von 06.01.2011

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Ein Grab am Baum – eine umweltfreundliche Bestattungsalternative (Foto: Laura Bernschein/Lizenz: by)

Der Tod ist in der deutschen Gesellschaft ein Tabuthema. Was die Menschen dabei oft vergessen sind die Angehörigen, die zwangsläufig all die Entscheidungen treffen müssen, die die Verblichenen zu Lebzeiten nicht gefällt haben.

Um seine trauernden Mitmenschen nicht zusätzlich zu belasten, sollte jeder rechtzeitig darüber nachdenken und formulieren, in welcher Form und an welchem Ort er der Nachwelt erhalten bleiben möchte.

Klassisch in einem Eichensarg? Eingeäschert zu einem Diamanten gepresst oder in einer Urne auf hoher See? Auf dem Friedhof? Zu Wurzeln eines alten Baumes im Wald? In den Weiten des Alls oder auf dem über 350.000 Kilometer entfernten Mond? Anonym oder mit Angabe der persönlichen Daten? Die Bestattungsarten im In- und Ausland sind vielfältig. In Deutschland lassen sich 54 Prozent der Menschen klassisch unter die Erde bringen, 46 Prozent wählen die Feuerbestattung, bei der der Leichnam in einem der rund 200 Krematorien im Bundesgebiet eingeäschert und anschließend in einer Urne aufbewahrt wird. Was mit dieser Urne geschieht, bestimmt der Mensch im Idealfall noch zu Lebzeiten selbst. Meist wird der nächstgelegene Friedhof als letzte Ruhestätte auserkoren. Nur 2,5 Prozent wählen die Seebestattung, die seit 1934 in Deutschland möglich ist. Jährlich lassen drei bis fünf Menschen aus Deutschland einen Teil ihrer Asche über ausländische Firmen an Bord einer Rakete in den Weltraum schießen. Werden aus der Asche Kohlenstoffe entzogen, kann daraus aber auch ein Diamant gepresst werden.

Immer mehr Menschen entscheiden sich hingegen für eine relativ neue Art der Bestattung in Deutschlands Wäldern. In extra dafür ausgewiesenen Waldarealen wird seit circa zehn Jahren die Asche der Verstorbenen direkt an den Wurzeln von Bäumen beigesetzt. Die Areale werden von den jeweiligen Kommunen getragen und den zuständigen Forstverwaltungen gepflegt. Das Prinzip: Zu Lebzeiten sucht man sich einen Baum aus, an dem man gemeinsam mit der Familie, mit Freunden oder Unbekannten seine Ruhe findet. Alter, Dicke und Baumart entscheiden hier über den Preis des Grabes.

Die Beisetzung im Wald kann günstiger und umweltfreundlicher als die Erd- und Feuerbestattung ausfallen. Da auch hier der Leichnam eingeäschert wird, sind die Kosten zunächst mit der Feuerbestattung zu vergleichen. Aber die Beisetzung auf dem Friedhofsgelände und die Grabpflege entfallen. Der Wald selbst pflegt die letzte Ruhestätte. Allerdings muss der längere Transportweg der Urne einkalkuliert werden. Denn nicht jeder hat ein speziell ausgezeichnetes Waldareal vor der Haustür. Dafür sind die Urnen der Waldbestattung biologisch abbaubar und lösen sich nach wenigen Jahren auf. Sie bestehen aus einem so genannten Biopolymer, das im Boden zersetzt wird. Ein Vorteil gegenüber der Erdbestattung, bei der die im menschlichen Körper gesammelten Schadstoffe in den Boden gelangen und die Umwelt belasten. Dies wird durch spezielle Filter bei der Verbrennung im Krematorium verhindert. Zusätzlich wurde die Waldbestattung im Jahr 2006 vom Greenpeace-Magazin als umweltfreundliche Variante der Beisetzung in die Tipps für eine bessere Welt aufgenommen. Da diese Areale naturbelassen und durch eine eingetragene Grunddienstbarkeit auf viele Jahre angelegt sind, ist ihr Fortbestand auch in Zukunft gesichert. Was die Auffindbarkeit der Gräber angeht, steht die alternative Bestattungsart den klassischen in nichts nach. Die Grabbäume werden auf einer Karte vermerkt und sind zusätzlich gekennzeichnet, beispielsweise durch eine Plakette am Baum, die selbst gestaltet werden kann.

Für eine der Möglichkeiten muss man sich entscheiden. Denn auch Urnen dürfen in Deutschland nicht mit nach Hause genommen werden. Sie müssen auf einer in einem öffentlichen Genehmigungsverfahren gewidmeten Fläche beigesetzt werden. Für welche man sich entscheidet, hängt davon ab, was man für sich, seine Angehörigen und seine Umwelt möchte und nicht möchte. So wollen beispielsweise nur fünf Prozent der Deutschen nach dem Tod anonym bleiben. Auch spielt Geld, selbst nach dem Tod, eine tragende Rolle. So kann eine Bestattung je nach Inanspruchnahme der jeweiligen Serviceleistungen und Angebote von rund 2.000 bis 500.000 Euro kosten.

In Deutschland werden jährlich rund 860.000 Bestattungen durchgeführt. Ein Testament wird in der Regel aber erst nach der Beisetzung eröffnet. Wenn also zu Lebzeiten keine separate Willenserklärung formuliert wurde, kann dem Wunsch des Verstorbenen nach der ihm bevorzugten Bestattungsart nicht entsprochen werden. Gewisse Fragen sollte man daher klären, bevor es zu spät ist.

Text: Thomas Henning

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