder Seite das magische Wort ANZEIGE“ gedruckt und zwar auch auf Seiten, die „gar keine Anzeigen sind“. Dieses Vorgehen wird im Editorial als „unorthodox“ bezeichnet. Auf Seite 46 ist wieder der Beitrag „Golfen zwischen Giraffen und Elefanten“ abgedruckt, die Seite ist identisch zu der in der vorherigen Ausgabe erschienenen Seite – mit dem Unterschied, dass oben rechts der deutliche Hinweis „ANZEIGE“ angegeben ist, genau wie auf allen anderen Seiten.

OLG Hamburg: Das Gericht urteilt, der Hinweis „ANZEIGE“ sei zwar deutlich genug. Doch durch den Abdruck auf ausnahmslos jeder Seite „wird der Hinweis ‚ANZEIGE‘ im gesamten Heft und damit auch für die Seite 46 gänzlich entwertet, er hat in diesem konkreten Umfeld keine Unterscheidungsfunktion, um Anzeigen und redaktionellen Teil deutlich voneinander zu trennen und ist deswegen nicht anders als ein fehlender Hinweis zu bewerten.“

Das Trennungsgebot gelte „auch für Anzeigenblätter mit redaktionellem Teil“. Es sei „für die Frage einer zusätzlichen Kennzeichnung als Anzeige der Eindruck maßgeblich, den ein nicht völlig unbeachtlicher Teil der Leser, an die sich die Druckschrift richtet, bei ungezwungener Auffassung gewinnt. Die Verwechslungsfähigkeit ist vom Standpunkt eines flüchtigen Lesers aus zu beurteilen.“

Zwischen den Parteien war strittig, ob der Text von der Redaktion oder direkt von dem Unternehmen geschrieben wurde. Das OLG: „Ob eine redaktionell aufgemachte Anzeige vom Inserenten selbst getextet wird oder von der Zeitschriftenredaktion, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Durchgreifend ist vielmehr, dass dieser vorgeblich redaktionelle Beitrag tatsächlich gesponsert worden ist“.

„Zähne wie angewurzelt“
Landgericht Frankenthal, 19. 6. 2007, 1 HK O 11/07
Oberlandesgericht Zweibrücken

Der Fall: In einem kostenlosen Anzeigenblatt steht in einem „Gesundheits-Spezial“ eine Anzeige eines Fachverbandes von Zahnärzten, in der u.a. für einen Vortrag des verbandsangehörigen Zahnarztes Martin R. geworben wird. Auf der Seite erscheinen auch zwei redaktionell aufgemachte Texte, die von Martin R. geliefert wurden und in denen er zitiert wird, ohne dass er dabei besonders werblich angepriesen wird.

Der Kläger: Eine Wettbewerbszentrale sieht einen Verstoß gegen das UWG und klagt.

Landgericht Frankenthal: Das Gericht stellt klar, das die Kennzeichnungs-Grundsätze auch für Anzeigenblätter gelten. „Auch ein solches Anzeigenblatt handelt wettbewerbswidrig, wenn es einen in der gleichen Ausgabe werbenden Inseratkunden durch einen redaktionellen Beitrag unterstützt, der bei wertender Betrachtung Werbung bedeutet. Eine solche Koppelung verstößt gegen das Gebot der Trennung zwischen redaktionellem und werbendem Teil einer Zeitung bzw. eines Anzeigenblattes.“

Oberlandesgericht Zweibrücken: Das Gericht bestätigte diese Ansicht. Es komme auch nicht darauf an, wie stark Martin R. in dem redaktionellen Artikel beworben werde: „Ein Werbecharakter liegt dabei auch dann vor, wenn die Handlung mittelbar geeignet ist, den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen eines Unternehmens zu fördern.“

Möbel in vielen Varianten
Oberlandesgericht Rostock, 6. 3. 1996, 2 U 43/95

Der Fall: In einem kostenlosen Anzeigenblatt erscheint ein Artikel mit der Überschrift „A.s Möbel in vielen Varianten“ und mit dem Bild eines Möbelhauses. In dem Artikel werden die beiden Möbelhäuser des Unternehmens als „heißer Tip“ empfohlen.

OLG Rostock: Das Gericht sieht eine unzulässige Vermischung von Redaktion und Werbung. Die Trennungsmaßstäbe „gelten auch für Anzeigenblätter. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass das Publikum von kostenlosen Anzeigenblättern nicht denselben Umfang an sachlichen Informationen, Berichterstattung und Aktualität erwartet wie von Tages- und Wochenzeitungen herkömmlicher Art. Jedoch kann es als allgemein bekannt bezeichnet werden, dass auch Leser von Anzeigenblättern sehr wohl zwischen Anzeigen und redaktionellen Beiträgen zu unterscheiden wissen und im redaktionellen Teil zwar keine anspruchsvolle Berichterstattung und Kommentierung, wohl aber sachliche Informationen über lokale kulturelle, sportliche, geschäftliche Ereignisse erwarten.“

-> Zurück zur Übersicht

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/die-rechtslage-bei-schleichwerbung/

aktuell auf taz.de

kommentare